Boris Burcza hat sich gegen die Großstadt entschieden. Der Mediziner wollte raus auf das Land – anders als viele seiner Kollegen, die in der Mehrzahl lieber in den Ballungsgebieten leben wollen. Burcza befindet sich in St. Georgen gerade in der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner und möchte auch in seiner Zukunft in der Bergstadt praktizieren. Sein Weg ist damit ein eher ungewöhnlicher.
Das zumindest sagt Martina Tröscher von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW): „Viele junge Ärztinnen und Ärzte zieht es in Städte und Ballungsgebiete, was auf dem Land zum Teil zu erheblichen Nachwuchsproblemen führt – insbesondere im hausärztlichen aber zunehmend auch im fachärztlichen Bereich.“
Ein Haus auf dem Land
Das Leben in einer großen Stadt aber hat Boris Burcza hinter sich gelassen. „Wir haben ein Haus in Langenschiltach gekauft und renovieren das gerade“, sagt er. Für ihn und seine Familie, zu der neben seiner Frau auch drei Kinder gehören, war das der perfekte Gegenpol zum Leben in Karlsruhe. Dort war der 41-Jährige als Anästhesist im Diakonissenkrankenhaus angestellt, bis der Wunsch aufkam, Allgemeinmediziner zu werden. Im Gespräch mit einer Klinik-Kollegin, die aus St. Georgen kam, tat sich dann eine Chance auf. „Sie hat mir geraten, mich an Johannes Probst zu wenden“, sagt der 41-Jährige. Die zehn Jahre in der Klinik seien in der Rückschau betrachtet gut und spannend gewesen, sagt er. Doch auf Dauer komme man in einem System, das auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit getrimmt ist, unter die Räder. Es war nicht mehr das, wovon Boris Burcza dachte, dass es ihn bis zum Renteneintritt glücklich machen konnte.
Im Jahr 2018 gelang dann der erhoffte Schritt. Raus aus dem Klinikalltag, hinein ins Eigenheim im 560-Seelen-Ort in Langenschiltach im Schwarzwald. Vier Jahre lang ist Boris Burcza nun in der Praxis von Johannes Probst tätig, dann kann er die Facharzt-Prüfung ablegen und ist Allgemeinmediziner. Burcza arbeitet in 50-Prozent-Teilzeit, deshalb dauert seine Weiterbildung vier anstatt zwei Jahre.
Viele vor dem Ruhestand
In den vergangenen Jahren ist die ärztliche Versorgung in St. Georgen zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion geraten, nicht nur der Fachärzte wegen. Auch viele Allgemeinmediziner haben ein Alter erreicht, in dem der Ruhestand eine immer stärkere Rolle spielt. Doch ein Grund zur Sorge ist das nicht. Das findet Johannes Probst, Allgemeinmediziner, Chef von Boris Burcza und Sprecher der St. Georgener Ärzteschaft. Er sagt: „Ich glaube, das Pendel geht eher wieder in Richtung ländlicher Regionen.“ Das Leben auf dem Land werde immer wertvoller, so Probst. Er habe in seiner beruflichen Laufbahn schon viel erlebt und beobachte, dass die Arbeitsbedingungen heute auf dem Land deutlich besser seien. Eine Tendenz, die auch die KVBW sieht, bestätigt auch Johannes Probst. „Viele junge Kollegen wollen lieber in einer Gemeinschaftspraxis arbeiten“, sagt er.

Dieser Trend scheint sich auch in seiner eigenen Praxis zu bestätigen. Er habe, neben Boris Burcza, noch drei weitere junge Kollegen beschäftigt, die Hausärzte werden wollen. Damit sind, alleine in der Praxis Probst, derzeit sieben Ärzte beschäftigt. Und trotzdem sei die Auslastung hoch.
Eine Niederlassung ist geplant
Die Bergstadt will auch Boris Burcza nicht mehr verlassen. „Ich würde auch nach der Weiterbildung gerne in dieser Praxis tätig sein.“ Das Umfeld sei gut, die Arbeit angenehm. Gemeinsam mit der Familie habe er sich bewusst für das Leben nahe der Natur entschieden, weit weg vom Stress und der Hektik der Großstadt. Die Frage der Zukunft wird sein, wie viele seiner Kollegen diesen Lebensentwurf teilen wollen.