Die Banken-Ehe ist auf dem Weg: Noch dieses Jahr wollen sich die beiden Volksbanken Schwarzwald Baar Hegau mit Sitz in Villingen und die Volksbank in der Ortenau mit Sitz Offenburg zu einem gemeinsamen Institut zusammenschließen. Die „Hochzeit“ ist auf November terminiert. Damit entsteht eine Volksbank, die von der Größe unter den fünf bis zehn größten Genossenschaftsbanken in Deutschland rangieren und sich „Volksbank im Südwesten„ nennen wird. Die Aufsichtsräte beider Volksbanken haben diese Woche dem geplanten Zusammenschluss bereits zugestimmt, berichteten die künftigen Partner gestern in einer Internet-Pessekonferenz.

Sie sind die Vorstandsvorsitzenden: Joachim Straub (Villingen) und Markus Dauber (Offenburg)
Sie sind die Vorstandsvorsitzenden: Joachim Straub (Villingen) und Markus Dauber (Offenburg) | Bild: Volksbank

Im Rahmen einer Web-Pressekonferenz gaben die Vorstandsvorsitzenden Markus Dauber (Volksbank in der Ortenau eG) und Joachim Straub (Volksbank eG Schwarzwald Baar Hegau) am Donnerstag bekannt, dass die Fusionsgespräche außerordentlich erfolgreich verlaufen seien. Nach dem die Aufsichtsräte beider Volksbanken dem Zusammenschluss diese Woche ihren Segen gegeben haben, sollen die Vertreter der Mitglieder beider Banken im Juni darüber abstimmen, sofern die Corona-Pandemie dies zulässt.

Bank mit Doppelsitz

Die Genossenschaft soll nach erfolgter Fusion ihren juristischen Sitz in Offenburg und in Villingen-Schwenningen haben. Nach den Zahlen per Ende 2019 wird sie von rund 115 000 Mitgliedern getragen und damit eine der mitgliederstärksten Institutionen im Südwesten werden. Die Mitglieder werden im Verhältnis 200:1 die gemeinsame Vertreterversammlung und damit das höchste Organ der Genossenschaft stellen. Die Vertreterversammlungen sollen im jährlichen Wechsel in der Region Offenburg und Villingen-Schwenningen stattfinden. Der Aufsichtsrat der Bank wird sich in der Startaufstellung aus 30 Mitgliedervertretern sowie 15 Arbeitnehmervertretern zusammensetzen. Die Arbeit des Aufsichtsrates wird im Gesamtgremium und in Fachausschüssen (Kredit-, Prüfungs-, Präsidialausschuss) organisiert.

Das künftige Vorstandskollegium der Volksbank im Südwesten (von links) Ralf Schmitt, Andreas Herz, Joachim Straub, Markus Dauber, ...
Das künftige Vorstandskollegium der Volksbank im Südwesten (von links) Ralf Schmitt, Andreas Herz, Joachim Straub, Markus Dauber, Clemens Fritz und Daniel Hirt. | Bild: Volksbank

Geleitet wird die Volksbank im Südwesten von den heutigen sechs Vorständen Clemens Fritz, Andreas Herz (Volksbank in der Ortenau eG) sowie Ralf Schmitt und Daniel Hirt (Volksbank eG Schwarzwald Baar Hegau). Markus Dauber (Offenburg) und Joachim Straub (Villingen) stehen an der Spitze als gleichberechtigte Co-Vorstandsvorsitzende.

Mehr Schwungmasse

In seiner Begründung für der den Zusammenschluss betonte Joachim Straub, Vorstandschef in Villingen, dass alle Banken derzeit von einer ganzen Reihe von Herausforderungen getrieben werden. Die stetig steigenden Anforderungen der Regulierung, sehr hohe Investitionskosten im Rahmen der Digitalisierung sowie die dauerhafte Niedrigzinsphase erzwingen erhebliche Produktivitätsfortschritte in der gesamten Finanzindustrie und führten bundesweit zu immer größeren Einheiten.„Ohne mehr Schwungmasse für unternehmerische Innovationen wird es nicht gelingen auch in fünf oder zehn Jahren noch ertragreich und attraktiv für die
Mitglieder und Kunden zu sein,“so Straub.

Die Größe soll genutzt werden, um Innovationen und Spezialisierung voranzutreiben, Kosten zu teilen, Doppelfunktionen abzubauen und langfristiges Wachstum sicherzustellen. Bisher haben die beiden Volksbanken eine Bilanzsumme von 8,1 Millionen Euro, wobei die Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau der etwas größere Partner in allen wichtigen Kennzahlen ist. In drei, vier Jahren erwarten die Vorstände, dass die neue „Volksbank im Südwesten„ eine Bilanzsumme von zehn Milliarden Euro übertreffen wird. In der Addition ihrer Bilanzsumme rückt die fusionierte Bank zur fünftgrößten Volksbank und zehntgrößten Genossenschaftsbank in Deutschland auf.

