Das Haus von Giovanni Carvelli an der Bundesstraße fiel am vergangenen Donnerstag einem verheerenden Brand zum Opfer. Noch während die Betroffenen zunächst vom Notfallnachsorgedienst und später vom Roten Kreuz betreut wurden, um den ersten Schock zu überwinden, setzte sich, initiiert von der Stadt und Privatpersonen, eine große Welle der Hilfsbereitschaft in Bewegung.
Jetzt wollen sich die Familienmitglieder über den SÜDKURIER bei den Spendern bedanken. Und sie schildern, wie sie das Inferno vor knapp einer Woche erlebt haben. Und zu welcher dramatischen Situation es gekommen ist – und dass eine menschliche Tragödie nur knapp verhindert werden konnte.

Prall gefüllte Kartons stapeln sich im Hauseingang des direkt an das Brandhaus angrenzende Wohnhaus an der Bundesstraße, in dem zwölf der insgesamt 14 durch den Brand heimatlos gewordenen Bewohner eine vorübergehende Bleibe gefunden haben.
„Ich habe nicht gewusst, dass wir so viele Freunde in St. Georgen haben“, sagt Giovanni Carvelli und ist schwer beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der St. Georgener Bürger, die mit Bekleidung, Schuhen, Spielzeug, Möbeln und anderen lebensnotwendigen Utensilien sofort geholfen haben. Denn die 14 Personen konnten außer dem, was sie am Leib trugen, nichts aus dem Haus retten.

Carvelli ist müde. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen“, sagt der 59-Jährige. So langsam realisiert er erst richtig, was passiert ist. Und was hätte passieren können. „Was wäre gewesen, wenn es in der Nacht gebrannt hätte? Ich wäre die Treppen nicht rechtzeitig hinunter gekommen.“
In dem Haus lebten er und seine Frau, sein Sohn mit Frau und vier Kindern, eine Tochter mit drei Kindern sowie zwei allein stehende Männer in jeweils einer eigenen Wohneinheit.

„Ich war an dem Tag gar nicht zuhause“, sagt er. Er habe bei seiner Tochter im Geschäft ausgeholfen, die in Schiltach ein Fußpflege- und Beautystudio betreibt. Erst nach einem Anruf sei er nach St. Georgen gefahren, da habe das Haus längst lichterloh gebrannt.
Wie er später erfuhr, ist sein kleiner Enkel, der auch Giovanni heißt, der Flammenhölle nur knapp entkommen. Giovannis Sohn Sabatino war gerade an der Tankstelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite, als jemand schrie, dass es in dem Haus brenne.

„Ich bin zurückgerannt. In der Wohnung, in der der Brand gerade ausgebrochen ist, war mein kleiner Sohn“, erzählt Sabatino. Als er in die Wohnung kam, hätten bereits die Vorhänge gebrannt. Der kleine Giovanni stand regungslos inmitten des brennenden Zimmers.
„Ich habe ihn rausgezogen und ins Freie gebracht“, erinnert sich Sabatino. Dabei hat er sich an der Hand verletzt. Brandblasen zeugen noch davon. Danach habe er noch versucht, das Feuer mit einem Feuerlöscher zu löschen, doch der Brand breitete sich zu schnell aus.

Dass keine Personen zu ernsthaften Schaden gekommen sind, ist für Giovanni Carvelli das größte Glück. Wenngleich der Verlust des Hauses schwer wiegt, das er 1998 gekauft hat. „Wir waren gerade mit der Innenrenovierung soweit fertig und jetzt wollte ich die Fassade richten“, erzählt er.
Besonders den Verlust persönlicher Erinnerungen betrauert er: „Ein Fotoalbum unserer Hochzeit 1982 und ein Foto meiner Eltern. Beides unwiederbringbar verbrannt.“ Auch die Hauskatze wird immer noch schmerzlich vermisst. Bisher ist unklar, ob sie sich noch rechtzeitig ins Freie retten konnte.
Angeblich soll sie während der Löscharbeiten der Feuerwehr auf dem Parkplatz des angrenzenden Discounters gesehen worden sein. Die Hoffnung schwindet zuletzt.
Die große Hilfsbereitschaft tröstet über den Verlust des Zuhauses und der persönlichen Dinge ein wenig hinweg. Zur moralischen Unterstützung ist am Sonntag die Verwandtschaft aus Italien angereist.
Die betroffene Familie kann ihre Dankbarkeit gar nicht in Worte fassen. „Diese Hilfe von allen Seiten ist überwältigend“, sagt Sabatino. Die erste Nacht verbrachten sie im Wintermantelsaal des Rotkreuz-Ortsvereins. Am Tag danach bekamen sie von zwei Supermärkten Lebensmittel gespendet. „Auch Max von der Tankstelle hat viel geholfen“, betont Giovanni Carvelli. Am Sonntag wurde die gesamte Familie von der kroatischen Betreiberin des Balkangrills bekocht.
Auch bei Bürgermeister Michael Rieger und Markus Esterle vom Ordnungsamt, die alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um der Familie alle benötigte Unterstützung zukommen zu lassen, bedanken sich die Familienmitglieder ausdrücklich.
„Ich habe früher vielen Leuten geholfen, beim Umziehen und so weiter. Jetzt kommt das wieder zurück.“Giovanni Carvelli
Für Bürgermeister Rieger war es keine Frage, dass der Familie geholfen werden muss. „In solchen Fällen schauen wir natürlich umgehend, wie wir helfen können und versuchen, Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, sagte Rieger, der direkt an den Brandort eilte. Für zwei der Personen, zwei Männer, die nicht unmittelbar zur Familie gehören und die in dem Haus zur Miete wohnten, besorgte die Stadt städtische Wohnungen. Auch werden diese Männer ebenfalls über die Spendenmittel versorgt.
Für Giovanni Carvelli ist die große Unterstützung der St. Georgener Bürger auch ein wenig Karma: „Ich habe früher vielen Leuten geholfen, beim Umziehen und so weiter. Jetzt kommt das wieder zurück.“