Allgemeinverfügung der Stadt Villingen-Schwenningen

über die Einschränkung privater Veranstaltungen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2

Die Stadt Villingen-Schwenningen erlässt aufgrund von § 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutz­gesetz (IfSG), § 1 Abs. 6 Satz 1 der Verordnung des Sozialministeriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz, § 20 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona- Verordnung – CoronaVO) sowie § 35 Satz 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) folgende Allgemeinverfügung:

1. Die Durchführung privater Veranstaltungen (wie beispielsweise Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern) in allen Räumlichkeiten, die zu diesem Zweck vermietet oder sonst zur Verfügung gestellt werden (u. a. in Restaurants oder dafür gewerbsmäßig vermieteten Räumen) mit mehr als 50 Teilnehmenden wird untersagt.

Bei der Bemessung der Teilnehmerzahl bleiben Beschäftigte außer Betracht.

2. Die Durchführung von privaten Veranstaltungen in privaten Räumen (wie insbesondere Wohnräume) mit einer Teilnehmerzahl über 25 Personen wird untersagt.

3. Ausnahmen von den Regelungen der Ziffern 1 und 2 können aus wichtigem Grund im Einzelfall, insbesondere wenn das öffentliche Interesse an der Durchführung der Veranstaltung überwiegt, erteilt werden.

4. Für die Nichtbefolgung der Ziffern 1 und 2 dieser Verfügung wird die Anwendung von unmittelbarem Zwang angedroht.

5. Diese Allgemeinverfügung tritt außer Kraft, sobald der Schwellenwert von 35 neu gemeldeten SARSCoV-2-Fällen pro 100.000 Einwohner in den vorangehenden sieben Tagen (7-Tage-lnzidenz) innerhalb des Landkreises Schwarzwald-Baar unterschritten oder derselbe Schwellenwert von 50 überschritten wird.

I. Begründung

Sachverhalt:

Nach dem Stufenkonzept der Landesregierung (‘Landeskonzept zum Umgang mit einer zweiten SARS-CoV-2-lnfektionswelle‘) geht mit einer 7-Tages-lnzidenz von 35 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern ein starker Anstieg der Fallzahlen mit diffusen, häufig nicht mehr nachvollziehbaren Infektionsketten einher.

Im Landkreis Schwarzwald-Baar sind die Fallzahlen so stark angestiegen, dass die 7-Tages- Inzidenz innerhalb weniger Tage auf über 35 pro 100 000 Einwohner gestiegen ist. Es besteht somit nicht mehr nur die Gefahr einer Ansteckung durch Personen aus den Risikogebieten, vielmehr liegt jetzt ein erhöhtes regionales Risiko vor, sich mit dem SARS-CoV~2 Virus zu infizieren Häufig erfolgte eine Identifizierung von größeren Feiern im Familien- und Freundes­kreis als Infektionsquellen (siehe Lagebericht des RKI vom 22 09 2020) Eine Übertragung in Innenräumen ist zudem wahrscheinlicher als im Freien Auch der Beschluss von Bund und Ländern vom 29 09 2020 hebt hervor, dass bei einem ansteigenden Infektionsgeschehen insbesondere Maßnahmen wie Beschränkungen für private Veranstaltungen zu erlassen sind.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) als konzeptionierende Stelle im Sinne des § 4 IfSG empfiehlt als geeignete Gegenmaßnahmen zuvorderst die Einhaltung geeigneter Hygienemaßnahmen, Kontaktreduktion und den Schutz besonders vulnerabler Personengruppen (vor allem älterer oder vorerkrankter Personen) Auf Grund der vorliegenden epidemiologischen Zusammen­hänge steht zu vermuten, dass ein Eintrag des Virus in den Landkreis Schwarzwald-Baar hauptsächlich durch Personen mit Aufenthalt in einem der Risikogebiete oder durch Kontakt­personen zu bestätigten Fällen zu Stande kam Das RKI gibt derzeit als hauptsächlichen Übertragungsweg des Virus SARS-CoV-2 die Tröpfcheninfektion an Auch Schmierinfektionen sind möglich. Die Inkubationszeit des Virus beträgt laut RKI 14 Tage. Es ist nach den vor­liegenden Erkenntnissen möglich, dass Personen das Virus in sich tragen und bereits aus- scheiden (die Personen also infektiös sind), nach bevor erste Symptome auftreten Es gibt daher Falle, in welchen die betreffende Person (insbesondere bei Kindern) mangels Symptomen keine Kenntnis von ihrer Erkrankung hat Ein Impfstoff oder die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung des Virus SARS-CoV-2 existieren derzeit noch nicht Bei einer unkontrollierten Ausbreitung ist in kurzer Zeit mit einer hohen Anzahl behandlungsbedürftiger Personen mit schweren und kritischen bis hm zu tödlichen Krankheitsverläufen zu rechnen Es droht daher die Gefahr, dass die Strukturen der Gesundheitsversorgung durch den gleich­zeitigen starken Anstieg an Patienten mit ähnlichem Behandlungsbedarf überlastet werden.

