In den vergangenen Tagen erhielten die rund 90 Mitarbeiter den „Blauen Brief“ des Unternehmens. „Die gesamte Belegschaft wurde gekündigt“, bestätigte der Betriebsratsvorsitzende Ilja Mauch auf SÜDKURIER-Anfrage. „Unsere Reise ist damit am 30. September beendet.“ Das heißt: Die Belegschaft wird auf einen Schlag Ende September freigesetzt.
Spätestens mit den Kündigungen ist jetzt das letzte Fünkchen Hoffnung erlöschen, dass der Real-Markt, der einen langfristigen Mietvertrag im Einkaufszentrum gehabt haben soll, noch etwas länger bleiben würde. Die Entscheidung steht. Die Stimmung unter den Beschäftigten, darunter viele Frauen und Teilzeitkräfte, sei sehr gedämpft, berichtet Mauch.
„Einige arbeiten schon seit 20 Jahren und länger hier“. Gerade die Älteren über 50 Jahre, die noch einige Jahre bis zur Rente haben, sehen sich „vor einer ungewissen Zukunft“, weiß der Betriebsratsvorsitzende. Für sie sei die Frage, ob sie noch eine neue Anstellung finden können und wie sie mit den absehbaren Veränderungen klar kommen. Die Chancen auf eine unbefristete Einstellung sei im Handel ohnehin schwer zu finden.
Mauch geht davon aus, dass nun einige sich auf Jobsuche begeben werden. Er vermutet, dass vor allem einige junge Mitarbeiter vorzeitig gehen werden, wenn sie etwas finden.
Wie berichtet, waren die Mitarbeiter des Realmarktes Ende Januar von der Geschäftsleitung informiert worden, dass der Standort Ende September dicht gemacht werden soll. Obwohl schon lange klar ist, dass die Real-Lebensmittelkette seine Lebensmittelmärkte nicht mehr weiter betreiben wird und Käufer sucht, traf die Mitteilung alle Betroffenen in Villingen-Schwenningen wie ein Schlag. Sie hatten gehofft, dass ihr Markt von einem anderen Lebensmittelkonzern übernommen wird. Doch das war an diesem Standort nicht der Fall. Die Real GmbH hatte damals schriftlich mitgeteilt: „Trotz aller bisherigen intensiven Bemühungen und Gespräche konnte für den Markt in Villingen-Schwenningen kein an einer Übernahme interessiertes Unternehmen gefunden werden. Aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Perspektive muss daher der Markt zum 30. September 2021 geschlossen werden.“
Was anschließend mit den Räumen im Schwarzwald-Baar-Center passiert, wissen die Beschäftigten nicht. „Wir haben keine Informationen bekommen“, berichtet der Betriebsratsvorsitzende. Was er sagen kann: Mit Ausnahme der kurzfristig per Zeitvertrag Beschäftigten bekommen die langjährigen Mitarbeiter alle eine Abfindung, die vom Gesamtbetriebsrat des Unternehmens ausverhandelt wurde.
Während die Mitarbeiter nun vor einer ungewissen Zukunft stehen, ist das Management des Einkaufszentrums optimistisch, die Lücke bald geschlossen zu haben. „Ich bin äußerst zuversichtlich, dass wir die Neuvermietung relativ störungsfrei hinbekommen“, erklärte Center-Manager Klaus Kricks auf Nachfrage. Die Verhandlungen seien auf sehr gutem Wege und „auf der Zielgeraden“. Es fehlten nur noch wenige Schritte. Doch so lange noch keine Tinte unter den Verträgen sei und alle Formalitäten erledigt seien, „können wir noch nicht darüber reden“.
Über die Neuvermietung wird vielfach spekuliert. Der französische Sportartikel-Händler Decathlon, der in Deutschland auf dem Vormarsch ist, hat bereits Interesse an diesem Standort bekundet, das Center-Management hat in der Vergangenheit betont, dass ein Lebensmittelmarkt als Ankermieter weiterhin wichtig für die Balance des Fachmarktzentrums sei, zumal vor geraumer Zeit auch Aldi mit seiner Filiale ausgezogen ist.
Zum Hintergrund
Hintergrund dieser Entlassungen: Die Real GmbH, ein Tochterunternehmen der Metro AG (Düsseldorf), wurde von der Konzernmutter an die russische Investorengruppe SCP verkauft. SCP will einen Großteil der ursprünglich 279 Real-Filialen in Deutschland an die Lebensmittelketten Kaufland, Edeka und Globus weiterverkaufen. Bis Mitte 2022 soll der Verkauf von Real demnach komplett abgewickelt sein. Für acht Filialen wurde bereits das Aus verkündet. Jetzt sollen weitere zehn Real-Märkte mit rund 800 Mitarbeitern komplett geschlossen werden, darunter Villingen-Schwenningen im Schwarzwald-Baar-Kreis.