Immer wieder freitags gehen seit Februar in Villingen-Schwenningen vor allem Schüler und Jugendliche auf die Straße, um gegen die aktuelle Klimapolitik zu demonstrieren. Jetzt will die örtliche Fridays for Future-Bewegung auch am kommenden Mittwoch Flagge zeigen. Dann nämlich will der Gemeinderat darüber abstimmen, ob die Stadt sich dem „Klimaschutzpakt Baden-Württemberg„ anschließen soll, um bis 2040 eine „weitgehend klimaneutrale Kommunalverwaltung“ zu erreichen.
Kundgebung: Dieser Vorstoß der Verwaltung sollte doch eigentlich alle Klimaschützer freuen. Doch dem ist nicht so. Die Mitglieder der Fridays for Future-Bewegung wollen den Gemeinderatsbeschluss sogar verhindern. Mit einer Kundgebung am Mittwoch, ab 15.30 Uhr, appellieren sie daher noch einmal an die Gemeinderäte, der Vorlage nicht zuzustimmen. Die Veranstalter gehen von etwa 40 Teilnehmern aus.
Geplant ist zudem, den öffentlichen Teil der Sitzung zu besuchen und gegebenenfalls gegen das Ergebnis zu protestieren. Jonas Klein, Sprecher der Fridays for Future-Gruppe in der Doppelstadt, begründet das so: „Mit dem Beschluss würde man auch das Ausrufen eines Klimanotstandes in VS ablehnen.“ Eine erneute Abstimmung darüber sei damit für längere Zeit erst einmal nicht möglich. Der Klimanotstand wurde von den Grünen, der SPD und den Freien Wählern gefordert.
Kritik an Stellungnahme: „Unser Forderungskatalog steht bei der Abstimmung überhaupt nicht auf der Agenda“, ärgert sich Klein. Lediglich als Anlage sei die Stellungnahme der Verwaltung an sie Sitzungsvorlage angehängt worden. „Die von der Stadt genannten Vorschläge sind zu lasch und wenig konkret.“ Er bemängelt vor allem fehlende Zeitangaben und verbindliche Vorgaben, um die Ziele des Klimaabkommens zu erreichen und die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten.
Als Beispiel nennt Klein die Antworten zu den Forderungen für Neubauten, der Gleichstellung der Energiepreise, der Wärmeversorgung von städtischen Gebäuden, einer Photovoltaik-Pflicht bei Neubauten und die Einführung eines kostenlosen Nahverkehrs. Der letzte Punkt hat den 17-Jährigen besonders geärgert. Dort heißt es, dass es in Stoßzeiten zu wenige Fahrzeuge gibt und ein solches Konzept zu Lasten des Geh- und Radwegeausbaus geht. „Es gibt Möglichkeiten“, ist sich Klein mit Blick nach Tübingen und Berlin sicher, wo bereits Kostenlos-Angebote existieren.
Man müsse eben mehr Geld bereitstellen, argumentiert er. „Oder hat die Verwaltung die großen Probleme, die der Klimawandel mit sich bringt, noch nicht erkannt?“, fragt er sich. Vorschläge zum Bike-Sharing, Radwegekonzept und Dachbegrünung gehen den Klimaschützern ebenfalls nicht nicht weit genug.
Dateiname | : | Stellungnahme der Verwaltung zu den Forderungen der Fridays for Future-Bewegung |
Datum | : | 14.10.2019 |
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Klimaschutzpakt: „Es gibt durchaus sinnvolle Ansätze in dem Vorschlag, dem Klimaschutzpakt beizutreten“, so der 17-Jährige. Zum Beispiel die Punkte zu Photovoltaikanlagen und zu einem Wärmenetz der Stadtwerke. Das alles reiche aber längst nicht aus, ist sich Klein sicher, der neben konkreten und verpflichtenden Formulierungen eine exakte Zeitangabe für den Beitritt zum Klimaschutzpakt vermisst. Dieser sieht vor, die gesteckten Ziele bis 2040 zu erreichen. „Das ist aber viel zu spät“, erklärt er. Viele Wissenschaftler seien sich einig, dass bereits im Jahr 2035 ein Kippen des Klimas droht. Klein befürchtet, dass sich die Verwaltung auf dem Beschluss zum Klimaschutzpakt ausruhen könnte. Die Aussicht auf mögliche Fördergelder dürfe nicht ausschlaggebend sein bei einer solch wichtigen Entscheidung für die Zukunft.
Bundesweit: Klimaschutzpaket der Bundesregierung bezeichnet Klein als „Klimaschutzpostkarte“. Das Klimaschutzgesetz habe die für ihn ohnehin zu schwachen Ziele noch einmal abgeschwächt, besonders bei den Punkten Pendlerpauschale, CO2-Steuer und Klimarat. Die Pendlerpauschale fördere den IndividualverkehrBei der C=2-Steuer hätte sich Klein einen deutlich höheren Betrag pro Tonne gewünscht. Anstatt der zehn Euro wären 180 Euro angemessen. Auch dass der Klimarat künftig weniger Einfluss hat, sieht Klein kritisch.