Parfüm, Geschirr oder doch Gesellschaftsspiele? In der ersten Phase der Ausgangssperre, als seit Mitte Dezember viele kleine Fachgeschäfte ihre Pforten schließen mussten und nur im Internet oder mit einem Lieferdienst tätig werden konnten, hatte der Müller-Drogeriemarkt in Villingen ganz offen. Dann beschwerten sich viele, und das Unternehmen musste in Villingen sein Sortiment einschränken. Als wir darüber berichteten, erhielten wir im sozialen Netzwerk Facebook viele Reaktionen darauf. Immer wieder wiesen die Leser auf einen Umstand hin: Schwenningen hat uneingeschränkt offen, doch weshalb?

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Ja warum eigentlich? Das Sortiment ist doch ganz ähnlich wie in Villingen. Doch die Frage zu beantworten, ist nicht ganz einfach. Es fängt schon damit an, wer eigentlich zuständig ist: „Die Entscheidung darüber, welche Einzelhandelsbetriebe aufgrund der Corona-Verordnung zu schließen haben, erfolgt durch die Landkreisverwaltung“, erklärt die Sprecherin des Landratsamts, Heike Frank. Dabei wird das Landratsamt durch die Ortspolizeibehörden der Städte und Gemeinden unterstützt, das sind dann gewissermaßen die Zuträger.

Beim Müller ist entscheidend, dass dieser in die Kategorie Drogeriemarkt fällt und damit grundsätzlich öffnen darf. Doch längst sind diese Filialen keine reinen Drogerien mehr, die ausschließlich Artikel für den täglichen Bedarf verkaufen, sondern es werden eben auch weitere Produkte aus den Bereichen Multimedia, Schreib- und Spielwaren oder Schönheitspflege angeboten. Bei diesen Mischsortimenten greift ein weiterer Passus der Corona-Verordnung: Dann dürfen Sortimentsteile, deren Verkauf eigentlich nicht gestattet ist, doch verkauft werden, wenn der erlaubte Sortimentsteil überwiegt. Wenn also mehr reine Drogerieware als andere Artikel angeboten werden, darf ohne Einschränkungen geöffnet werden, sonst muss, wo möglich, begrenzt werden.

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Entscheidend sei demnach also die Quadratmeterzahl der Verkaufsfläche für die erlaubten Sortimentsteile, die sich in Villingen und Schwenningen unterscheiden, berichtet Frank weiter. Wie sich diese Flächen in Schwenningen ganz konkret zusammensetzen, wird aktuell erhoben und überprüft. Bis zur Entscheidung sind für die Müller-Märkte die Regelungen zur Schließung während des ersten Lockdowns einzuhalten.

Tägliche Prüfung

Nadine Renz, eine Sprecherin von Müller, betont dann auch mit Blick auf die Schwenninger Filiale, dass eine Öffnung erlaubt sei, „da unser Angebot überwiegend aus sogenannten ,systemrelevanten‘ Artikeln besteht“. Allerdings betont sie auch, dass sich die Situation im ständigen Wandel befinde, und „wir uns täglich informieren und uns der Verordnung anpassen“.

Kleine Geschäfte fühlen sich ungerecht behandelt

Dass sich viele kleine Einzelhändler gegenüber Müller ungerecht behandelt fühlen, ist kein Geheimnis. Das bestätigt auch Rainer Böck, zuständig für den Villinger Handel im Gewerbeverband Oberzentrum (GVO). Es gebe zu dem Thema „keine Leitlinie“ des GVO. Die sei aber auch gar nicht notwendig, weil viele der Mitgliedsbetriebe in Villingen sehr sensibel reagierten und sich direkt an die Stadt wandten. Aus Schwenningen seien ihm keine Beschwerden bekannt. Die Problematik ist ohnehin schwierig. Im sozialen Netzwerk argumentierte ein Nutzer: Wenn nun auch noch die Schwenninger Müller-Filiale ihr Angebot begrenzen müsste, werde noch viel mehr bei der Handelsplattform Amazon bestellt.