Eberhard Stadler und Matthias Jundt

Etwa zwei Stunden hat es am vergangenen Montag gedauert, dann war die Glocke des Nordturms am Villinger Münster aus dem Glockenstuhl bis auf einen Lastwagen verbracht worden. Bis es soweit war, mussten in den Wochen zuvor Vorarbeiten geleistet werden. Bei diesen Vorarbeiten hatten die Arbeiter festgestellt, dass nicht nur die Glocke, sondern der gesamte Nordturm sanierungsbedürftig ist.

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„Die Maßnahmen sollten spätestens in einem Jahr durchgeführt werden“, sagt Dietmar Bader. Er ist der Fachplaner nicht nur des Glockenausbaus, sondern auch der künftigen Nordturmsanierung. Bei den Vorarbeiten zum Glockenabtransport seien so starke Schäden am Turm festgestellt worden, dass es bald notwendig sei, ihn komplett zu sanieren.

Dietmar Bader ist Fachplaner für die Villinger Münstersanierung.
Dietmar Bader ist Fachplaner für die Villinger Münstersanierung. | Bild: Matthias Jundt

Um Passanten vor herunterfallenden Turmstücken zu schützen, war der Münsterplatz kürzlich einen Tag gesperrt. In dieser Zeit hatten Industriekletterer unter anderem die Wasserspeier mit einem speziellen Netz gesichert. „Das waren aber nur Notsicherungsmaßnahmen. Das ist nichts für die Dauer“, sagt Bader.

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Neben den Speiern müssten auch Risse im Nordturm ausgebessert werden. Bei Natursteingebäuden wie dem Villinger Münster, so Bader, müssten zudem die Fugen alle 40 Jahre erneuert werden.

Nach dem Abtransport der Glocke nach Holland nutzen die Bauarbeiter in den nächsten Wochen die Gunst der Stunde, um den sanierungsbedürftigen Glockenstuhl samt Boden zu sanieren. Wenn die hoffentlich erfolgreich reparierte Glocke voraussichtlich im November wieder oben installiert wird, soll dann der Nordturm vor dem Winter wetterfest verschlossen werden.

Auf dieser Aufnahme ist der Riss am Nordturm des Villinger Münsters gut erkennbar.
Auf dieser Aufnahme ist der Riss am Nordturm des Villinger Münsters gut erkennbar. | Bild: Hahne, Jochen

Erst dann ist an die umfassende Sanierung des Nordturms insgesamt zu denken. Bader: „Wir müssen dann zunächst einen 3D-Scan des Turms erstellen, um das gesamte Ausmaß der Schäden überblicken zu können.“ Das werde unter anderem mithilfe von Drohnen gemacht. Die sogenannte Photogrammetrie helfe dabei, einen Plan zur Sanierung zu erstellen.

Dieser umfasst unter anderem das Denkmalpflegeverfahren, das Sanierungskonzept oder auch weitere rechtliche Genehmigungen. Bader schätzt, dass man den Nordturm innerhalb eines Jahres sanieren könnte – wenn es allerdings nur der Nordturm wäre, der saniert werden muss. Denn: Auch der Südturm muss unter Umständen runderneuert werden, wie Andreas Turner, der Mesner des Villinger Münsters, sagt.

Denn die Verantwortlichen der Kirchenverwaltung wollen jetzt auch konkret wissen, in welchem Zustand der zweite, der südlich zum alten Kaufhaus gelegene Münsterturm sich manifestiert. Aus bautechnischen und finanziellen Gründen würde es natürlich Sinn machen, beide Münstertürme in einem Aufwasch zu sanieren. Zumal der Zustand des Nordturms die Befürchtungen nährt, dass der Zustand seines Gegenübers nicht viel besser sein dürfte. Münsterpfarrer Josef Fischer schließt auch hier Überraschung nicht aus. „Wenn man einen Topf aufmacht, staunt man, was alles zum Vorschein kommt“, hatte Fischer bereits die Schäden am Nordturm kommentiert.

„Ganz überraschend kommt das nicht“, sagt dazu Mesner Andreas Turner. Schließlich liege die letzte Außenrenovierung am Villinger Münster einschließlich der Türme über 40 Jahre zurück. Sie fand 1976 bis 1978 statt und kostete rund 2,7 Millionen Mark. Anschließend wurde für weitere 4,8 Millionen Mark die aufwändige Innenrenovierung aufgenommen wurde, die bis 1982 andauerte.

Seit 1978 also ist die Außenfassade des Sandsteinbaus bis heute weitgehend gerüstfrei. Das dürfte sich nun bald nachhaltig ändern. Mesner Andreas Turner vermutet allerdings, dass die Sanierung der Türme noch nicht schon nächstes Jahr in Angriff genommen wird, sondern eher in den nächsten zwei, drei Jahren. Schließlich muss neben der Aufstellung einer Planung auch noch die Finanzierung der Großbaustelle gesichert werden. Prognosen, was das Ganze kosten würde, wagt er nicht. Sicher sei nur: „Das wird nicht ganz billig.“