Nicht nur in Berlin, auch in Villingen-Schwenningen wollen die Christdemokraten eine Abkehr von der bisherigen Politik demonstrieren. Einige Beschlüsse, die sozialdemokratische und grüne Handschrift tragen, sollen nun auf Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion geschleift werden. Einen entsprechenden Antrag richtete jetzt Fraktionschef Dirk Sautter an den Oberbürgermeister. Die Grünen reagierten mit Verärgerung.

So fordert die CDU-Fraktion den Austritt aus der Organisation Seebrücke. 2020 ist die Stadt auf Antrag der SPD-Fraktion der zivilgesellschaftlichen Initiative Seebrücke beigetreten. Die Stadt wollte damit Solidarität mit den Bootsflüchtlingen zeigen und erklärte sich bereit, bei Bedarf Flüchtlinge aufzunehmen, die aus dem Mittelmeer gefischt werden.

Seebrücke „nicht mehr zielführend“?

Die AfD-Fraktion hat schon zweimal im Gemeinderat denselben Antrag gestellt, diese Mitgliedschaft zu kündigen. Jedes Mal hat eine Gemeinderatsmehrheit einschließlich der CDU diese Anträge abgelehnt. Doch nach ihrem bundespolitischen Kurswechsel in der Migrationsfrage wird diese Initiative auch auf örtlicher Ebene von der CDU „in der aktuellen Situation als nicht mehr zielführend eingeschätzt“.

Abschaffen will die CDU auch die 2019 auf den Gemeinderats-Beschlussvorlagen eingeführten Ankreuz-Kästchen, in denen die Beschlüsse regelmäßig auf ihre „Auswirkungen auf den Klimaschutz“ gecheckt werden. Dies führe, so monieren die Christdemokraten zu oft zu „unnötigen Diskussionen“ im Rat.

Diese Neubauten an der Vöhrenbacher Straße in Villingen wurden nach Kfw-40-Standard errichtet. Die CDU will diese Verpflichtung ...
Diese Neubauten an der Vöhrenbacher Straße in Villingen wurden nach Kfw-40-Standard errichtet. Die CDU will diese Verpflichtung streichen, damit billiger gebaut werden kann. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Ebenfalls zurückdrehen will die CDU den Gemeinderatsbeschluss, dass bei Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken der weitreichende Klimaschutz-Standart KfW-40 gelten muss. Ein solcher Antrag der AfD wurde vom Gemeinderat bereits vor Monaten, auch mit Stimmen der CDU, mehrheitlich abgelehnt.

Stimmt die CDU mit der AfD?

Doch in der nächsten Woche steht dieses Thema auf AfD-Antrag erneut auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Möglicherweise gibt es dann eine Mehrheit mithilfe der CDU. Denn diese ist nun der Meinung, dass eine differenzierte Handhabung der Klimaschutzvorschriften dazu beitragen könnte, die Wirtschaftlichkeit einzelner Bauvorhaben zu optimieren und administrative Aufwände zu reduzieren.

Das könnte Sie auch interessieren

Letzter Punkt: Die Christdemokraten wollen, dass das Instrument von Konzeptvergaben bei größeren Baumaßnahmen „generell überdacht werden“. Die städtische Rahmenplanung für eine Wohnbebauung im Quartier Oberer Brühl in Villingen, so die CDU, sei vor allem deshalb gescheitert, weil die Stadt den potenziellen Investoren zu viele Vorgaben gemacht habe.

An der bisherigen Verpflichtung von Investoren, beim Wohnungsbau einen gewissen Anteil Sozialwohnungen zu bauen, wolle die CDU aber nicht rütteln, verdeutliche Fraktionschef Dirk Sautter auf Nachfrage.

AfD-Brandmauer damit passé?

Mit ihren Anträgen bringen die Christdemokraten vor allem die Grünen auf die Palme. „Ich bin sehr aufgebracht“, erklärte Oskar Hahn, einer der Fraktionssprecher.

Zeigt sich empört: Oskar Hahn, einer der Fraktionssprecher der Grünen.
Zeigt sich empört: Oskar Hahn, einer der Fraktionssprecher der Grünen. | Bild: www.jenshagen.info

Dass die Christdemokraten den verpflichtenden Kfw-40-Standard bei Baumaßnahmen kippen wollen, hält er aus ökologischen Gründen für einen großen Fehler. Seine Schlussfolgerung: „Geht es nach der CDU, ist es mit dem Klimaschutz in VS vorbei.“ Sollten die Christdemokraten nächste Woche gemeinsam mit der AfD den Kfw-40-Beschluss abschaffen, ist für den Grünen-Stadtrat außerdem klar, was die Versprechungen der CDU bezüglich einer Brandmauer gegen die AfD wert seien.