Uwe Spille

Und der befindet sich, für manche mag das schon eine Überraschung sein, in der Altstadt. Hier befindet sich auch die Altstadtkirche, der ehemalige Sitz des Pfarrers, der erstmals schon im Jahr 1092 Erwähnung findet. Rund um diese Kapelle, die 1855 teilweise wegen angeblicher Baufälligkeit tatsächlich mit Sprengstoff abgerissen werden musste und wieder aufgebaut wurde, hatte man schon früh Verstorbene beerdigt. Doch wie fachliche Untersuchungen ergaben, haben Menschen schon viel früher genau hier auf dem Gelände ihre Toten zur Ruhe gebettet. Das bestätigen Funde von Alemannengräber aus dem Jahr 259 vor Christus, die hier nachgewiesen werden konnten.

Bis 1780, erzählt Christiane Lehmann, seien Villinger Bürger, so wie allgemein üblich, auch rund um Kirchen oder gar in diesen selbst beerdigt worden. So auf dem Osianderplatz vor dem Franziskaner und im Münster oder der Benediktinerkirche. Im Münster selbst wurden bei einer Grabung in den 1980-er Jahren die Gebeine von 494 Menschen gefunden, die zuerst in der Benediktinerkirche ihre Ruhestätte fanden. Hier allerdings war das Klima so schlecht für die Gebeine, dass man sie bei einem Landwirt zwischenlagerte, bis dieser vor wenigen Jahren für eine Umsiedlung auf den heutigen Friedhof sorgte.

Christiane Lehmann (rechts) mit der interessierten Gruppe vor dem Grab des Chorleiters Ewald Huth, der unter den Nazis denunziert und ...
Christiane Lehmann (rechts) mit der interessierten Gruppe vor dem Grab des Chorleiters Ewald Huth, der unter den Nazis denunziert und hingerichtet worden war.

Und auf diesem zählt man heute nahezu 11 000 Gräber, rund 6500 davon in der Erde, die anderen in Urnen. Die erste Urnenwand an der Altstadtquelle wurde 1965 eingerichtet. Mittlerweile, so erläutert Christiane Lehmann, würden rund zwei Drittel der Bestattungen in Urnengräbern bestattet, seit 2005 gibt es auch in der Doppelstadt die gern genutzte Urnenbestattung unter Bäumen.

Direkt nach der Altstadtquelle findet man den Rosenstein eines hier im Jahr 1928 beerdigten Mannes namens Dominik Ummenhofer. Keine Berühmtheit sei er gewesen, erläutert Christiane Lehmann, dennoch sei der Stein aufwändig gestaltet worden und wird heute noch von der Friedhofsverwaltung gepflegt. So wie das auch mit den Ehrengräber geschieht, die man allenthalben auf dem Friedhof findet, seien es die des ehemaligen Bürgermeisters Osiander oder des Oberförsters Ganter.

Das Wasser der Altstadtquelle symbolisiert auf dem Friedhof einen nicht immer einfachen Lauf des Lebens.
Das Wasser der Altstadtquelle symbolisiert auf dem Friedhof einen nicht immer einfachen Lauf des Lebens.

Immer hat Christiane Lehmann auch eine passende Geschichte oder Anekdote zu erzählen – von dem Verfasser des Romanes Ratzennest Albert Neugart und dem Kunstmaler Albert Säger genauso wie von dem ehemaligen Glockengießer Grüninger. Sie erzählt aber auch die Geschichte einer kleinen Hecke an der Kapelle. Die wurde erst vor wenigen Jahren nach dem Brand der Kreuzigungsgruppe hier angelegt und soll verhindert, dass weiterhin zu viele Kerzen zu nahe an der Mauer abgestellt werden und sich ein weiterer solch fast schon kurioser Brand wiederholen kann. Auch sehr ernste Hintergründe werden aufgeklärt. So wie die Geschichte der 39 jugoslawischen Zwangsarbeiter, denen hier nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ehrenmal gewidmet wurde. Oder die berührende Geschichte vor der Grabstelle des einstigen Villinger Chorleiters Ewald Huth, der 1944 aufgrund seiner kritischen Haltung dem Naziregime gegenüber denunziert, inhaftiert und hingerichtet worden war.

Schließlich hat Christiane Lehmann noch einen ganz praktischen Tipp angesichts der neu eingerichteten Urnenstelengräber. "Wenn sie Interesse an diesen haben, dann bekommen sie bei der Friedhofsverwaltung alle Informationen hierzu wie auch zu allen anderen Formen der Beerdigung". Da spätestens wird einem bewusst, dass das Sterben auch mit einem selbst zu tun hat. Das man früher später selbst damit zu tun haben wird. Garantiert.
 

Bereich für Moslems

Im hinteren Teil des Friedhofes gibt es seit 2001 zudem einen Platz, an dem Moslems ihrem Glauben gemäß bestattet werden können und in der Leichenhalle einen besonderen Raum für die rituelle Waschung des Leichnams. 2014 wurde darüberhinaus das Bestattungsrecht geändert, so dass muslimische Tote statt im Sarg in einem Leintuch beerdigt werden können.