Der Fall hat viele Menschen erschüttert: Im September 2023 ist in einem Konstanzer Hallenbad ein Siebenjähriger während des Schulschwimmunterrichts ertrunken. Das Gericht hat die beiden anwesenden Lehrerinnen nun wegen fahrlässiger Tötung durch aktives Tun schuldig gesprochen. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, löst aber Verunsicherung bei den Lehrern aus, und das nicht nur in Konstanz. Wie gehen die Schulen im Kreis mit dem Thema Schwimmunterricht und mit Nichtschwimmern um?

Drei Lehrer für gut 20 Schüler

An der Klosterringschule sieht die stellvertretende Schulleiterin Lilian Joos keinen Änderungsbedarf am bisherigen Kurs. Die Schüler gehen hier in der dritten Klasse in den Schwimmunterricht. Zwei Schwimmlehrerinnen, die für den Schwimmunterricht qualifiziert seien, begleiten die gut 20 Kinder, außerdem sei auch eine Begleitkraft, etwa in Form eines FSJlers, dabei. „Wir sind da personell gut aufgestellt im Haus“, sagt Joos.

Lillian Joos ist die stellvertretende Schulleiterin der Klosterringschule.
Lillian Joos ist die stellvertretende Schulleiterin der Klosterringschule. | Bild: Roland Dürrhammer

Erst die Theorie

Im Klassenzimmer stünde vor dem ersten Schwimmunterricht im Becken die Theorie, also auch die Regeln im Schwimmbad, auf dem Plan. Beim ersten Schwimmbadbesuch gingen dann alle erst einmal ins Nichtschwimmerbecken und es würde getestet, ob die Kinder wirklich schwimmen können. Anschließend dürfen die Schwimmer ins große Becken, die Nichtschwimmer bleiben im Villinger Hallenbad im Nichtschwimmerbecken.

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Geringeres Risiko mit älteren Kindern

Bewusst habe sich die Schulleitung dafür entscheiden, den Schwimmunterricht erst in Klasse drei anzubieten. „Das Risiko in Klasse drei ist geringer als in der ersten Klasse“, so Joos. Die Drittklässler seien nicht so wuselig wie die Erstklässler und hätten ein anderes Regelverständnis. Außerdem sei die Zahl der Nichtschwimmer in Klasse eins und zwei noch höher als in der dritten Klasse.

Begrenzte Schwimmzeiten

An der Bickebergschule in Villingen würde Schulleiter Alexander Hermann gerne auch mehr Schwimmunterricht anbieten als, wie aktuell in Klasse vier, fünf und sechs. Der Bedarf sei da, der Anteil an Nichtschwimmern hoch, so Hermann, aber die Schwimmzeiten für die Schule seien begrenzt.

Alexander Hermann ist Rektor der Bickebergschule in Villingen.
Alexander Hermann ist Rektor der Bickebergschule in Villingen. | Bild: Dominik Zahorka

Ein Generationenproblem

Unterstützt werden die Lehrkräfte der Gemeinschaftsschule im Schwimmunterricht von DLRG-Mitgliedern, Ehrenamtlichen oder Pädagogischen Mitarbeitern. „Nichtschwimmer sind ein Problem“, sagt Hermann. Vor allem auch, weil sich das über die Generationen ziehe. „Wenn die Eltern nicht schwimmen können, gehen sie mit ihren Kindern auch nicht ins Schwimmbad“, so der Rektor.

Angebot für Jugendliche fehlt

Seit rund drei Jahren gibt es an der Schule neben den regulären Schwimmunterricht nachmittags ein freiwilliges Angebot für Nichtschwimmer. „Anfangs hatten wir nur eine kleine Gruppe Jugendlicher. Mittlerweile sind auch jüngere Kinder dabei“, sagt Katharina Seidel, die den Nichtschwimmerunterricht leitet und Mitglied bei der DLRG ist. Die Sportlehrerin möchte damit auch eine Lücke füllen: Für jugendliche Nichtschwimmer gebe es im Schwarzwald-Baar-Kreis kein Angebot, so Seidel.

Schwimmlehrerin Katharina Seidel zeigt Schülern der Bickebergschule Übungen für den Rettungsschwimmer.
Schwimmlehrerin Katharina Seidel zeigt Schülern der Bickebergschule Übungen für den Rettungsschwimmer. | Bild: Patricia Beyen

Vom Nichtschwimmer zum Rettungsschwimmer

Neben den Nichtschwimmern bilden Seidel und eine weitere Kollegin auch sieben Schüler zu angehenden Rettungsschwimmern aus. Einige von ihnen haben erst vor ein bis zwei Jahren in ihrem Kurs Schwimmen gelernt.

