Im Oberzentrum zaubern die Ehrenämtler: Die Betreuung hilfebedürftiger Eltern, die Realisierung eines kleinen Not-Kindergartens oder die Verwaltungsarbeit im großen Verein: Melanie Winterhalter, Ramona Jäger und Christian Mayer bringen sich auf diese ganz besondere Weise in der Stadt ein.

Melanie Winterhalter und das Elterncafé

Sie hat zwei eigene Kinder und kümmert sich um viele andere Mädchen und Jungs mit: Melanie Winterhalter unterrichtet seit vier Jahren als Erzieherin an der Schwenninger Gartenschule Kunst.

Dort traf sie vor über zwei Jahren auf Joachim Spitz. Der Initiator und Motor der Prokids-Stiftung von Villingen-Schwenningen bat die Frau um Mithilfe, sie sagte zu.

Seither gibt es so gut wie nichts, das sie in der Stiftung nicht macht: „Es ist einfach schön, im Leben Spuren zu hinterlassen“, sagt sie zu ihrem Engagement für Menschen, die mitten in VS oft einfach nicht mehr weiter wissen und von ganz fundamentalen Problemen umzingelt sind.

Zum Beispiel: Kinder, die kaum Kleidung haben. Ab in die Kleiderkammer. Mädchen und Jungs, die offenkundig akut psychisch belastet sind? Sie fragt nach, bietet Lösungen an, begleitet, vermittelt.

Zum Dank gibt es immer eine Blume. Die kleine Mila (links) überreicht hier den schönen Gruß an Melanie Winterhalter (rechts). Bild: ...
Zum Dank gibt es immer eine Blume. Die kleine Mila (links) überreicht hier den schönen Gruß an Melanie Winterhalter (rechts). Bild: Norbert Trippl | Bild: Trippl, Norbert

Ihre Drehscheibe ist das Schwenninger Elterncafé der Stiftung. Aber: Was bekommt jemand wie sie eigentlich zurück? Eine kleine Ehrenamtspauschale von der Stiftung ist das Eine.

Viel wichtiger für sie ist das Andere: „Ein kleines Mädchen bringt mir jedes Mal eine Blume als Dankeschön zu unseren Treffen mit“, verrät sie gerührt. Tatsächlich: An diesem Mittwoch sind es gleich drei orangefarbene Blumen, welche die kleine Mila ihr schüchtern hinstreckt.

Die Dankbarkeit kommt nicht von ungefähr. Im Elterncafé wird mittwochs Frühstück serviert, Kinder spielen, zwölf Mütter genießen erkennbar den Treff.

Melanie Winterhalter begrüßt jedes Kind mit Namen. Aber nicht nur: „Du hast neue Schuhe?“, sagt sie zu einem Mädchen, das begeistert nickt. „Geht es Dir wieder gut?“, ruft sie als erstes einem Jungen zu, der mit einem verlegenen Lächeln antwortet.

Wie gelingt der Helferin die Balance mit der Beanspruchung durch Schule und Stiftung einerseits und andererseits der eigenen Privatsphäre? Sie sagt: “Für meine eigene Familie hat das im Grunde kaum Bedeutung.“ Sie ergänzt: „Meine Kinder gehen oft mit ins Elterncafé“.

Vertrauen ist hier alles. Die Tiefe eines Problems offenbart sich ihr oft schrittweise: Beziehungsprobleme, kein Geld übrig. Kinder sitzen ihr manchmal erkennbar hungrig und geschwächt gegenüber.

Sie fackelt dann nicht lange und geht mit der betroffenen Familie Lebensmittel einkaufen. Unterstützt wird dies von einem örtlichen Supermarkt. Wieso solche Notlagen überhaupt trotz Sozialstaat entstehen? „Zu viele bleiben trotzdem eben unterversorgt“, weiß sie.

Ramona Jäger und ihr kleiner Behelfs-Kindergarten

Ramona Jäger ist Mutter von zwei kleinen Kindern und steckte bislang mitten im VS-Problem der fehlenden Kita-Plätze.

Ihr Jannik konnte vom Rathaus zunächst nicht berücksichtigt werden. Einklagen wollten die Jägers den gesetzlich ihnen zustehenden Platz aber nicht. „Ein Klagekind nimmt einer anderen Familie ja den Platz weg“, begründet sie.

Ramona Jäger macht das Villinger Stüble der Katzenmusik zur Kita-Stätte. Hier genießt sie die Zeit mit ihren Kindern Jannik und Amilia ...
Ramona Jäger macht das Villinger Stüble der Katzenmusik zur Kita-Stätte. Hier genießt sie die Zeit mit ihren Kindern Jannik und Amilia (von rechts) | Bild: Trippl, Norbert

Die Lösung war dann schließlich eine private Elterngruppe, die sich zusammengefunden hatte. Die Betreuung der Kleinen war das eine, aber wo und wie genau?

Hier kommt Ramona Jägers Verein ins Spiel – und das Katzenmusik-Stüble im Riet. Denn in der Villinger Katzenmusik leitet sie das Damenballett.

Einen Tag in der Woche konnte Rainer Wagner vom Vorstand der Katzen das Domizil auf Bitte der Familie Jäger zur Verfügung stellen, mehr war nicht möglich, die Vereinsadresse wird auch von anderen Clubs gern genutzt.

