Die in Villingen ansässige Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau und die Offenburger Ortenau-Volksbank wollen ein Haus werden. Corona-Auflagen haben die Pläne nicht ins Wanken gebracht. Wir machen den Weg frei – das sollen die Vertreter der beiden Banken nun artikulieren, nicht auf öffentlichen Versammlungen, sondern schriftlich per Brief von zuhause aus.

Die Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau mit Sitz in Villingen.
Die Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau mit Sitz in Villingen. | Bild: Trippl, Norbert


Der Fusionsstart wird von den beiden Partnern zurückdatiert auf den 1. Januar 2020. „Das ist normal“, betont Villingens Vorstandsvorsitzender Joachim Straub am Dienstag gegenüber dem SÜDKURIER. Und weiter: „In 98 von 100 Fällen wird eine Fusion zurückdatiert.“ Straub hatte schon im Frühjahr bei Bekanntgabe der Absichten betont, es gebe keinen Handlungszwang für eine Verschmelzung der Häuser.


Straub steuert das Villinger Haus in die siebte Fusion seiner Ära. Einmal hat es nicht geklappt. Der Zusammenschluss mit Schwenningen platzte vor Jahren nach langen Gesprächen auf Vorstandsebene.


Ein solches Ende soll dieses Mal mit aller Macht verhindert werden. Offiziell ist es kein Thema, aber: Sorgenfall blickte man in der Ortenau und in Villingen in den beiden Häusern nach Hamburg. Dort scheiterte Mitte Juni die Fusion mit Lübeck am Votum der Vertreter vor allem in Lübeck, wo die Runde der Mitglieder-Repräsentanten Sorge hatten, ihre Bank werde von Hamburg geschluckt. Die Hamburger Bank schloss beinahe anderntags nach dem Scheitern zehn eigene Filialen.

Das künftige Vorstandskollegium der fusionierten Volksbank eG: Der Vorstand v.l.: Ralf Schmitt, Andreas Herz, Joachim Straub, Markus ...
Das künftige Vorstandskollegium der fusionierten Volksbank eG: Der Vorstand v.l.: Ralf Schmitt, Andreas Herz, Joachim Straub, Markus Dauber, Clemens Fritz und Daniel Hirt. Bild: Volksbank | Bild: Volksbank


Der Zusammenschluss von Villingen und Offenburg gilt hingegen als ausbalanciert. Villingen ist größer, die Institute jedoch betonen, man ergänze sich bestens. Die Offenburger Volksbank hat sich etwa laut Joachim Straub „bundesweit ein digitales Zahlungsverkehrsangebot aufgebaut“, das viele Banken interessiert beäugen. Vermutet wird in der Branche, dass die Offenburger beispielsweise vom Niedergang von Wirecrad profitieren könnten – in Form von mehr Geschäftsvorgängen auf dem System der Ortenau-Bank.


„Wir heißen Volksbank eG und das ist in Offenburg auch der Name“, sagt Straub zu einer Frage, weshalb nun der bereits von den beiden Instituten herumgereichte Zusatz – „Volksbank im Südwesten“ – nicht möglich sein wird. Nach SÜDKURIER-Informationen kam es zu Einsprüchen von Wettbewerbern. „Gestalterbank“ will sich das neu zusammengeschlossene Haus nun künftig stattdessen auc nennen – und das Gebiet im Südwesten umso engagierter beackern. Dieser Namenszusatz wird bereits von den Villingern verwendet.

Die Zentrale der Volksbank Ortenau (links) in Offenburg und der Volksbank Schwarzwald Baar Hegau in Villingen. Bild: Volksbank
Die Zentrale der Volksbank Ortenau (links) in Offenburg und der Volksbank Schwarzwald Baar Hegau in Villingen. Bild: Volksbank | Bild: Volksbank


Zwischen den Geschäftsgebieten der Banken in Offenburg und Villingen operieren weitere verbundeigene Kreditinstitute, die selbstständig bleiben wollen. Inwieweit diese Häuser nun in die Zange genommen werden, ist eine der spannenden Fragen für die kommenden Jahre.


