Da staunten die Händler in Villingen und Schwenningen nicht schlecht: Vor ein paar Tagen waren Steuerfahnder der Finanzbehörden in der Doppelstadt unterwegs – und haben buchstäblich jedem geöffneten Geschäft einen Besuch abgestattet.

Normalerweise bedeutet das Auftreten der Steuerfahndung knackigen Ärger für einen Geschäftsinhaber. Doch in diesem Fall bedeutete die Aktion des Finanzamts natürlich nicht, dass alle Geschäfte in der Doppelstadt Steuern hinterzogen haben. Die Aufmerksamkeit der Steuerfahnder galt den Kassensystemen. Wer sich unter Händlern in der Innenstadt umhört, bekommt größtenteils verständnisvolle Töne für die Aktion zu hören. Vereinzelt stimmt die Aktion die Händler aber auch traurig.

Das ist der Anlass für die Kontrolle

Denn mit der Kontrolle von Kassensystemen soll Steuerhinterziehung bekämpft werden – durchaus im Interesse der allergrößten Mehrheit der Händler, die sich von schwarzen Schafen abgrenzen wollen. Kassen müssen aufgrund des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen – besser bekannt unter dem griffigen Namen Kassengesetz – mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet sein.

Das Gesetz wurde im Dezember 2016 verabschiedet. Seit 1. Januar 2020 müssen Händler nicht nur einen Beleg ausgeben, sondern Registrierkassen müssen auch über eine TSE verfügen. Ende 2022 ist auch die letzte Übergangsfrist dafür abgelaufen.

Gesetzgeber will gegen Steuerbetrug vorgehen

Die TSE soll garantieren, dass die Daten, die einmal in die Kasse eingegeben wurden, nicht manipuliert werden können, ohne dass das Spuren hinterlässt. So erklärt es Albrecht Zeitler, Leiter des Finanzamts in Konstanz, dessen Behörde für die Kontrolle der Kassensysteme auch in der Region Schwarzwald-Baar zuständig ist. Ziel hinter der TSE-Pflicht ist die Bekämpfung von Steuerbetrug, wie das Bundesfinanzministerium informiert.

„Die Steuerfahnder haben 434 Geschäfte in Villingen und Schwenningen kontrolliert.“ Albrecht Zeitler, Chef des Konstanzer Finanzamts
„Die Steuerfahnder haben 434 Geschäfte in Villingen und Schwenningen kontrolliert.“ Albrecht Zeitler, Chef des Konstanzer Finanzamts | Bild: Rau, Jörg-Peter

Und genau um die TSEs sei es den Steuerfahndern gegangen: „Sie haben kontrolliert, ob eine TSE da ist und ordnungsgemäß funktioniert.“ Denn eine TSE muss beispielsweise zertifiziert sein, um ihren Zweck zu erfüllen. Und für die Steuerfahndung ging es um Steueraufsicht, wie Zeitler erklärt. Es habe also keinen konkreten Verdacht auf Manipulation oder gar Schlimmeres gegeben, sondern die Steuerfahnder hätten die Kassensysteme verdachtsunabhängig überprüft.

Und in der Tat seien die Steuerfahnder nicht auf Straftaten gestoßen, hätten aber bei zehn Prozent der Kassen Verstöße festgestellt. Mit anderen Worten: Es habe sich dabei um alte Registrierkassen gehandelt, die nicht mit einer TSE nachgerüstet worden seien. Und die Händler, die solche Kassen betreiben, müssten sich jetzt auf ein Bußgeld einstellen. Dessen Höhe sei vom Einzelfall abhängig, so Zeitler.

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Kontrolliert haben die Steuerfahnder in der Doppelstadt übrigens 434 Geschäfte. Dafür waren laut Zeitler 29 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz, wobei die Zweigstelle Rottweil der Steuerfahndungsstelle des Konstanzer Finanzamts dafür die Federführung gehabt habe. Beteiligt gewesen seien auch die Straf- und Bußgeldstelle und die Betriebsprüfer des Finanzamts.

