Das Oberzentrum will ein Karussell in die Innenstädte von V und S platzieren. Für die Kleinen und ihre Eltern. Für den Handel außerdem, weil das Einkaufsziel VS attraktiver werden soll.

Aber es ist gar nicht so einfach mit der schönen Idee. Erst garniert die Stadtverwaltung das Projekt mit DIN-Normen und Vorschriften aller Art, dann dreht der Gemeinderat eine ausführliche Runde zum Thema.

Danach steht fest: V und S sollen ein City-Karussell bekommen, das Wann und Wie scheint aber völlig offen. Schließlich sind da ja noch diese gesetzlichen Auflagen im Weg. Schafft VS den Hürdenlauf für mehr Kinderspaß bei der Shopping-Tour?

VS will für die City ein Karussell. Das Projekt wirkt wie ein Hindernislauf. Unser Bild stammt nicht aus der Villinger Rietstraße ...
VS will für die City ein Karussell. Das Projekt wirkt wie ein Hindernislauf. Unser Bild stammt nicht aus der Villinger Rietstraße sondern von der Leichtathletik-WM in Peking 2015. | Bild: Michael Kappeler, dpa

Das Verblüffende an der Geschichte: Das Karussell ist klein. Klitzeklein eigentlich. 1,50 Meter im Durchmesser bietet es Platz für ein paar wenige Kinder – zusammenrücken, bitte. Dennoch gibt es drei Hindernisse zu überwinden.

  • Hindernis eins: Die Innenstädte sind schon relativ dicht bestückt mit Bänken, Papierkörben und Fahrradständern. Völlig ernsthaft muss deshalb krampfhaft von der Verwaltung nun ein Suchlauf gestartet werden, wo überhaupt noch Platz sein könnte.
  • Hindernis zwei: Im Gemeinderat wird eine Fallzone angesprochen. Diese sei erforderlich, falls Kinder aus dem Karussell geschleudert werden, erläutert eine Rathausmitarbeiterin. Das alte Karussell war einfach im Boden verankert – basta. Keine Fallzone weit und breit. Für das 1,50 Meter breite Karussell geht die Stadtverwaltung von einem erforderlichen Sicherheitsdurchmesser „von sechs Metern am gewünschten Standort in der Rietstraße“ aus.
  • Hindernis drei: Der Winterdienst muss daran vorbeifahren können. Da wandelt sich der Weg zur Problemlösung vom Hürdenlauf zum Slalom.
Ulrike Heggen
Ulrike Heggen | Bild: privat

Im Gemeinderat kommt immer mehr Unruhe auf. Freie-Wähler-Stadträtin Ulrike Heggen meldet sich zu Wort und meint, zuallererst heiße es ja schließlich, „Eltern haften für ihre Kinder“. Das Nein der Verwaltung zum Beitrag erfolgt scheppernd. Rathausjuristin Feger klärt auf: Verantwortlich sei, wer mit einem Bauwerk eine mögliche Gefahrenquelle schaffe.

Weil im Rat mittlerweile immer mehr geflachst wird, meldet sich Bürgermeister Bührer zu Wort, der Chef über alle Bauämter sagt: „Wir wollen hier keine K.O.-Kriterien streuen.“

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Ein Versuch der CDU, das Karussell aus der Innenstadt hinaus auf den weichen Rasenboden der Anlagen vor die Stadtmauer zu debattieren, platzt sofort. Steffen Ettwein, Initiator des Freie-Wähler-Antrags, faucht nun auch ein Nein ins Forum. Der Sinn des Vorstoßes sei es, die Innenstadt zu beleben und nicht das Drumherum.

Ulrike Merkle
Ulrike Merkle | Bild: SK

Nur die Grünen schaffen es mit Ulrike Merkle, in wenigen Sätzen rundweg Zustimmung für das Vorhaben zu erklären. Ja, sagt sie, ein Karussell sei attraktiv und könne die Aktivierungsziele für die Stadt begünstigen. Punkt.

Ist die Stadt fit für große Aufgaben

Ukrike Heggen grantelt mittlerweile. „Bekommen wir eigentlich etwas Großes hier gebacken, wenn wir Kleinigkeiten hier derart debattieren. Auf ihr Ping folgt sofort das Pong des Oberbürgermeisters: „Demokratie braucht Kraft.“ Dieses Pingpong schiebt die Debatte nun endgültig in die Kategorie Real-Satire.

Andreas Flöss
Andreas Flöss | Bild: Freie Wähler

Freie-Wähler-Chef Andreas Flöß versucht, noch ein Sahnehäubchen hinzuzufügen. Der städtische Forst, so holt er aus, betreibe ja am Salvest auch ein Karussell, das viel größeren Durchmesser habe. Er könne an diesem Spielgerät „keine Fallzone erkennen und deshalb sei die Frage zu stellen, wie dieser Ort der Kinderbelustigung überhaupt seit Jahren“ ungestört ganze Familien nach dem Spaziergang kreiseln lassen könne. „Gilt im Wald keine DIN-Norm“, stichelt Flöß, dessen spitze Frage überhaupt nicht beantwortet wird.

Klaus Martin
Klaus Martin | Bild: Trippl, Norbert

Dann ergreift Klaus Martin das Wort. Der CDU-Fraktionssprecher ist entnervt. Weil es ihm stinkt, dass mittlerweile in der Diskussion auch die Kosten des Vorhabens seitens der Rathaus-Mannschaft von einem Haushaltsposten zum nächsten geschoben werden, fordert er: „Vertagung! Wegen Unklarheit.“

Großes Finale

Roth reagiert sofort auf seine Parteifreund und lässt abstimmen. Der Antrag scheitert bei 23 Gegenstimmen, die Karussell-Debatte im Rat kann sich weiterdrehen.

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Es geht noch hin und her, zum Beispiel mit dem Wunsch der AfD, auch im Schilterhäusle ein Karussell zu installieren. Der Antrag scheitert. OB Roth versucht zu ordnen, was kaum mehr einzufangen scheint.

Dann geschieht das Wunder: Der Rat stimmt ab. Ein Karussell für Villingen, eins für Schwenningen. Ort: Jeweils die Fußgängerzone. Und mutig terminiert: Der Bau soll schon 2023 umgesetzt werden. Niemand hat im Rat etwas von Lieferschwierigkeiten gesagt.

Vorerst das Wow-Fazit: VS kann Karussell. Und damit natürlich auch alles andere.

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