Seit Wochen wird in Tannheim, Weilersbach und Rietheim erhitzt debattiert. Die Stadt will hier jeweils die angestammten Grundschulen schließen. Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU) hatte dazu einen offenen Brief verschickt, mit dem er die Aufwallungen in den drei Ortschaften beschwichtigen wollte.

VS-Oberbürgermeister Jürgen Roth.
VS-Oberbürgermeister Jürgen Roth. | Bild: Rüdiger Fein

Roth ließ wissen, es sei noch nichts entschieden, alles sei offen.

Ist wirklich noch alles offen und nicht entschieden?

Nun kommt heraus: Intern ist dazu wohl nicht mehr allzu viel offen. Im Entwurf des Schulentwicklungsplans steht schwarz auf weiß:

Zitatanfang.
„Empfehlung der Verwaltung: Das Gremium beschließt die räumliche und organisatorische Zusammenführung der Grundschulen Rietheim, Tannheim und Pfaffenweiler am Standort Grundschule Pfaffenweiler und die Aufgabe der Standorte Grundschule Rietheim und Tannheim zum nächstmöglichen Zeitpunkt sowie die damit verbundene Anpassung der Grundschulbezirke Rietheim, Tannheim-Herzogenweiler und Pfaffenweiler. Das Gremium beschließt die Verlagerung des Horts an der Schule in Rietheim an den erweiterten Schulstandort in Pfaffenweiler.“
Zitatende.

Finale und kategorisch anmutende Positionierung des Rathauses

Auch diese Seite des Gesamtplans ist mit der Vokabel „Entwurf“ überschrieben. Die Einschätzung der Behörde zur vorgeschlagenen Vorgehendweise klingt jedoch final und unmissverständlich.

Ebenfalls im Entwurf zum Schulentwicklungsplan, mit dem die Stadt mittel- bis langfristig ihre Bildungsangebote zu sortieren versucht, ist von einem Schulneubau die Rede. Dieser soll am Lämmlisgrund platziert werden.

Bild 2: Geheim-Plan bekommt Konturen: Besiegelt ein Schul-Neubau das Ende für drei Villinger Dorfschulen?
Bild: Ellen Knopp

Dort entwickelt die Stadt aktuell ein Neubaugebiet. Dieses schließt sich nahezu direkt an das über Jahrzehnte schlecht verkaufte Gebiet Schilterhäusle an. Das Quartier Lämmlisgrund zeigt sich bis zur Straße, die vom Schwalbenhaag kommend am BMW-Kreisel vor dem Neuen Markt mündet.

„Sozialräumliche Lücke“ im Schilterhäusle als Antrieb

Der Neubau der Schule wird einerseits mit dem steigenden Bedarf an Schulplätzen im Zentralbereich begründet. Andererseits heißt es aber wörtlich und vielsagend in dem Papier: “Im Zentralbereich, vor allem im Stadtviertel Schilterhäusle, besteht bei Umsetzung des Neubaugebiets Lämmlisgrund eine sozialräumliche Lücke.“

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An Fakten liefert das Rathaus diese Prognosen ab: „Zum Schuljahr 2028/2029 sind 146 Fehlplätze im Zentralbereich prognostiziert. Die Fehlplätze sinken bis im Schuljahr 2031/2032 auf 116. Diese könnten durch eine zweizügige Grundschule im Neubaugebiet Lämmlisgrund aufgefangen werden“, heißt es wörtlich. Es wird erwartet, dass der Schulneubau nahe an der Europaallee und damit auch nahe zum Schilterhäusle platziert wird.

Dem Wohngebiet Schilterhäusle zwischen Villingen und Schwenningen wird von der Stadtverwaltung eine „sozialräumliche Lücke“ ...
Dem Wohngebiet Schilterhäusle zwischen Villingen und Schwenningen wird von der Stadtverwaltung eine „sozialräumliche Lücke“ attestiert. Ein Schulneubau soll das kitten helfen. | Bild: Hahne, Jochen

In der Vergangenheit täuschten sich Behörden mit solchen Einschätzungen teils massiv. Vor etwa 15 Jahren wurde ein rapider Rückgang der Schülerzahlen vorausgesagt. Tatsächlich entwickelte sich auch in dieser Region das genaue Gegenteil. Unter anderem spielten hierbei Faktoren wie die internationalen Flüchtlingsbewegungen eine große Rolle. Derzeit baut sich mit dem Krieg um die Ukraine erneut ein Groß-Faktor auf, der alle Planungen durcheinanderwirbeln könnte.

Eine VS-Behörde verwaltet Kitas und Schulen

Verantwortet werden die aktuellen Einschätzungen zu den Schülerzahlen vom Schulamt der Stadt Villingen-Schwenningen.

Amtsleiter Stefan Assfalg.
Amtsleiter Stefan Assfalg. | Bild: Stadt Villingen-Schwenningen

Amtsleiter Stefan Assfalg ist in seiner Behörde auch verantwortlich für die Situation bei der städtischen Versorgung mit Kindertagesstätten, seit Jahren für VS-Eltern ein Ärgernis.

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Jetzt droht der Stadt auch die nächste Zuspitzung. Seit Wochen sind die Eltern mit Kundgebungen, Transparenten und Online-Votings aktiv, um ihre Einrichtungen im Ort erhalten zu können.

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Sie erfahren nun strukturell eine gewichtige Unterstützung durch den Gesamtelternbeirat (GEB). Das Gremium moniert an die Adresse der Stadt, nicht frühzeitig eingebunden gewesen zu sein. Sollte OB Roth die Schließungen dennoch dem Rat zur Abstimmung bringen, kündigt GEB-Vorsitzender Tino Berthold bereits jetzt den Gang vor das Regierungspräsidiums an. Dort will er in einem Schlichtungsverfahren verhindern, dass die Stadt die drei Dorfschulen in Tannheim, Rietheim und Weilersbach aufgibt.

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