Ein Gerüst wächst seit Donnerstag am Nordturm des Münsters empor. Handwerker bauen hier eine Arbeitsplattform samt Lastenaufzug in luftige Höhen. Dann am zentralen romanisch-gotischen Villinger Sakralbau beginnt jetzt eine vier Wochen währende knifflige Operation: Das größte Kirchturmgeläut des Münsters, die 5,4 Tonnen schwere Christus-Glocke, muss zwecks Reparatur aus dem Turm herausgeholt werden. Und das geht nicht über die schmale Wendeltreppe.
Anlass der Glockenturm-Operation ist, wie mehrfach berichtet, der Umstand, dass die große, aus dem Jahre 1954 stammende Münsterglocke beschädigt ist. Weil der schwere Klöppel mit einem Versatz von wenige Zentimeter seinerzeit nicht richtig zentriert wurde, so vermuten Experten, war der Glockenschlag einseitig und hat im Lauf der Jahrzehnte zu einer Rissbildung an der Glockenschale geführt. Der Schaden soll nun in einer Gießerei in Holland beseitigt werden.
Um die zwei Meter breite Glocke abtransportieren zu können, muss die Nordseite des Turms in luftiger Höhe ein Stück geöffnet werden. Umfangreiche Steinmetzarbeiten fallen dabei an. Der Glockenstuhl wird demontiert, die Schalung eines der Fenster muss geöffnet und das Mauerwerk drumherum herausgebrochen, die kleinere Jakobusglocke abgestützt und dann die Christusglocke mit einem Kran aus dem Turm gehoben werden. Diese Arbeiten dauern noch vier Wochen. „Am 17. August ist der große Tag“, berichtet Messner Andreas Turner.
In der Glockengießerei Eijsbouts in Holland wird die Glocke auf 450 Grad erhitzt, dann eine Metalllegierung, deren Zusammensetzung exakt dem Glockenmaterial entsprechen muss, eingeschweißt. Gelingt dies erfolgreich, bleiben keine Schweißnähte zurück, die den Klang beeinträchtigen könnten. Dann muss die Glocke zwei bis drei Wochen langsam abkühlen. Wenn die Glocke wieder im Turm hängt, bekommt sie eine neue Steuerung, künftig soll ein neu zentrierter Synchronantrieb für einen gleichmäßigen Anschlag sorgen. Während die Glocke in Holland in der Gießerei ist, wird der Glockenstuhl wieder instand gesetzt. Das Gerüst bleibt am Münster stehen, bis die reparierte Glocke aus Holland wieder da ist.
Bei einer Spendenaktion sind bisher rund 50 000 Euro für die Reparatur und die begleitenden Baumaßnahmen eingegangen. Die anfänglich geschätzten Kosten von knapp 200 000 Euro werden wohl nicht ausreichen, vermutet Messner Andreas Turner. „Es werden sicher noch einige Zusatzkosten kommen“, ist er sich sicher. Weitere Spenden seien daher zweifellos willkommen.
Die Katholische Kirchengemeinde für das Sanierungs-Projekt unter dem Stichwort „Große Glocke Münster„ ein Spendenkonto eingerichtet (IBAN-Nummer: DE 08 6949 0000 0000 1465 01.) Villingen hat die große Glocke im Jahre 1954 anlässlich des 250-jährigen Jubiläums der glücklich überstandenen Belagerung der Stadt durch den französischen Marschall Tallard im Jahr 1704 gestiftet.