Stille herrschte am Mittwochabend, etwa gegen 18.30 Uhr, während der Sitzung des St. Georgener Gemeinderates in der Stadthalle. Es gab nach dem Vortrag der Architekten zum „Roten Löwen“ nicht den üblichen Applaus. Der Gemeinderat schwankte zwischen Verwunderung und Verärgerung. Bürgermeister Michael Rieger sagte, dass er enttäuscht sei. Das alles war passiert, nachdem man zunächst dachte, sich über eine Einsparung von über einer halben Million Euro freuen zu können.
Was war passiert?
Für die große Verwirrung sorgte die Kostenberechnung der Architekten zu dem Großprojekt. Sie war für Gemeinderat, Bürgermeister und Stadtbaumeister Alexander Tröndle offenbar nicht transparent, bevor sie im Mai der Ausschreibung der ersten Arbeiten zustimmten. Eine heikle Angelegenheit, denn das Projekt ist seit Beginn nicht unumstritten. Der Gemeinderat war davon ausgegangen, dass die voraussichtlichen Baukosten bei insgesamt 5,2 Millionen Euro lägen und dass die ersten Arbeiten, die jetzt ausgeschrieben waren, daran einen Anteil von 2,7 Millionen Euro hätten. Denn für diese Summe hatte man die Arbeiten ausgeschrieben.
Doch dem war nicht so. Die 2,7 Millionen Euro waren nur eine Sicherheitsrechnung der Architekten für mögliche Kostensteigerungen, etwa aufgrund der aktuellen Rohstoffknappheit. Sie waren nicht Grundlage für die Berechnung der Gesamtkosten von 5,2 Millionen Euro. Hier hatten die Architekten tatsächlich nur 2,26 Millionen Euro eingerechnet. Nach dem Ergebnis der Ausschreibung werden die Arbeiten 2,18 Millionen Euro kosten. Also längst nicht so hoch wie befürchtet und unterhalb sämtlicher Berechnungen. Folglich bleibt immer noch eine Ersparnis von knapp 80 000 Euro, aber sie ist längst nicht so hoch, wie die Gemeinderäte dachten.
Sie erwarteten eine Einsparung von über einer halben Million Euro, die Differenz zwischen 2,7 Millionen Euro und 2,18 Millionen Euro. Verärgert war der Rat also vor allem, weil die Architekten offensichtlich eine erhebliche Kostensteigerung von rund 400 000 Euro über die 5,2 Millionen Euro hinaus für möglich gehalten hatten, das Gremium genau darüber aber nicht informierte. Und genau diese Information hätte möglicherweise die Umsetzung des gesamten Projekts infrage gestellt.
„Das ist ein Musterbeispiel an Intransparenz“Patrick Hilpert, Gemeinderat
Möglich wäre also nach Einschätzung der Architekten gewesen, dass die Sanierung des Roten Löwen nochmal um einiges teurer geworden wäre. In der kommunalpolitisch hitzigen Debatte um das Projekt hätte das Konsequenzen nach sich ziehen können. „Aufgrund der 2,7 Millionen Euro hätten wir das Projekt möglicherweise gecancelt“, sagte auch Bürgermeister Rieger über die offensichtlich intransparente Abstimmung im Mai. Diese Entscheidungsgrundlage sei dem Gemeinderat und der Verwaltung nicht bewusst gewesen.
Große Verärgerung gab es deshalb auch aus den Reihen des Gremiums. Deutliche Worte gab es von Patrick Hilpert (Freie Wähler): „Das ist ein Musterbeispiel an Intransparenz“, sagte er. Er sei komplett verwirrt und habe das Vertrauen in Architekt Rosenfelder verloren. Ihm tue dieser Vertrauensverlust leid, sagte Martin Rosenfelder. Er und sein Kollege Stefan Blum seien zur Offenlegung verpflichtet. Man liege, dass sei ein gutes Ergebnis, bei den Gesamtkosten nun leicht unter den 5,2 Millionen Euro. Sie seien bei der Berechnung der sehr viel höheren Kosten eher pessimistisch gewesen und hätten die Rechnung klarer machen müssen.
„Habe so etwas noch nie erlebt“
Ähnlich wie Hilpert äußerten sich auch andere Gemeinderäte. Constantin Papst (CDU) sagte, dass er regelmäßig mit Zahlen zu tun habe, die Rechnung der Architekten aber in der Tat nicht ganz leicht nachzuvollziehen sei. Hansjörg Staiger, Bürgermeister-Stellvertreter und seit vielen Jahren Mitglied des Gremiums, sagte: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“

Die Abstimmung fiel, bei einer Gegenstimmung von Patrick Hilpert, trotz der Aufregung positiv für das Projekt aus. Bürgermeister Rieger sagte nach der Abstimmung in Richtung des Architekten: „Das müssen wir in Zukunft anders machen.“ Es liege viel Verantwortung auf seinen Schultern, den Schultern des Gemeinderates und der Verwaltung – es gebe nicht nur Freunde des Projekts „Roter Löwen“.