Rechtliche Würdigung.
Die Landesregierung hat mit Verordnung vom 23 Juni 2020 (in der jeweils gültigen Fassung) auf Grund von § 32 i V m. §§ 28 bis 31 IfSG infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (CoronaVO) angeordnet Gemäß § 20 Abs 1 CoronaVO können die zuständigen Behörden weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen treffen.

Die Allgemeinverfügung beruht auf § 28 Abs 1 Satz 2 IfSG i V m § 1 Abs 6 der Verordnung des Sozialmimsteriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz Baden- Württemberg (IfSGZustV BW)

Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 IfSGZustV BW ist die Ortspolizeibehorde zuständig für den Erlass der getroffenen Allgemeinverfügung.

Gemäß § 28 Abs 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde, wenn Kranke, Krankheits- verdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider im Sinne des § 2 Nr 4 bis 7 IfSG fest­gestellt werden, u a Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschranken, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Der Anwendungsbereich ist nach den vorliegenden Erkenntnissen eröffnet Denn das Virus SARS-CoV-2 hat sich im Landkreis Schwarzwald-Baar bereits verbreitet, sodass Personen im Sinne des § 2 NR 4 bis 7 IfSG festgestellt wurden Im Landkreis Schwarzwald-Baar ist mittlerweile die 7-Tages-lnzidenz von 35 Neuinfizierten pro 100 000 Einwohner an mehreren Tagen überschritten. Aufgrund der sich dynamisch entwickelnden Lage bei COVID-19 Erkrankungen sieht die Stadt Villingen-Schwenningen die Notwendigkeit, weitergehende kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen, auch um besonders vulnerable Gruppen zu schützen Zweck der Allgemeinverfügung ist es, die Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus zu verlangsamen, Infektionsketten zu unterbrechen und die Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung aufrecht zu erhalten.

Die getroffene Allgemeinverfügung ist verhältnismäßig

Ist eine Infektion der Teilnehmer einer Veranstaltung wahrscheinlich, so stellt das Verbot der Veranstaltung ein geeignetes Mittel dar, um eine Verbreitung der Virusinfizierung und des damit möglichen Ausbruchs der Atemwegserkrankung COVID-19 zu verhindern. Durch die Beschränkung der Teilnehmerzahl an privaten Veranstaltungen auf 50 Personen in allen Räumlichkeiten, die zu diesem Zweck vermietet oder sonst zur Verfügung gestellt werden und auf 25 Personen in privaten Räumen wird die Zahl der möglichen Kontaktpersonen und dadurch das Ausbreitungspotential des Erregers limitiert Die Infektionsketten werden verlangsamt und möglichst unterbrochen. Damit soll sichergestellt werden, dass nur eine möglichst geringe Anzahl an Menschen infiziert wird oder zu potentiellen Kontaktpersonen einer infizierten Person wird Dies ist nach den Erkenntnissen des RKI durch Kontaktbeschränkungen erreichbar.

Mildere gleich geeignete Mittel z B durch die Anordnung von geringeren Beschränkungen kommen nicht in Betracht Insbesondere reichen derzeit, wie das oben dargestellte aktuelle Infektionsgeschehen zeigt, die sich aus der CoronaVO angeordneten Pflichten nicht aus, um die Übertragung zu verringern. Die Beschränkung der Teilnehmerzahl reduziert die Anzahl der möglichen Kontakte von vornherein Die Effektivität milderer Maßnahmen wie dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder dem Anfertigen von Teilnehmerlisten oder der Beschränkung auf negativ getestete Teilnehmende hinge hingegen maßgeblich vom Verhalten der Teilnehmenden ab.

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