Jetzt wird es richtig ernst: In Villingen-Schwenningen geht der Gesamtelternbeirat (GEB) aller Schulen gegen die Stadtverwaltung in Position. In einem Brief, der dieser Redaktion vorliegt, werden dem Rathaus grundlegende Mängel und fehlerhaftes Vorgehen bei den durch Medienberichte öffentlich gewordenen Schließungs-Erwägungen zu drei Dorfschulen des Oberzentrums vorgeworfen.

Tino Berthold, Vorsitzender des Gesamtelternbeirates, auf einem Bild von 2018.
Tino Berthold, Vorsitzender des Gesamtelternbeirates, auf einem Bild von 2018. | Bild: Kevin Rodgers (Archiv)

Das Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, stellt die Vorgehensweise des städtischen Schulamtes und auch des Vorsitzenden des Gemeinderates in Frage. Der Brief, der von dem GEB-Vorsitzenden Tino Berthold gezeichnet ist, wurde vor Fastnacht ans die Stadtverwaltung und an die Stadträte versandt. Berthold vertritt in Villingen-Schwenningen etwa 10.000 Eltern.

Rückblick: Stellungnahme des Oberbürgermeisters vom 7. Februar

Kernvorwurf an das Rathaus: Die Stadtverwaltung habe den Gesamtelternbeirat viel zu spät in Kenntnis gesetzt. Tatsächlich habe die Verwaltung hier ihre Pflichten, wie Berthold in seinen Ausführungen schriftlich darlegt.

Nur Zeitraum von 14 Tagen für Stellungnahme

Wörtlich heißt es in Bezugnahme auf eine erbetene Stellungnahme der Eltern-Repräsentanz: „Da das Amt für Jugend, Bildung, Integration und Sport uns nur einen Zeitraum von 14 Tagen zu einer Stellungnahme einräumte, konnten wir uns nur auf die grundlegenden Dinge konzentrieren.“ Dem Gesamtelternbeirat der Schulen in VS sei der Entwurf der Schulentwicklungsplanung für die Grundschulen erst am 28. Januar 2022 zur Kenntnis übermittelt worden.

Die Grundschule in Rietheim:
Die Grundschule in Rietheim: | Bild: Hans-Juergen Goetz

Damit nicht genug, Berthold weiter: „Nun haben wir festgestellt, dass verschiedenen Schulleitungen dieser Entwurf schon im September 2021 vorgelegt wurde und fragen, warum der GEB erst ein halbes Jahr später informiert wurde.“ Der oberste Elternsprecher Villingen-Schwenningens weiter: „Eine kooperative Zusammenarbeit bei der Erstellung der Schulentwicklungsplanung wurde so von Seiten der Stadt Villingen-Schwenningen unterbunden.“

Schulkonferenz muss frühzeitig informiert werden

Und schließlich Bertholds Schlussfolgerung: „Eine Bearbeitung und Abstimmung im Gemeinderat ist so nicht möglich.“ Diese Feststellung, die Bertold nach Rücksprache mit etlichen Fachleuten getroffen haben will, basiere auf dem Regelwerk des Schulgesetzes des Landes. Demnach müsse die Schulkonferenz in die Vorbesprechung von solchen Entscheidungen vorab einbezogen werden. Er als Vorsitzender des GEB sei Mitglied der Schulkonferenz, die nicht einbezogen worden sei, so Berthold weiter. Er betont: Nach Paragraf 4a des Landesschulgesetzes besitze die Schulkonferenz in solchen Fällen „praktisch ein Vetorecht“.

Die Grundschule in Weilersbach.
Die Grundschule in Weilersbach. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Berthold bricht die Abläufe aber noch weiter herunter auf die Ebene der von den Schließungsüberlegungen betroffenen Schulen in Weilersbach, Rietheim und Tannheim. Nach Paragraf 57, Ansatz 2, sollte auch „der Elternbeirat gehört werden, bevor der Schulleiter Maßnahmen trifft, die für das Schulleben von allgemeiner Bedeutung sind“. Im Klartext: Auch die Schulen haben ein verbrieftes Mitspracherecht, ebenso wie die Eltern.

Grundlegende Einbindung erforderlich

Der GEB vertieft auch bei diesem Punkt seine Kritik und schreibt weiter: „Aus unserer Sicht beinhaltet das auch, dass der Schulträger nicht nur eine Stellungnahme einfordert, sondern uns bei der Ausarbeitung mit einbezieht.“

Die Grundschule in Tannheim.
Die Grundschule in Tannheim. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Berthold betont für das GEB-Gremium, „dass wir seit Jahren bei der Verwaltung nach dem Stand der Schulentwicklungsplanung nachgefragt haben und stets ausweichende Antworten erhalten haben“.

Ortschaften machen mobil

In Villingen-Schwenningen gab es bereits Kundgebungen und andere öffentliche Aktionen gegen die Planungen im Rathaus. In allen betroffenen Ortschaften stehen große Transparente mit der Aufschrift „Die Schule bleibt“.

Die Eltern lassen zu ihren drei Dorfschulen einen Videofilm drehen. Hier entsteht er im Februar in Tannheim.
Die Eltern lassen zu ihren drei Dorfschulen einen Videofilm drehen. Hier entsteht er im Februar in Tannheim. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Die Position des GEB ist in dem Schreiben eigentlich vollends klar. Dennoch heißt es am Schluss wörtlich: „Wir als Gesamtelternbeirat vertreten die Eltern des gesamten Bereiches des Schulträgers. Es ist Aufgabe, in Interesse unsere Eltern zu handeln und ihre Interessen zu vertreten.“

Grundlegende Kritik an diesem „Verwaltungsakt“

Grundsätzlich angeführt wird in den Ausführungen: „Dass Ortschaften, Schulleitungen und Eltern, welche am stärksten von dem Schulentwicklungsplan betroffen sind, als letzte informiert werden, ist aus unserer Sicht ein Verwaltungsakt, welcher in unserer demokratischer Grundstruktur schon längst überholt ist.“

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Sollte der Oberbürgermeister den Schulentwicklungsplan entgegen aller Widerstände in den Gemeinderat zur Abstimmung bringen, teilt Tino Berthold schriftlich an den Vorsitzenden des Gemeinderates, Jürgen Roth, die weitere Vorgehensweise mit. Wird „der fertige Schulentwicklungsplan vorgestellt und geht zur Abstimmung in den Gemeinderat, so vertreten wir in diesem Fall die Interessen der Eltern und werden vor dem Regierungspräsidium wegen aus unserer Sicht Missachtung des Schulgesetzes des Landes den Gemeinderatsbeschluss anfechten“.

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Berthold bevorzugt aber einen anderen Weg als den der völligen Konfrontation. „Der Schulentwicklungsplan für die Grundschulen wird neu und mit Teilnahme aller schulischen Gremien aufgelegt. „Es sollte auch dann nichts dagegen sprechen, Teile des jetzigen Entwurfs in die Neufassung mit einfließen zu lassen.“

Gedankenaustausch am 15 März in Tonhalle

OB Roth will am 15. März, 19 Uhr, in der Villinger Tonhalle in Form eines „Gedankenaustausch des Gemeinderates im Rahmen der Schulentwicklungsplanung“ das Thema debattieren lassen. Hier sollen auch Ortschaften und Schulen zu Wort kommen.

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