Das Vorgehen war vergleichsweise simpel: Die Fahnder seien in jedes Geschäft gegangen, bei dem die Tür geöffnet war.

Und was sagen Händler in Villingen dazu?

In schwarzen Westen mit der Aufschrift Steuerfahndung sind jeweils drei Mitarbeiter vom Finanzamt in die Villinger Läden eingetreten, berichten Inhaber und Mitarbeiter dem SÜDKURIER. „Sie haben unsere Kasse kontrolliert und nachgesehen, ob alles ordnungsgemäß ist“, sagt Cesare Gianotti, Geschäftsführer von dem Eis-Café Zampolli in der Villinger Rietstraße. Die Beamten seien nur wenige Minuten da gewesen. „Es war alles okay bei uns“, sagt Gianotti hinter der Eistheke.

Cesare Gianotti, Geschäftsführer von dem Eis-Café Zampolli in der Villinger Rietstraße.
Cesare Gianotti, Geschäftsführer von dem Eis-Café Zampolli in der Villinger Rietstraße. | Bild: Elisa Gorontzy

So lautet auch das Fazit im VS Mobileshop in der Niederen Straße. „Sie wollten den Kassenzettel haben“, erzählt Khaled Khan Zadran, Mitarbeiter und Bruder des Geschäftsführers. Beide seien bei der Kontrolle nicht dabei gewesen. Ein Mitarbeiter habe sie in ruhigem Ton telefonisch informiert.

Kein Grund für Panik

„Ich habe mir schon gedacht, dass es mit dem Kassensystem zu tun hat“, sagt Zadran. Das sei schon längst aktualisiert worden. Deshalb hatte auch der Mobileshop nichts vor den Beamten zu befürchten. „Ich sage mal so: Wenn man schwarz arbeitet und das Finanzamt kommt, dann bricht Panik aus. Aber wenn alles in Ordnung ist, dann brauch man keine Angst haben“, stellt Zadran fest.

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Keine Angst hatte auch Hatice Sert, Inhaberin des Imbisses City Orient in der Niederen Straße. Auch mit ihrem Kassensystem sei alles in Ordnung gewesen. Die Frage der Beamten nach einem Kassenzettel habe sie trotzdem traurig gestimmt. „Wir kämpfen viel. Kaum Kunden bestellen hier in der Mittagspause. Und dann kommt das Finanzamt und will die Umsätze sehen. Das hat wehgetan“, sagt Sert. Sie arbeite seit neun Jahren hart und ohne Mitarbeiter, um das Kebap-Restaurant über Wasser halten zu können.

Hatice Sert, Inhaberin vom City Orient in der Niedere Straße in Villingen.
Hatice Sert, Inhaberin vom City Orient in der Niedere Straße in Villingen. | Bild: Elisa Gorontzy

Lange in Villingen vertreten ist auch Suzanna Yapicioglu, Geschäftsführerin der Braut- und Abendmode Galerie Elegance. Seit mehr als elf Jahren habe sie das Geschäft in der Färberstraße. „Die Kontrolle ging ganz schnell und es war alles okay“, berichtet Yapicioglu.

Suzanna Yapicioglu, Geschäftsführerin von der Braut- und Abendmode Galerie Elegance in der Färberstraße.
Suzanna Yapicioglu, Geschäftsführerin von der Braut- und Abendmode Galerie Elegance in der Färberstraße. | Bild: Elisa Gorontzy

Kurz und schmerzlos – so lautet auch das Fazit über den Besuch der Beamten in der Buchhaltestelle VS an der Brunnenstraße. „Sie sind freundlich gewesen“, sagt die Buchhändlerin Simone Roth. Die Inhaberin Sabine Hauser ergänzt: „Wenn man nichts zu verbergen hat, dann hat man auch nichts zu befürchten.“

Buchhändlerin Simone Roth mit der Inhaberin Sabine Hauser (von links) von der Buchhaltestelle VS an der Brunnenstraße.
Buchhändlerin Simone Roth mit der Inhaberin Sabine Hauser (von links) von der Buchhaltestelle VS an der Brunnenstraße. | Bild: Elisa Gorontzy