Ein großer Haufen Steine und Staub. Das ist alles, was vom früheren Sexkino Wali in der Villinger Waldstraße übrig geblieben ist. Davor hieß das vordere Gebäude Waldschlößle. Es war damals eine bekannte Gaststätte, in der sich Vereine trafen, aber auch viele Villinger, die begeistert das Tanzbein schwangen.

Eine Postkarte aus dem Archiv des Villingers Manfred Hildebrandt zeigt das Waldschlößle an der Villinger Waldstraße
Eine Postkarte aus dem Archiv des Villingers Manfred Hildebrandt zeigt das Waldschlößle an der Villinger Waldstraße | Bild: Postkarte, eingescannt/Archiv: Manfred Hildebrandt

Was übrig bleibt sind Erinnerungen: Viele stehen derzeit vor dem Trümmerberg und blicken zurück. Das tut auch Maria Brielmann, die uns aus Rielasingen-Worblingen einen Brief schreibt. „Das Waldschlößle erweckt in mir Erinnerungen aus meiner Kindheit“, beginnt sie.

Der Anbau ist typisch für das Waldschlößle in der Villinger Waldstraße.
Der Anbau ist typisch für das Waldschlößle in der Villinger Waldstraße. | Bild: Postkarte, eingescannt/Archiv: Manfred Hildebrandt

Brielmann wuchs in der Waldstraße auf, der Vater sei jahrelang Stammgast im Waldschlößle gewesen, das auch als Vereinslokal des FC 08 bekannt war. Ein Slogan des FC 08 sei ihr noch gut in Erinnerung geblieben: „Nach dem Spiel ins Waldschlößle!“ Immerhin lag der damalige Fußballplatz des FC 08 nicht weit entfernt – auf dem Areal des heutigen Möbelhauses Roller an der Sebastian Kneipp-Straße.

Unter anderem als Vereinslokal des FC 08 wurde das „Waldschlößle“ bekannt.
Unter anderem als Vereinslokal des FC 08 wurde das „Waldschlößle“ bekannt. | Bild: Archiv Hildebrandt, Manfred

Außerdem erinnert sie sich noch sehr gut an die schönen Weihnachtsfeiern des VdK nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wir waren als Kinder der Mitglieder eingeladen.“ Ihre Mutter war selbst Aushilfsbedienung. „Wie daheim“ hätten sich die Stammgäste gefühlt.

Die erste Erwähnung des „Waldschlößle“ geht auf das Jahr 1898 zurück.
Die erste Erwähnung des „Waldschlößle“ geht auf das Jahr 1898 zurück. | Bild: Stadtarchiv Villingen-Schenningen

Das war also in den 1950er Jahren. Doch die Geschichte des Waldschlößle ist viel älter. Auskunft gibt darüber ein Besuch im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen. Archivmitarbeiter Dieter Baumann hat einige Akten gefunden, die älteste stammt aus dem Jahr 1898.

Älteste Unterlage aus dem Jahr 1898

Die handschriftlichen Aufzeichnungen sind schwer zu entziffern, doch Dieter Baumann liest routiniert vor: „Gesuch des Bierbrauereibesitzers Johann Baptist Schilling hier um Erlaubnis einer Schankwirtschaft mit Branntweinausschank in der Waldstraße zu betreiben.“ Das war am 28. Januar 1898, in diesem Jahr dürfte das Gebäude auch errichtet worden sein.

Größter Bierbrauer Villingens

Schilling war zu dieser Zeit in Villingen kein Unbekannter. Er besaß mit der Kronenbrauerei die größte Brauerei Villingens, die in der Villinger Kronengasse beheimatet war.

Diese Postkarte zeigt den Blick auf die Waldstraße, rechts das Waldschlößle.
Diese Postkarte zeigt den Blick auf die Waldstraße, rechts das Waldschlößle. | Bild: Postkarte, eingescannt/Archiv: Manfred Hildebrandt

Die Gaststätte wurde im Laufe der Zeit immer beliebter, vor allem nachdem sie auch die Vereine für sich entdeckten. Anfang Februar 1926 feierte der Skiclub darin seine Fastnachtsunterhaltung, die Polizeistunde war ohnehin schon auf 4 Uhr verlängert. Als es um 4.30 immer noch her ging, suchten zwei Schutzmänner die Gaststätte auf, nur um festzustellen, dass immer noch „Speisen und Getränke verabreicht wurden“, wie es im Bericht der Polizei heißt.

Doch es kommt noch schlimmer

In einem Nebenraum wurde eine Schlägerei gemeldet. Die zwei Polizisten wollten das Gebäude räumen, doch dann drohten die Streitenden, auch die Polizei anzugreifen. „Wir hielten unsere Gummiknüppel bereit, was bei den Gästen großen Unwillen erregte.“ Gegen den Willen des Wirtes wurde dann das Lokal geräumt.

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Beliebt war das Waldschlößle bei den Vereinen in den 1920er Jahren, um dort Tanzveranstaltungen zu organisieren. Doch auch dabei gab es oft Ärger, denn Nichtmitglieder dürfen bei solchen Tanzbelustigungen eigentlich nicht teilnehmen. Dann wurden einfach an alle Besucher Eintrittskarten ausgegeben, was dazu führte, dass zwischen 150 und 200 Personen im Saal feierten: viel zu viele.

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In den 1950er Jahren kam dann ein Kino hinzu. Der Überlinger Filmbetrieb Hellmuth Stange beantragte, dort Filme zeigen zu dürfen, weil „wertvolle deutsche Filme“ bisher in Villingen nicht vorgeführt werden konnten. Erst sehr viel später wurde daraus das Sexkino „Wali“.