Eine ganz besondere Villinger Innenstadt-Immobilie steht plötzlich zum Verkauf – mitsamt einem der über viele Jahre florierenden Restaurant. Das Gebäude heißt im Volksmund so wie die hier ansässige Gaststätte: das Pulvertürmle.
Hier, an der Gerberstraße 35, gibt es etwas Einzigartiges: Den einzigen privaten Durchgang durch die Villinger Stadtmauer. Unweit der Paradiesgasse ist hier der Zugang zu einem Innenhof, der mit historischem Ambiente Gäste in den warmen Sommer-Monaten mit schattigen Außen-Sitzplätzen erfreut.
Koch eröffnet Restaurant mitten in der Krise
Michael Widlowski-Küfer hat sich als Pächter mit seinem Restaurant durch zahlreiche Krisen gekämpft. Zu Beginn des Jahres 2009 übernahm er die Adresse an der Gerberstraße, die Weltwirtschaft schlingerte seinerzeit, der Niedergang der US-Bank Lehmann Brothers warf weltweit Schockwellen auf.
Es war die Zeit, als Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück verkündeten, das Ersparte sei sicher. Der SÜDKURIER titelte seinerzeit zur Villinger Restaurant-Eröffnung: „Er kocht gegen die Krise an.“

Sein Konzept mit deutscher Küche hat sich über die Jahre bewährt, mittags und abends war das Restaurant mit seinen 90 Plätzen gut besucht.
Dann kam Corona mit den Lockdowns. Ende 2021 der Hoffnungsschimmer wieder mit ersten Weihnachtsfeiern, für die Gastronomie ein wichtiges Geschäft. Widlowski-Küfer sagt heute, dass sich der Umsatz seither nicht mehr richtig erholt habe, die Personalsuche sei viel schwieriger geworden.
Ukraine-Krieg treibt die Preise hoch
Die nächste Großkrise brachte der Putins Krieg in der Ukraine. Jetzt schnellten die Energiepreise in die höhe, ein weiterer Schlag für alle Wirte. Lieferungen, Wäscherei, Lebensmittel, alles wurde teurer, für den Villinger Wirt aus der Gerberstraße ebenso wie für die Gäste.
Der Gastronom hat viel Verständnis für seine Kunden: „Klar“, sagt er, „jeder muss sparen, keiner weiß, was nun über den Winter wirklich geschieht.“

Jetzt steht auch noch das Pulvertürmle-Haus zum Verkauf. Die nächste große Unbekannte für Michael Widlowski-Küfer. Der Vater von vier Kindern muss seine Familie ernähren, er ist zuversichtlich und sagt, er könne auch als Koch arbeiten, „mit dem Angestellten-Dasein habe ich kein Problem“.
Die Zukunft des Pulvertürmle ist offen
Schafft er auch die aktuellen Hürden, ist da noch genug Kraft? Der Wirt sagt das, was derzeit viele aus der Branche formulieren: „Wie lange es uns hier gibt, ist offen.“ Er betont: „Jeder Monat kostet Geld.“ Zur Pacht kommen nun auch noch die ständig steigenden Gas- und Strompreise hinzu.
An der Gerberstraße soll aber nicht auf jeden Fall verkauft werden. Von Eigentümerseite heißt es, das Gebäude werde „nur in gute Hände abgegeben“. Der Gang zum Notar ist also keineswegs sicher.