Devid Bello, Abubakar Cheema, Marcel Geibel (v.l) und Marin Mahamad (hinten rechts) können bereits schwimmen und trainieren nun für den ...
Devid Bello, Abubakar Cheema, Marcel Geibel (v.l) und Marin Mahamad (hinten rechts) können bereits schwimmen und trainieren nun für den Rettungsschwimmer. | Bild: Patricia Beyen

Frommer Wunsch an die Politik

Stephanie Martin, Schulleiterin an der Realschule am Salinensee in Bad Dürrheim, schneidet sich die Lehrerstunden für den Schwimmunterricht aktuell aus den Sportstunden raus. „Dann haben die Schüler eben weniger Sport“, sagt sie. Denn zum Schwimmunterricht gehen nur tatsächliche Sportlehrkräfte mit. Und das nicht erst seit dem Schulschwimmunfall in Konstanz.

Stephanie Martin, Rektorin der Realschule am Salinensee.
Stephanie Martin, Rektorin der Realschule am Salinensee. | Bild: Realschule

Vor 20 Jahren habe ein Kollege für 30 Schüler durchaus gereicht. „Inzwischen sehe ich das aber kritisch“, sagt Martin, in Hinblick auf die steigende Zahl an Nichtschwimmern. Sei würde sich wünschen, dass das Land seine Vorgaben hier ändert damit sie die Lehrerstunden dem Schwimmunterricht einfacher zuweisen kann.

Ein Becken wie in Konstanz

Zumal im Bad Dürrheimer Minara, ähnlich wie im Konstanzer Hallenbade am Seerhein, der Nichtschwimmerbereich nur über ein Seil vom Schwimmerbecken getrennt ist. „Im Schwimmunterricht geht es immer gleich um Ertrinken oder nicht Ertrinken“, so Martin. Daher habe die Schulleiterin den Betreuungsschlüssel bereits vor zwei Jahren von zwei auf vier Lehrkräfte pro 50 bis 60 Kinder verdoppelt.

Klare Trennung

Das Gymnasium am Romäusring ist eine Schule mit Sportprofil. Einen entsprechend hohen Stellenwert nimmt daher der Sport- und Schwimmunterricht an der Schule ein. „Nichtschwimmer und Schwimmer werden bei uns ganz klar getrennt“, sagt Schulleiter Jochen von der Hardt. Für je 20 Schüler sei mindestens eine ausgebildete Schwimmlehrkraft dabei.

In Klasse fünf bis acht erhalten die Schüler aktuell Schwimmunterricht, die fünften Klassen sogar das ganze Jahr über. Das werde sich aber so im nächsten Jahr nicht halten lassen, sagt von der Hardt. Grund ist die Umstellung auf das neunjährige Gymnasium, das Lehrkräfte bündelt. „Da bräuchte ich extra viele Lehrkräfte, um dieses sehr ausführliche Schwimmprogramm aufrechtzuerhalten.“ Weniger Schwimmen, mehr (Hallen-)Sport stünde dann auf dem Programm, so der Schulleiter.

Jochen von der Hardt ist Schulleiter am Villinger Gymnasium am Romäusring.
Jochen von der Hardt ist Schulleiter am Villinger Gymnasium am Romäusring. | Bild: Burger, Tatjana

Ein Problem, denn etwa zehn Prozent der Schüler in den Schwimmklassen könnten nicht zuverlässige schwimmen. Aufgrund der Beschränkungen in den vergangenen Jahren seien viele Schwimmkurse nicht zustande gekommen. Das spiegele sich auch in den gestiegenen Zahl der Nichtschwimmer wider. Dem möchte der Rektor nun Abhilfe schaffen: mit einer Nichtschwimmer-AG, die starten soll, bevor der eigentliche Schwimmunterricht an der Schule losgeht.

Konsequenzen aus Konstanz

Die Idee der vorgeschalteten Nichtschwimmer-AG sei auch eine Konsequenz des Badeunfalls. „Die Nichtschwimmer-AG ist ein Ergebnis davon, weil wir nicht wollen, dass Schwimmer und Nichtschwimmer zeitgleich im Schwimmbad sind“, so von der Hardt. „Ich wollte nicht, dass unsere Lehrer überlegen müssen, ob ein Schüler schwimmen kann oder nicht, wenn sie mit ihm im Schwimmunterricht sind.“