Die Bergstadt ist seit einigen Jahren Fair-Trade-Stadt. Und das Thomas-Strittmatter- Gymnasium (TSG) ist eng mit dem Club of Rome verbunden. So kam die Einladung zustande, die Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker zum Vortrag nach St. Georgen führte. Die Stadthalle war gut besetzt, der Name Weizsäcker hat in der Region eine enorme Anziehungskraft.

Ernst Ulrich von Weizsäcker war 2013 zu Gast beim VS-Forum des SÜDKURIER. Damals forderte er ein radikales Umdenken beim Thema Umwelt. Den Abend gibt es komplett als Podcast zum Nachhören oder ein exklusives Interview zum Nachlesen.

Es sollte eine lockere Veranstaltung werden und so fragten die beiden Moderatoren Florian Schuhbauer und Florent Dalipi den Gast gleich mal, mit welchem Verkehrsmittel er nach St. Georgen angereist sei. „Mit dem Zug“, lautete die Antwort. Die Frage nach seiner Freizeitbeschäftigung, wurde mit „mir ist es nie langweilig, das Haus ist immer voll“, beantwortet.

Von links: Ernst Ulrich von Weizsäcker, Florian Schuhbauer und Florent Dalipi.
Von links: Ernst Ulrich von Weizsäcker, Florian Schuhbauer und Florent Dalipi. | Bild: Werner Mueller

Der 79-jährige hat den Zuhörern in der Stadthalle eine Lektion zur nachhaltigen Entwicklung erteilt, die zugleich als Aufklärung zu verstehen war. Ernst Ulrich von Weizsäcker ist ein Mann der deutlichen Worte. Er drückt sich scharfsinnig und präzise aus. Dazu spricht er eine Sprache, die bei einem Politiker so nicht erwartet wird.

Klare Ansagen machte er zum Streitthema Nord-Süd-Gefälle. Sobald es darauf zu sprechen komme, werde immer argumentiert: „Wir brauchen mehr Wachstum.“ Und das ist aus seiner Sicht nicht das, was benötigt wird. Wachstum schaffe bei uns und in Europa vorübergehend Zuwachs. Dafür werden die ärmeren Länder ausgebeutet und haben keinen Nutzen dadurch.

Ernst Ulrich von Weizsäcker verwies darauf, dass sich seit 60 Jahren die Zahl der Tiere und Pflanzen besonders vermindere. Verursacher sei der Mensch, denn aus wirtschaftlicher Sicht müsse sich alles rechnen können. Um diesen Vorgang zu verstehen, zeigte Weizsäcker eine Folie mit dem so genannten Elefantenbuckel. Dabei werden die Einkommenszuwächse in der Zeit von 1988 bis 2008 dargestellt, die sich im Süden auswirkten. Manche Verlierer seien im Norden auszumachen.

Ernst Ulrich von Weizsäcker erklärte das übliche Muster: Die Nachhaltigkeitsagenda war ein Kompromiss, denn der Süden pocht auf Entwicklung, also Wachstum. Der Norden sagt, das müsse aber umweltfreundlich, nachhaltig sein. Die wirklichen Globalisierungsgewinner seien dabei die Finanzhaie. „Und auf die richtet sich der Volkszorn, begreiflicherweise.“ Im neuen Club-of-Rome-Bericht geht es ehrgeizig um Nachhaltigkeit. Am Beispiel der leeren und vollen Welt, bezogen auf die menschliche Wirtschaft, stellt von Weizsäcker fest, aus der leeren Welt stammen bis etwa 1950 sämtliche Religionen, unsere Instinkte, sämtliche Sprachen der Welt, die europäische Aufklärung. Und: Raubbau-Ökonomie, Bevölkerungsvermehrung und Wachstumsvergötterung. Alles das sei nicht sehr nachhaltig.

An einem Beispiel für den Unterschied zwischen leerer und voller Welt sagt Weizsäcker: „Wenn du in der leeren Welt bist und mehr Fische haben willst, brauchst du dazu mehr Fischer, mehr Boote, mehr Angeln oder Netze.“ In der vollen Welt brauche es dafür Schutzzonen, Fischfangverbote, Fischfarmen. Im Grunde also das Gegenteil dessen, was man in der leeren Welt machen würde.

Den Vortrag begleitet das Projektorchester des Thomas-Strittmatter-Gymnasiums unter der Leitung von Michael Berner.
Den Vortrag begleitet das Projektorchester des Thomas-Strittmatter-Gymnasiums unter der Leitung von Michael Berner. | Bild: Werner Mueller

An den Vortrag schloss sich eine Diskussion an. Das Projektorchester unter der Leitung von Michael Berner und die Jazzcrew 2.0 unter der Leitung von Benjamin Heil sorgten für musikalischen Schwung. Michaele Conzelmann stellte Aktivitäten des Gymnasiums zum thema Fair Trade vor.