Die Corona-Zahlen steigen sprunghaft, die Gesundheitsämter sind überlastet: Man kennt diesen Mechanismus aus knapp zwei Jahren Pandemie bereits. Auch jetzt ächzen die Behörden unter dem massiven Arbeitsaufwand. Nun hat das Land reagiert: Die Kontaktnachverfolgung wird verändert – und teilweise eingestellt. Fragen und Antworten dazu, was das konkret bedeutet.

Gibt es jetzt schlichtweg keine Kontaktnachverfolgung mehr?

Nein, so einfach ist es nicht. Aber: Wer sich nun mit Corona infiziert ohne dass dabei ein Zusammenhang zu Infektionsherden klar erkennbar wäre, der wird sehr wahrscheinlich keinen Anruf vom Gesundheitsamt mehr bekommen. Also, der typische Fall: Morgens geht es einem schlecht, man weiß nicht woher, der Arzt nimmt einen Test, positiver Befund – da meldet sich im Normalfall keiner mehr.

Und wann ruft das Gesundheitsamt doch an?

Zum einen dann, wenn vulnerable Gruppen betroffen sind, also etwa Coronafälle in Alten- oder Pflegeheimen auftauchen. Das ist aber nicht alles, wie ein Sprecher des Sozialministeriums auf SÜDKURIER-Anfrage erklärt. Auch wenn es Hinweise auf einen größeren Ausbruch gibt, etwa bei einer Hochzeit oder öffentlichen Veranstaltung, wird das Gesundheitsamt weiter aktiv und meldet sich dann auch bei den betroffenen Personen.

Und wie geht es bei kranken Kindern in Schulen und Kitas weiter, greift hier das Gesundheitsamt noch ein?

Hier gelten weiterhin die bekannten Vorschriften, erst bei größeren Ausbrüchen kommt es hier zur Quarantäne von ganzen Klassen. Nach Angaben des Landes sind die Gesundheitsämter hier ohnehin schon nur am Rande beteiligt. Den Schulen seien die Regeln bekannt und diese würden „weitestgehend eigenständig umgesetzt“. Beratend stünden die Gesundheitsämter den Schulleitungen bei Fragen oder in besonderen Fällen aber weiterhin zur Seite.

Jetzt verfolgen wir weniger Kontakte nach. Muss ich trotzdem noch in jedem Restaurant, bei jeder Veranstaltung, bei fast allen Freizeitaktivitäten meine Kontaktdaten angeben, etwa per Luca-App?

Ja, dabei bleibt das Land. Ein Sprecher erklärt, dass es für diese Daten ja immer noch Bedarf geben könnte. Etwa dann, wenn ein größerer Ausbruch aufzuklären ist. Wenn jemand ohne Bezug zu Ausbruchsherden erkrankt und am Abend davor essen war, werden die Kontakte jedoch kaum nachverfolgt – der Infizierte wird im Normalfall ja nicht einmal angerufen. Das Sozialministerium weist jedoch noch einmal darauf hin, dass durch die Corona-Warn-App weiterhin eine Mitteilung erfolgt, wenn man Kontakt zu einem Infizierten hatte, der seinen Befund teilt – das funktioniert unabhängig von den Gesundheitsämtern.

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Ist die flächendeckende Datenerhebung dann überhaupt noch angemessen und rechtmäßig, wenn die erfassten Kontakte ohnehin kaum verwendet werden?

Tatsächlich kann man hier ab einem gewissen Punkt datenschutzrechtliche Bedenken haben. Die Position des Sozialministeriums ist – wie oben erwähnt – dass die Daten durchaus noch wichtig seien, etwa für die Kontrolle größerer Ausbrüche.

Der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink erklärte auf SÜDKURIER-Anfrage derweil, dass er das Gespräch mit dem Sozialministerium suchen würde. Zwar sei die Datenerfassung grundsätzlich zulässig, sie müsse dann aber auch klar begründet sein: „Wenn die Daten erfasst werden, muss dafür auch ein Bedarf bestehen, etwa im Rahmen der Kontaktnachverfolgung“, erklärt Brink, „ob dieser Bedarf besteht, muss die Landesregierung selbst bewerten.“ Er macht jedoch klar: „Sollten die erfassten Kontaktdaten jetzt jedoch nur noch in Ausnahmefällen verwendet werden, kommen wir in einen Grenzbereich, da wird die Erfassung schwieriger zu begründen.“

Müssen Infizierte jetzt auch nicht mehr in Quarantäne, wenn sich das Gesundheitsamt nicht meldet?

Doch, schon. In Absonderung – so der behördliche Begriff – muss man immer sofort ab dem Moment, indem man von dem positiven Test erfährt. Im Normalfall erklärt das auch gleich der behandelnde Arzt. Diese Absonderung dauert im Normalfall 14 Tage. Geimpfte, die zudem symptomfrei sind, können sich ab Tag fünf mit einem PCR-Test aus der Quarantäne freitesten lassen.

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Und was ist mit meinen Kontaktpersonen und deren Quarantänepflicht?

Geimpfte Kontakte müssen nicht in Quarantäne – außer sie entwickeln selbst Symptome und werden positiv getestet. Und auch ungeimpfte Kontakte müssen nur dann in Quarantäne, wenn eine Behörde sie darüber informiert – was nur noch in besonderen Fällen geschieht, erklärt ein Sozialministeriums-Sprecher. Empfohlen wird allen Kontaktpersonen aber dennoch, Kontakte erst einmal möglichst zu reduzieren und bei Symptomen einen Arzt aufzusuchen.

Es gibt aber einen Fall, der zwingend eine Quarantäne nach sich zieht: Ungeimpfte Mitbewohner von Infizierten müssen sich laut Sozialministerium isolieren, und zwar genau ab dem Moment, in dem sie vom positiven Befund bei ihrem Haushaltsmitglied erfahren. Im Normalfall müssen sie zehn Tage in Quarantäne verbleiben, mit PCR-Test ist jedoch ab Tag fünf ein Freitesten möglich. Ab Tag sieben reicht ein Schnelltest. Bei Kindern und Schülern reicht ab Tag fünf ein Schnelltest, erklärt das Land.

Kostet es mich etwas, mich freitesten zu lassen?

Unter Umständen ja, erklärt das Land. Der Schnelltest ab Tag sieben für ungeimpfte Kontaktpersonen ist gemäß Testverordnung des Bundes kostenfrei. Wer sich per PCR-Test freitesten lassen möchte, muss dafür jedoch selbst bezahlen.