Die Volksbanken sind genossenschaftlich aufgestellte Geldhäuser. Sie geben Mitgliedsscheine aus gegen eine Kapitaleinlage plus Zinsen. Die Mitglieder wiederum werden von so genannten Vertretern repräsentiert, die aktuell das Heft des Handels auf dem Tisch liegen haben. Umfangreiche Schriftstücke sind es, die hier zur Entscheidungsfindung der Vertreter vorgelegt wurden. „Wir wickeln unsere komplette Vertreterversammlung auf diese Weise ab“, erklärt Joachim Straub. Die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ist dabei eines der Themen, ebenso wie die Zustimmung zum Geschäftsbericht. „Die Frage zur Fusion ist dabei nur eine von vielen – da müssen viele Kreuzchen gemacht werden“, so Straub erläuternd, wie genau eigentlich hier votiert wird.


In der Branche wird das Corona-Prozedere der beiden Banken gespannt beobachtet. Staub bestätigte am Dienstag, dass Berater der Volksbank bei den Vertretern telefonisch vorstellig würden. „Wir fragen an, ob es Fragen zum Prozedere gibt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende. Diese Gespräche der Berater seien helfend ausgerichtet, keinesfalls leitend: „Das ist nicht die Aufgabe“, betont Straub und verweist auf die ungewöhnliche Situation für alle, wenn nun vor allem die Fusionsklippe bei den Vertretern zuhause am Küchentisch erfolgreich gemeistert werden soll.

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Es gibt Branchenkenner, die betonen, eine Fusion mache nur Sinn, wenn es zu Einsparungen kommt. Straub sagt: „bei uns ist das eine Wachstumsgeschichte. Und wir brauchen dabei unsere Mitarbeiter.“. Tatsächlich ist es so, dass die von vielen erwarteten Abteilungs-Zusammenlegungen unter nur noch einem Leiter kein Thema sind. Villingen und Offenburg behalten ihre Leiter, auch die beiden Vorstandsgremien bleiben jeweils vollzählig aktiv. Die Bank will mit der Fusion auch mit zwei Hauptsitzen arbeiten – in Villingen und Offenburg.

Joachim Straub, 58 Jahre alt, sagt, Ziel sei es, nach dem Votum der Vertreter „Produktivitätsgewinne zu erzielen“. Er ergänzt: „Wir brauchen auch definitiv mehr Spezialisten.“ Er nennt dabei das Thema der Vertriebswege. Der Kontakt zum Kunden werde auf so vielen Ebenen heutzutage hergestellt, dass hier eine Aufteilung in der Vorgehensweise sinnvoll sei. Straub meint damit die Anbahnung und Pflege konkreter Geschäftsbeziehungen ,von analogen Kontakten bis hin zu den vielfältigen digitalen Kommunikations-Möglichkeiten.

Neu sein wird künftig:: Die Mitarbeiter werden mit der Fusion ein Drittel aller Mandate im Aufsichtsrat der Bank stellen. Dazu heiß es von den beiden Instituten: „Somit können Sie noch direkter an der Zukunft der Volksbank im Südwesten mitarbeiten.“


Auch in den beiden Banken waren die letzten Monate unter Corona-Bedingungen für die Fusion eine Herausforderung. „Wir haben uns vielfach per Video-Schalte abgestimmt“, erklärt Straub das weitere aufeinander Zugehen der Monate ab Ende Januar, als die beiden Häuser die positiven Zustimmungen ihrer Aufsichtsräte zum Zusammenschluss bekanntgaben. Froh ist Straub heute, dass „wir seither keinen einzigen Corona-Fall in der Belegschaft hatten“. Ende dieser Woche soll bekannt werden, wie die beiden Vertreter-Gremien im Schwarzwald und in der Orenau per Brief abgestimmt haben. Straub: „Wir zählen in Villingen und in Offenburg aus, hier wie dort unter Aufsicht eines Notars.“ Klar ist: Die Spannung steigt. Natürlich herrscht in den beiden Banken Zuversicht:

Zahlen und Fakten

Kommt es zum Zusammenschluss, werden die beiden Genossenschaftsbanken gemeinsam von über 115 000 Mitgliedern getragen und haben zusammen 970 Mitarbeiter. Die addierte Bilanzsumme beträgt dann rund 8,1 Milliarden Euro


Geografisch weist die verschmolzene Volksbank eine Besonderheit auf. Die Verbreitungsgebiete beider Banken berühren sich nicht. Denn dazwischen liegt, sozusagen als weißer Fleck, das Geschäftsgebiet der kleinen „Volksbank mittlerer Schwarzwald„ mit Sitz in Wolfach.

Im Januar kommentierten wir die Perspektiven und Hintergründe so:

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