„Eigentlich waren immer alle Mütter bei den morgendlichen Treffen dabei“, schildert Ramona Jäger. Der Effekt der Treffen habe die Kinder sprachlich vorangebracht, auch soziales Verhalten wie „Teilen und Streiten“ sei laut der Mutter an wertvollen Erfahrungen dazugekommen.

Dreimal die Woche sei die Gruppe zusammengekommen, „den ganzen Winter über“ hätte die Gruppe schließlich drei Domizile für Treffen zur Verfügung gehabt.

„Basteln und spielen“ hätte die Tagesordnung geprägt, immer, so berichtet sie, seien „auch die Geschwisterkinder mit dabei gewesen. In ihrem Fall nicht nur der mittlerweile vierjährige Jannik, sondern auch die einjährige Amilia.

Die gemeinsame Lösung des Kita-Problems endet für diese sechs Familien nun in diesem Sommer. Alle Kinder hätten nun einen Kita-Platz erhalten.

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Christian Mayer und der FC 08

Einmal Nullachter, immer Nullachter. Bei Christian Mayer ist das so. Als sechsjähriger Bub trat er in den Verein ein und spielte Fußball. Mittelstürmer, der mit der Neun. Heute ist er verheirateter Familienvater und wirkt in der Geschäftsstelle des Vereins.

Andreas Flöß vom Vorstand des Nullacht hat auf der Hauptversammlung kürzlich kritisiert. Es gebe im Verein kaum noch Ehrenämtler, viele engagierten sich nur für Geld. Bei Christian Mayer ist das anders, er kennt die Kritik von Flöß und grinst. „Bei mir null Euro“, sagt er lachend.

Seine Herzenssache ist der Verein. Christian Mayer vom FC 08 Villingen. Bild: Norbert Trippl
Seine Herzenssache ist der Verein. Christian Mayer vom FC 08 Villingen. Bild: Norbert Trippl | Bild: Trippl, Norbert

Mayer musste den Fußball sicherheitshalber schon früh bleiben lassen. Er war zu oft verletzt. Im Sturmzentrum sei es schon damals hoch her gegangen. Bei Tennis und Handball machte er weiter. Jeweils mit Übungsleiterschein.

Weil er in die „Boris-Becker-Jahre“, wie er das nennt, gekommen sei, habe er ausschließlich im VS-Polizeisportverein eine Heimat gefunden. „Woanders wurden keine neuen Mitglieder aufgenommen“, erklärt er.

Mayer ist nicht nur bei den Villinger Friedengrund-Fußballern eine feste Größe. Im Landratsamt ist er stellvertretender Amtsleiter im Jugendamt. Der Verwaltung ist er nicht überdrüssig.

Im Stadion von Villingen findet sich sein Reich in den so genannten Katakomben. Umkleidekabinen, Schiedsrichterraum, Büros.

Seine Aufgaben: Neue Mitglieder einbuchen, andere austragen. „Das ist vor allem bei den Kindern und Jugendlichen zum Saisonstart eine Herkulesaufgabe.“

Meldungen der verschiedenen Mannschaften an den Deutschen Fußball Bund – auch das erledigt Christian Mayer, ebenso wie den technischen Dialog des Vereins mit der Bank. Und wer keinen Beitrag bezahlt, dem schreibt er eine Mahnung.

Christian Mayer vom FC 08 Villingen im Friedengrund.
Christian Mayer vom FC 08 Villingen im Friedengrund. | Bild: Trippl, Norbert

Viel Arbeit, die kaum einer sieht: Sechs bis acht Stunden in der Woche leistet er für seinen Verein. „Manchmal gibt es ein Danke am Telefon oder so“, sagt er über das, was er für seinen Einsatz vor allem heute in der Vereinsverwaltung zurückbekommt. „Mir reicht das so. Ich mache hier halt mein Ding“, ergänzt er. Herzenssache FC Nullacht.

Villingen-Schwenningen in Zahlen, Daten, Fakten

Kreis: Schwarzwald-Baar-Kreis

Fläche in Hektar: 16.553

Einwohner: 87.478

Einwohner pro km²: 528

Durchschnittsalter: 43,9

Miete pro qm: 7,12

Wohnung Kaufpreis pro qm in Euro: 2716,10

Haus Kaufpreis pro qm in Euro: 3351,74

Einpendler: 28.937

Auspendler: 19.270

Bildung: Grundschulen (18), Realschulen (6), Gymnasien (6), Gemeinschaftsschulen (2), Berufliche Schulen (6), Hochschule für Polizei, DHBW, Hochschule Furtwangen Campus Schwenningen

Bild 5: Villingen-Schwenningen besser machen: Hilfe für Familien und FC08
Bild: Kerstan

Bautätigkeiten: Momentan gibt es keine freien Bauplätze mehr. Die Erschließung des Neubaugebiets Schlegelberg wurde noch nicht begonnen, ist aber für 24/25 vorgesehen. Für Herzogenweiler steht der Bebauungsplan noch nicht.

Fernverkehr: ja

Regionalbahn: ja

Nahversorgung: Einkaufszentrum (2), zahlreiche Supermärkte und Bio-Supermärkte, Bäckereien und Metzger, Hofladen, Wochenmarkt

Schwimmbäder: Ja – Freibad (2) Neckarbad, Kneippbad, Hallenbad (1)

Gastro: ja

Hausärzte: 60

Pflegeheime/Seniorenzentren: ja

Kitaplätze: U3 werden 706 Kinder betreut, Betreuungsquote liegt 27,7 Prozent. Ü3 werden 2.829 Kinder betreut, Betreuungsquote liegt 84,1 Prozent