Mit einem eindringlichen Appell wenden sich Oberbürgermeister Michael Beck, Erster Bürgermeister Emil Buschle sowie zahlreiche Vertreter des Gemeinderats, der Kirchen und der Vereine an die Bevölkerung. „Wir haben kein Verständnis dafür, dass wissenschaftliche Erkenntnisse geleugnet werden, dass unser Staat verächtlich gemacht wird und dass unsere Demokratie mit der Nazi-Diktatur oder der DDR gleichgestellt wird“, schreiben die Unterzeichner.
Im Schulterschluss mit Extremisten unterwegs
Ins Gericht geht der Appell, den die Stadtverwaltung Tuttlingen in einer Pressemitteilung verbreitete, mit den sogenannten Spaziergängen, die seit einigen Wochen – wenn auch noch in moderater Form – in Tuttlingen regelmäßig stattfinden.
„Wir haben kein Verständnis dafür, dass Bürgerinnen und Bürger, die sich für gemäßigt halten, es plötzlich normal finden, im Schulterschluss mit Extremisten auf die Straße zu gehen“, heißt es.
Genau betrachtet handle es sich bei den sogenannten Spaziergängen um nicht genehmigte und somit illegale Demonstrationen. Die Initiatoren wüssten dies sehr wohl. Und sie machten das Ganze auch bewusst. „Es ist ihr Ziel, den Staat bloßzustellen“, heißt es im Appell.
Bisher kein formelles Verbot
Bislang habe die Stadt Tuttlingen auf ein formelles Verbot der sogenannten Spaziergänge verzichtet. Anders als in einer Diktatur seien Meinungsfreiheit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit nach wie vor hohe Güter.
Um auch künftig ein Verbot zu vermeiden, fordern die Unterzeichner ihre Mitbürger eindringlich auf: „Folgen Sie der Vernunft, informieren Sie sich seriös, haben Sie Verständnis dafür, dass wir derzeit in einer Situation leben, die sich niemand ausgesucht hat und aus der wir nur gemeinsam wieder herauskommen. Und zeigen Sie Flagge: Machen Sie deutlich, dass sich unsere freie, demokratische und an Vernunft und Wissenschaft orientierte Gesellschaft nicht spalten lässt.“
Als kritische und bewusste Bürger handeln
Das Handeln als kritische und bewusste Bürger möge unter zwei Prämissen erfolgen: das Wissen, dass die Pandemie irgendwann vorbei sein wird und die Gewissheit, „dass wir nach der Pandemie wieder in einer Gesellschaft leben können, in der wir uns gegenseitig in die Augen sehen können“.