Die Videoaufnahmen sind verstörend. Es knallt, es kracht. Der Mann hebt den Pflasterstein immer wieder auf, wirft ihn mit voller Wucht gegen die Scheiben von „Leo‘s Bar“ in der Villinger Färberstraße. Einmal ringsum, keines der Erdgeschossfenster bleibt verschont.
Passanten laufen vorbei, sehen zu, dass sie schnell weiterkommen. Mehr als eine Minute geht das so. „Polizei!“ schallt es plötzlich. Vier Beamte laufen auf den Mann zu, er legt sich auf den Boden, die Hände auf dem Rücken, Handschellen klicken.
Nachbarn filmen mit dem Handy
„Das“, sagt Leonard Mala, „hat sich am Montagnachmittag hier abgespielt.“ Gleich zwei Nachbarn haben den Angriff mit ihrem Handy gefilmt. Seit mehreren Wochen tyrannisiere der scheinbar psychisch kranke Mann mehrere Kneipen in der Färberstraße. Darunter auch „Leo‘s Bar“.

Am Tag nach der Stein-Attacke sind die Fensterscheiben provisorisch mit Pappkartons geflickt. Auch die Eingangstür hat mehrere Steinwürfe abbekommen. „Zum Glück habe ich Sicherheitsglas“, sagt Mala. Sein Handy klingelt: „Die Versicherung, ich muss kurz dran.“
Normale Scheiben hätte den Pflastersteinen nicht standgehalten. Mala selbst war zum Zeitpunkt des Angriffs in seiner Bar und schloss sich ein, als die Steine gegen die Scheiben krachten.
„Er macht überall Stress“
Was ist da los in der Färberstraße? „Der Mann ist seit ein paar Wochen hier unterwegs“, schildert Mala, der seine Bar seit drei Jahren betreibt. „Ich kenne ihn persönlich nicht, aber er macht überall Stress.“ In mehreren Kneipen habe er bereits Hausverbot. Die Polizei komme zwar, nehme ihn mit, oder erteile ihm einen Platzverweis. Mehr passiere aber nicht, wenig später sei er wieder unterwegs.
Am direkt neben der Bar gelegenen Kebapstand habe der Mann – Mala schätzt ihn auf Mitte 20 bis Mitte 30 – nach einem Messer gefragt, aber natürlich nicht bekommen. „Vermutlich wollte er damit auf mich losgehen.“ Erst wenige Tage zuvor habe der Mann eine Frau in einem Eiscafé in der Niederen Straße angegriffen.

Von anderen Wirten wisse er, dass schon mehrere Strafanzeigen gegen den Mann erstattet wurden. Erst am vergangenen Wochenende sei er nachts abgeführt worden, nachdem es zu Streitereien und Beleidigungen gekommen sei. „Er hat mich am Samstag beleidigt und ist dann in die nächste Kneipe verschwunden“, schildert Can Sahan, der regelmäßig in der Färberstraße und auch in Malas Bar Gast ist. Er habe daraufhin die Polizei gerufen. Diese habe den Mann aus einer benachbarten Kneipe geholt und sein Fahrrad später abtransportiert.
„Wer ist der Chef? Wer hat hier was zu sagen?“
Mala will nach der Attacke auf seine Bar nun auch unter der Woche Türsteher beschäftigen, was sonst nur am Wochenende der Fall sei. Er sorgt sich auch um seine Angestellten im Service, die – wie die meisten in der Gastronomie – weiblich sind.
Angst vor dem Messer im Rücken
Einer der ersten, der mit dem aggressiven Mann zu tun hatte, war der Türsteher einer anderen Färberstraßen-Kneipe. „Er kam zu uns herein und schrie herum: ‚Wer ist der Chef? Wer hat hier was zu sagen?‘ Ich habe ihn dann rausgeworfen“, schildert der Mann. Er möchte seinen Namen nicht nennen. „Ich habe Angst, dass ich sonst demnächst ein Messer im Rücken habe.“
„Er ist psychisch angeschlagen.“Jörg Kluge, Polizeisprecher
Bei der Polizei ist der Steinewerfer kein Unbekannter. Er sei in den vergangenen Wochen tatsächlich mehrfach in Erscheinung getreten, bestätigt Polizeisprecher Jörg Kluge auf Anfrage. Und bestätigt: „Er ist psychisch angeschlagen.“ Die Angriffe hätten sich stets gegen Personen gerichtet, mit denen er direkt zu tun hatte. Unbeteiligte seien nicht angegangen worden.
Seit Anfang Oktober sei der in Villingen wohnhafte Mann mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten. In einem Eiscafé in der Niederen Straße soll er eine Angestellte beleidigt und gestoßen haben, Nachbarn beschwerten sich wegen Ruhestörungen.
Fahrrad wird herumgeworfen
Beim Kauf eines Autos kam es in einem Geschäft in der Färberstraße zum Streit mit dem potenziellen Handelspartner. Dabei habe der Mann sein Fahrrad, das er mit in den Laden genommen hatte, herumgeworfen und dabei Mobiliar beschädigt. Auch soll es bei dem Streit zu Handgreiflichkeiten gekommen sein.