Weniger Autos, mehr Aufenthaltsqualität: Dies beschloss der Gemeinderat jetzt für das künftige Wohnquartier „Oberer Brühl“, dem einstigen Kasernengelände Mangin in Villingen. Allerdings gab es an einem zentralen Punkt eine Kontroverse: Wie wenig Parkplätze sollen es in diesem Quartier künftig werden? Eine knappe Mehrheit im Rat entschied sich dafür, dass für jeden Haushalt ein Stellplatz gebaut wird. Die Grünen zeigten sich enttäuscht. Sie wollten einen Stellplatzschlüssel von 0,7 pro Haushalt.

Der Unterschied wäre signifikant: Statt 683 Parkplätze bei einem Stellplatz pro Wohnung würden bei einem Schlüssel von 0,7 nur noch 478 Stellplätze gebaut. Dies setzt voraus, dass Bewohner auf ein Auto verzichten oder sich einen Wagen bei Bedarf leihen (“Carsharing“). Die Idee des städtischen Mobilitätskonzepts: Den Investoren vom „Bündnis für faires Wohnen“, die das Areal mit 683 Wohnungen bebauen wollen, soll es überlassen werden, ob sie weniger Stellplätze schaffen und mit dem eingesparten Geld eine „Mobilitätsstation“ einrichten. An dieser Station sollen Räder, E-Bikes, Bollerwagen und ähnliches sowie Elektroautos vermietet werden, womit die Anwohner auf ein eigenes Fahrzeug verzichten könnten.

Bedenken äußerten jedoch mehrere Ratsmitglieder, den Stellplatzschlüssel auf 0,7 Autos pro Haushalt zu drücken. „Viele Menschen brauchen bei uns für Beruf und Freizeit ein Auto“, warnte Dietmar Wildi vor realitätsfremden Vorstellungen. Für die CDU-Fraktion beantragte er einen Stellplatz-Schlüssel von 1,0 Autos pro Haushalt. Zum Vergleich: Bisher liegt der Standard in Deutschland bei 1,5 Autos pro Haushalt.

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Die Grünen zeigten sich enttäuscht von dem CDU-Antrag. Das Mobilitätskonzept sei „mutig, innovativ und zukunftsweisend“, betonte Stadträtin Ulrike Salat. Sie appellierte an den Rat, „mutig einen Schritt nach vorne zu machen“. Mit dem Stellplatzschlüssel von 0,7 werde für die Investoren ein finanzieller Anreiz geschaffen, das gewünschte Mobilitätszentrum zu bauen. Unterstützung erhielten die Grünen aus den Reihen der Freien Wähler. „Das ist der richtige Schritt, ein Schritt nach vorne“, betonte Tobias Kratt. Die SPD war der selben Meinung. „Dieses Konzept ist zukunftsfähig und innovativ“, sagte Bernd Lohmiller.

Dagegen unterstütze die FDP den CDU-Antrag. Frank Bonath befürchtet eine Verdrängung der Autos aus dem Oberen Brühl in die angrenzenden Wohngebiete, wenn zu wenig Parkplätze angeboten werden. „Wir müssen auch die Lebens- und Aufenthaltsqualität der Nachbarquartiere beachten“, mahnte er. Auch Olaf Barth (AfD) wünschte ausreichende Parkmöglichkeiten. Dagegen wies Steffen Ettwein (Freie Wähler) darauf hin, dass das Quartier dank seiner innenstadtnahen Lage die „einmalige Chance“ biete, neue Wege zu gehe. Weitere Redner wiesen darauf hin, dass es bei der Jugend längst nicht mehr selbstverständlich sei, den Führerschein zu machen und ein Auto zu besitzen.

Am Ende wurde der CDU-Antrag mit 21 gegen 19 Stimmen beschlossen. Die Kontroverse verdeckte aber, dass sich die breite Ratsmehrheit einig war, in dem Wohnquartier modellhaft ein neues Mobilitätskonzept zu wagen. Die Autos sollen möglichst in Tief- und Hochgaragen verschwinden, um in den Straßen eine hohe Aufenthaltsqualität zu erreichen. Zahlreiche Abstellplätze für Fahrräder und E-Bikes mit Lademöglichkeiten sind rund um die Gebäude vorgesehen, das Quartier soll gut ans Radwegnetz und den ÖPNV angebunden werden.