Einen Impftermin im Kreisimpfzentrum zu vereinbaren, ist derzeit noch eine besondere Herausforderung. 47 solcher Impftermine zu vereinbaren, für Menschen, die aktuell schon einen Anspruch auf die Impfung haben, scheint nahezu unmöglich. In Unterkirnach ist dieses kleine Wunder jetzt Bürgermeister Andreas Braun gelungen. In mehreren Nächten saß er pünktlich um Mitternacht, wenn die Termine online frei geschaltet werden, vor dem Computer und hat nach und nach die gewünschten Termine ergattern können.

Unterstützung ist von Nöten

Mitte Januar, als die ersten Impftermine vergeben wurden, war Andreas Braun klar geworden, dass er die Gruppe der über 80-Jährigen mit der Organisation der Fahrt zum Impfzentrum und letztlich auch der Vereinbarung der Impftermine nicht alleine lassen könne. Was diesem Vorhaben folgen sollte, konnte er damals noch nicht absehen. Das Ergattern jedes einzelnen Impftermins wurde zum Wettlauf mit der Zeit und dem Computer. Termine sind ausgesprochen rar, die Telefonleitung nur allzu oft überlastet und das Verfahren ist einigermaßen kompliziert.

Um 23.45 Uhr sitzt Unterkirnachs Bürgermeister Andreas Braun in seinem Dienstzimmer. Telefonisch spricht er sich mit Silke Muller über ...
Um 23.45 Uhr sitzt Unterkirnachs Bürgermeister Andreas Braun in seinem Dienstzimmer. Telefonisch spricht er sich mit Silke Muller über die Vorgehensweise in dieser Nacht ab. Bild: Cornelia Putschbach

Auch für Bürgermeister galten von Beginn an die gleichen Regeln wie für jeden anderen Impfwilligen auch. Das heißt, auch sie werden bei der Terminvergabe nicht im Geringsten bevorzugt. Die Liste derjenigen Bürger der Gemeinde Unterkirnach, die den Bürgermeister um Unterstützung bei der Vereinbarung eines Termins baten, wuchs derweil.

23.57 Uhr: Andreas Braun klickt sich mal schnell auf die Homepage für die Terminvergabe ein und schaut, ob in dieser Nacht die Termine ...
23.57 Uhr: Andreas Braun klickt sich mal schnell auf die Homepage für die Terminvergabe ein und schaut, ob in dieser Nacht die Termine eventuell früher freigeschaltet werden. „Keine Termine verfügbar“, lautet das Ergebnis. | Bild: Cornelia Putschbach

47 Impfwillige stehen auf der Liste

Fortan legte Andreas Braun manche Nachtschicht außerhalb der eigentlichen Dienstzeit ein, denn schnell wurde ihm klar: Nur wer um Mitternacht, wenn die Termine vom Impfzentrum frei geschaltet werden, vor dem Computer sitzt, hat überhaupt die Chance, einen Termin zu vereinbaren. Für 47 Impfwillige begab er sich ins Rennen um die kostbaren Termine.

0.01 Uhr: Jetzt ist es soweit. Die möglichen Impftermine wurden im Internet frei geschaltet. Konzentriert gibt Andreas Braun die ...
0.01 Uhr: Jetzt ist es soweit. Die möglichen Impftermine wurden im Internet frei geschaltet. Konzentriert gibt Andreas Braun die notwendigen Daten der Impfwilligen in die Maske des Impfzentrums ein. | Bild: Cornelia Putschbach

Zulassungscodes sind unabdingbar

Zunächst muss für jeden Impfwilligen ein Zulassungscode angefordert werden. Erst wer den hat, kann versuchen, einen Termin zu bekommen. Die Crux hierbei: Nach drei abgerufenen Codes ist die Mobilfunknummer, mit der man diese abruft, erstmal für weitere Codes gesperrt. Im Unterkirnacher Rathaus setzte der Bürgermeister gewieft verschiedene Dienst- und Privathandys ein. Mittlerweile kann ein Code zudem nur noch dann abgerufen werden, wenn Termine freigeschaltet sind.

Erst der zwölfstellige Code gibt die Maske mit der Auswahl der Impftermine frei. Diesen Code gilt es zuvor anzufordern und mit Hilfe ...
Erst der zwölfstellige Code gibt die Maske mit der Auswahl der Impftermine frei. Diesen Code gilt es zuvor anzufordern und mit Hilfe eines Handys zu bestätigen. Andreas Braun hat die Codes bereits im PC hinterlegt und muss nur noch den richtigen auswählen. Aus Datenschutzgründen wurde hier der Code unkenntlich gemacht. | Bild: Cornelia Putschbach

Nur um Mitternacht gibt es Termine

Im Kreisimpfzentrum wird derzeit noch nur freitags und samstags geimpft. Pünktlich um Mitternacht und genau drei Wochen vor dem jeweiligen Impftermin wird dieser im Netz freigeschaltet. Jetzt gilt es in den Nächten von Donnerstag auf Freitag und von Freitag auf Samstag schnell zu sein. Andreas Braun hat die ausgedruckten Zulassungscodes vor sich auf dem Schreibtisch liegen. Außerdem hat er, um die Sache zu beschleunigen, diese schon so in seinem Computer hinterlegt, dass die Eingabe per Autovervollständigung schneller geht.

Und doch geht es auch ihm mehrfach so, dass er im Wettlauf mit anderen zu langsam ist bei der Eingabe des Codes oder von Name und Adresse des Impfwilligen. Dennoch arbeitet sich Andreas Braun in seiner Liste der Impfwilligen Woche für Woche vor. Mal sind es nur ganz wenige Termine, die er ergattern kann, mal sind es zehn oder zwölf pro nächtlicher Sitzung. Am 5. Februar beispielsweise waren um 0.14 Uhr bereits keine Termine mehr zu bekommen. In der Nacht darauf waren die wenigen Termine, die es gab, in nicht einmal zwei Minuten vergriffen.