Das Verbreitungsgebiet der geplanten „Volksbank im Südwesten“ erstreckt sich von Singen bis Achern. Im weißen Fleck zwischen ...
Das Verbreitungsgebiet der geplanten „Volksbank im Südwesten“ erstreckt sich von Singen bis Achern. Im weißen Fleck zwischen den beiden Gebieten liegt die Volksbank Mittlerer Schwarzwald in Wolfach. | Bild: Volksbank

Die Fusion, so betonten die beiden Volksbank-Chefs, stellt einen Aufbruch zu einer regional orientieren und dezentral organisierten großen Volksbank dar. Nicht nur die Menschen passten sehr gut zusammen – insbesondere die bisherige Geschäftspolitik der beiden Banken sei vergleichbar und stark durch den aktiven Gestaltungswillen, hoher Verbundenheit mit der Region und unternehmerischem Denken geprägt. Beide Volksbanken arbeiten seit vielen Jahren eng im Kreditgeschäft und dem
Zahlungsverkehr zusammen und tauschen sich regelmäßig bilateral und in Arbeitsgruppen der genossenschaftlichen Finanzgruppe aus. Die Verantwortlichen kennen und schätzen sich nach eigenen Aussagen seit vielen Jahren. Hier gebe gute Voraussetzungen für die Fusion.

Ähnliche Strategien

Beide Banken, so die Darstellung der Vorstandsvorsitzenden, verfügten bereits heute über ähnliche Strategien. Insbesondere die ambitionierten Kreditstrategien beider Häuser stünden für Wachstum und Innovation im Mittelstand. Die „Volksbank eG im Südwesten„, davon sind sie überzeugt, werde durch Nutzung der Größenvorteile auch für die Zeit nach der Corona-Krise einer der wichtigsten Finanzierungspartner in den Regionen sein – mit noch mehr Möglichkeiten ihre mittelständischen Kunden zu begleiten und auch größere Finanzierungen zusagen zu können. Die theoretische Kreditobergrenze für eine Einzelinvestition liege nach der Fusion bei 82,7 Millionen Euro. Die nachhaltige Ertragsstärke sichere zudem dauerhaft eine angemessene Dividende für die Mitglieder.

Aus Sicht der Arbeitnehmer sei eine der größten Volksbanken in Deutschland ein attraktiver Arbeitgeber mit zahlreichen Karrieremöglichkeiten. „Angst um seinen Arbeitsplatz muss niemand haben“, betonte Markus Dauber. Angesichts der vereinbarten Wachstumsstrategie sei klar: „Jeder wird gebraucht. Fusionsbedingte Kündigungen wird es nicht geben.“ Im Gegenteil: Die Bank suche weitere Mitarbeiter. Neu ist: Die Mitarbeiter werden künftig ein Drittel aller Mandate im Aufsichtsrat der Bank stellen. Somit können sie noch direkter an der Zukunft der Volksbank im Südwesten mitarbeiten. Ebenso versicherten Straub und Dauber: Fusionsbedingte Filialschließung werde es ebenfalls nicht geben.

Soziales Engagement ausbauen

Für die Regionen unterstreichen beide Vorstände die Zusage unverändert das hohe gesellschaftliche Engagement beizubehalten und auch künftig finanziell und ideell Schulen, Vereine und Institutionen in den Regionen zu unterstützen. Die Volksbank in der Ortenau vergibt seit Jahren den höchstdotierten Sozialpreis in Baden-Württemberg. Dieses Konzept wird übernommen und ausgeweitet.

Geografisch weist die künftige „Volksbank im Südwesten„ eine Besonderheit auf. Die Verbreitungsgebiete beider Banken berühren sich nicht. Denn dazwischen liegt, sozusagen als weißer Fleck, das Geschäftsgebiet der kleinen „Volksbank mittlerer Schwarzwald„ mit Sitz in Wolfach. Diese will sich offensichtlich nicht an der Elefantenhochzeit der beiden großen Nachbarn beteiligen. Straub und Dauber betonten, dass sie ihre Fusion unabhängig von dieser Lücke vorantreiben, sie sei für ihre Fusion nicht maßgeblich. Straub sagte: „Jeder kann sich an diesem Zusammenschluss noch beteiligen. In zwei, drei Jahren kann sich schnell etwas ändern.“

Eine Reduzierung des sechsköpfigen Vorstandsgremiums sei derzeit nicht gedacht, sagte Dauber. Das könnte sich mit dem Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds ändern, die meisten seien aber noch fünf bis zehn Jahre beruflich aktiv. Joachim Straub betonte, dass die fusionierte Bank nicht im einem Zwei-Personen-Vorstand geleitet werden könne. Und besonders jetzt im Zeichen der Fusion unter den Begleitumständen der Corona-Pandemie werde jede Menge Managementleistung gebraucht.

Kennzahlen der Banken

Wenn sich die Volksbanken Schwarzwald-Baar Hegau und Ortenau zum Jahresende wie geplant zusammengeschlossen haben, entsteht ein Kreditinstitut von beeindruckender Größe. Die neue Genossenschaftsbank hat nach Köpfen eine Belegschaft von 1000 Mitarbeitern, diese betreuen 238.000 Kunden. Die Genossenschaftsbank hat 115.000 Mitglieder, deren Interessen durch rund 600 Vertreter in der Vertreterversammlung der Bank repräsentiert werden. Die Bank ist im Verbreitungsgebiet zwischen Singen, Villingen-Schwenningen, Offenburg und Appenweier mit 37 Standorten vor Ort vertreten. Die addierte Bilanzsumme liegt bei 8,1 Milliarden Euro, die Einlagen der Kunden belaufen sich auf 5,3 Milliarden und das Volumen der Kreditvergabe an Privat- und Firmenkunden bei 5,5 Milliarden Euro. Das Institut verfügt über ein Eigenkapital von 754 Millionen Euro.