"Das Thema Parken in der Innenstadt ist für unsere Kunden das wichtigste Thema überhaupt." Mit diesen Worten widerspricht Tanja Broghammer, Einzelhändlerin aus Villingen und Vorstandsmitglied im Gewerbeverband Oberzentrum (GVO), den jüngsten Aussagen aus dem Gutachten der KGSt zur künftigen Verkehrsgestaltung in der Doppelstadt. Das Thema Parkplätze werde für den innerstädtischen Handel "vom Randthema zum Existenzthema".

Wie gestern berichtet, empfiehlt das Kölner Gutachterbüro der KGSt auch in der überarbeiteten Fassung ihrer "Strategischen Zielplanung" für die Doppelstadt beim Thema Mobilität, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Stadt qualitativ und quantitativ auszubauen und gleichzeitig den motorisierten Individualverkehr aus den Innenstädten zurückzudrängen. Und wörtlich heißt es darin: "Die Sorge des Einzelhandels, dass es durch Verknappung des Parkraumes und die Erhöhung der Parkgebühren zu einer Verödung der Innenstädte kommt, ist eher unbegründet." Niemand werde deswegen zum Einkaufen nach Konstanz und Freiburg fahren.

Den letzten Satz kann Tanja Broghammer, im Textilhandel tätige Einzelhandelsunternehmerin, nur unterstreichen. Sie habe einige Kunden aus dem Raum Freiburg, die mittlerweile nach Villingen kommen, weil man hier noch etwas leichter einen Parkplatz bekommt. Auch in Freiburg, so weiß sie, werde die Stadt vom Einzelhandel immer stärker mit Forderungen konfrontiert, attraktivere Rahmenbedingungen für die Einkaufskunden zu schaffen. Und ganz oben stehe die Forderung nach kostengünstigen Parkplätzen.

Bei sämtlichen Umfragen und Studien zu deutschen Innenstädten, so berichtet die engagierte Geschäftsfrau, stehe die Forderung der Konsumenten nach guten Parkmöglichen an erster Stelle. "Niemand will heute noch seine Einkäufe weit schleppen." Fakt sei: "Die Kunden betrachten das Fahren zum Einkaufsmarkt weniger belastend als das Tragen schwerer Taschen".

Die Bedrohung für den örtlichen Einzelhandel sieht Tanja Broghammer insofern nicht darin, dass Kunden nach Freiburg oder Konstanz abwandern könnten, wenn sie in Villingen nicht mehr günstig parken könnten. Diese Kunden wandern in die großen Einkaufszentren auf die grüne Wiese ab, wo sie gratis und vor der Haustüre parken können. Oder sie bestellen gleich im Internet. "Für uns bleibt das günstige Parken das A und O, um die Innenstadt lebendig zu halten", sagt sie unmissverständlich. Noch habe Villingen und Schwenningen einen vergleichsweise attraktiven Besatz an Einzelhandelsgeschäften, wenngleich die Zahl der Billigläden immer mehr zunimmt." Doch dieses Kleinod müsse aktiv bewahrt werden. Notwendig seien mehr und nicht weniger innenstadtnahe Parkplätze. Neue Konzepte seien erforderlich, "sonst sehe ich für die Zukunft sehr düster".

Klar betont die Geschäftsfrau, dass der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, wie im Gutachten gefordert, sehr sinnvoll sei. "Wir haben Mitarbeiter, die abends mit dem Bus nicht mehr in ihre Umlandgemeinden oder die -ortschaften kommen." Dass aber Kunden aus dem Villinger Umland in großer Zahl mit dem Bus oder Zug anreisen, oder vom Auto bis an den Stadtrand fahren und dann auf den Bus umsteigen, hält sie für pure Illusion. "Dafür sind wir viel zu sehr ländlicher Raum." Nach ihrem Eindruck haben die meisten Stadträte in VS dies besser begriffen als die Gutachter. Letzterer seien in diesem Punkt offenbar zu sehr von ihrer Herkunft aus Ballungszentren geprägt, vermutet sie.

Die Empfehlung der Gutachter, die Parkgebühren deutlich zu erhöhen, um die Innenstädte vom Autoverkehr zu entlasten hält sie für äußerst kontraproduktiv. "Das wäre ein Dolchstoß in den Rücken des Einzelhandels", betont sie. Dies gehe nicht in Zeiten, in denen der stationäre Handel einen Frequenzrückgang von 20 Prozent binnen zehn Jahren habe hinnehmen müssen. Umlandstädte, die bereits größere Probleme mit dem Rückgang des innerstädtischen Einzelhandels haben als Villingen-Schwenningen, seien schon dabei, Fördermaßnahmen zu ergreifen. In Donaueschingen gebe es freies Parken für die Besucher, die Stadt Engen fördere bereits Neuansiedlungen im Einzelhandel mit Geldern aus dem städtischen Haushalt. Nachdrücklich befürwortet Tanja Broghammer die Einführung einer "Brezeltaste", sprich kostenloses Parken für schnelle Einkaufserledigungen.