Unterstützung für den Bürgermeister

Da musste sich auch der Unterkirnacher Bürgermeister etwas einfallen lassen. Er bekam Unterstützung von seiner Frau Franka und Rathausmitarbeiterin Silke Muller. Franka Braun besorgte bei der nächsten generalstabsmäßig geplanten nächtlichen Aktion die Codes. Silke Muller und Andreas Braun kämpften am PC um die Termine.

Gut organisiert mit zwei Bildschirmen und ausgedruckten Dokumenten arbeitet sich Andreas Braun in der wenigen zur Verfügung stehenden ...
Gut organisiert mit zwei Bildschirmen und ausgedruckten Dokumenten arbeitet sich Andreas Braun in der wenigen zur Verfügung stehenden Zeit Klick um Klick durch die Terminvereinbarungen. | Bild: Cornelia Putschbach
Jetzt gilt es aufzupassen. Ehepaare sollen möglichst taggleich Termine bekommen. Andreas Braun berücksichtigt auch das, wenn er Termine ...
Jetzt gilt es aufzupassen. Ehepaare sollen möglichst taggleich Termine bekommen. Andreas Braun berücksichtigt auch das, wenn er Termine für die Corona Impfung zu bekommen versucht. | Bild: Cornelia Putschbach

Alle haben einen Termin

In dieser Woche war es dann endlich so weit. Um 0.11 Uhr erklang am frühen Freitagmorgen im Dienstzimmer des Bürgermeisters ein lautes „Ja!“. Andreas Braun hat das fast Unmögliche geschafft und für 47 Unterkirnacher Bürger Impftermine vereinbart.

Das ist die Bildschirmansicht auf die unzählige Impfwillige hoffen: Die Terminbuchung war erfolgreich. Insgesamt 94 mal wurde sie ...
Das ist die Bildschirmansicht auf die unzählige Impfwillige hoffen: Die Terminbuchung war erfolgreich. Insgesamt 94 mal wurde sie Andreas Braun und Silke Muller angezeigt als sie für 47 Impfwillige Erst- und Zweittermin gebucht haben. Aus Datenschutzgründen wurde der Zulassungscode unkenntlich gemacht. | Bild: Cornelia Putschbach

Elf Termine hatten Silke Muller, die zuhause am PC saß, und er in dieser Nacht noch benötigt. Gegen halb eins sind dann alle Impfwilligen mit zwei Terminen versorgt. Andreas Braun ist die Erleichterung anzumerken.

0.11 Uhr: Die Freude steht Andreas Braun ins Gesicht geschrieben. Für alle 47 Impfwilligen auf seiner Liste ist zu diesem Zeitpunkt der ...
0.11 Uhr: Die Freude steht Andreas Braun ins Gesicht geschrieben. Für alle 47 Impfwilligen auf seiner Liste ist zu diesem Zeitpunkt der erste Impftermin gebucht. | Bild: Cornelia Putschbach
Bis gegen halb eins sitzt Andreas Braun in dieser Nacht weiter in seinem Büro im Unterkirnacher Rathaus. Jetzt bucht er noch alle ...
Bis gegen halb eins sitzt Andreas Braun in dieser Nacht weiter in seinem Büro im Unterkirnacher Rathaus. Jetzt bucht er noch alle Zweittermine für die Impfungen. | Bild: Cornelia Putschbach

Änderung im Verfahren

Mitten in der Nacht kann natürlich nicht jeder am Computer um einen Impftermin ringen. Das hat mittlerweile auch die Landesregierung erkannt. Telefonisch über die Hotline 116117 können sich Impfwille mittlerweile auf eine Warteliste eintragen lassen.

Fahrten zum Impfzentrum

Die Fahrten zum Impfzentrum übernehmen nun bei mehreren Impfwilligen Angehörige oder Bekannte. Bei vielen ist aber auch hier die Unterstützung aus dem Rathaus von Nöten. Am kommenden Freitag, 19. Februar, wird erstmals ein kleines Impfshuttle in Form des Feuerwehrmannschaftstransporters in Begleitung des Bürgermeisters von Unterkirnach zum Impfzentrum in Schwenningen fahren. Weitere Fahrten wird Andreas Braun mit Unterstützung eines Unterkirnacher Transportunternehmens organisieren. Die Bürger Horst Belz sowie Herwig und Maria Wahl werden diese Fahrten dann begleiten.

Motivation des Bürgermeisters

Für Andreas Braun ist das besondere Engagement auch zu solch ungewöhnlicher Uhrzeit nicht selbstverständlich, aber unabdingbar. „Gerade die über 80-Jährigen gehören zur besonders von schweren Krankheitsverläufen und Tod gefährdeten Gruppe. Wenn sich solche Personen impfen lassen möchten, ist es für mich klar, dass ich ihnen jede mögliche Unterstützung zuteilwerden lasse“, sagt er.

Dank der Impfwilligen

Der Dank der Impfwilligen ist dem Bürgermeister sicherlich gewiss. In Worte fasst dies ein Ehepaar, das sich mit einem Brief bei Andreas Braun bedankte. „Mit diesen Zeilen wollen wir zum Ausdruck bringen, dass für uns nicht selbstverständlich ist, dass Sie für uns und viele andere Leute im Ort Impftermine organisieren. Das ist einen besonderen Dank wert. Fast 43 Jahre leben wir in Unterkirnach und auch heute sagen wir wie immer: Es ist schön hier zu leben.“