Man kann nicht sagen, dass es sich die Verwaltung leicht gemacht hätte. In aufwendigen Untersuchungen hat sie diverse Varianten durchgespielt, wie sich schwer abbaubare Rückstände von Medikamenten, Haushaltschemikalien und Kosmetika am besten abbauen lassen.

Diese Spurenstoffe gelangen über das Abwasser und das Grundwasser in die Seen und Flüsse – mit unabsehbaren Folgen. Ein Filtration mit granulierter Aktivkohle (GAK) ist aktuell das Mittel der Wahl, doch der Beginn der Umrüstung muss noch warten.

Investitionskosten in Höhe von 10,1 Millionen Euro

Mit der Neufassung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie aus dem Jahr 2024 werden höhere Anforderungen an die Qualität des gereinigten Abwassers gestellt. Die Kommunen sind in der Pflicht, den bisher drei Reinigungsstufen ihrer Kläranlagen eine vierte hinzuzufügen.

Die Kosten für diese Maßnahmen sind enorm: Der Verband Kommunaler Unternehmen nennt derzeit die Zahl von neun Milliarden Euro, die für die Aufrüstung der Kläranlagen in Deutschland notwendig wird. In Villingen-Schwenningen sollen 10,1 Millionen Euro in die neue Technik fließen.

Zuschüsse nur mit Fragezeichen

Noch bleibt es freilich bei der Hängepartie, wie auch in der Sitzung des Technischen Ausschusses vom 24. Juni deutlich wurde. Zwar steht nach umfangreicher Prüfung fest, dass man von der Variante einer Ozonung Abstand nimmt und einen GAK-Filter favorisiert, doch gibt es große Fragezeichen, weil die Zuschusssituation noch offen ist.

Förderung von 80 Prozent möglich

Weshalb die Verwaltung noch zögert, hat gewichtige Gründe: Wer bisher die vierte Reinigungsstufe eingeführt hatte, durfte mit einer Förderung von 20 Prozent für die Investitionskosten rechnen.

Das soll sich aber drastisch ändern: Sobald die EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt ist, winkt eine Bezuschussung in Höhe von mindestens 80 Prozent für Bau und Betrieb dieser letzten Reinigungsstufe.

Kritik an langer Verfahrensdauer

In der Diskussion im Technischen Ausschuss wurde deutlich, dass die Stadt dieses Thema schon seit vielen Jahren mit sich schleppt. So wurden Zweifel laut, ob man mit der Entscheidung für Aktivkohle überhaupt noch technisch auf dem neuesten Stand der Dinge sei.

„Möglicherweise ist das 2028 überholt und Ozon die bessere Option“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ulrike Salat. Sie kritisierte die lange Dauer des Verfahrens und drängt darauf, die vierte Reinigungsstufe nun möglichst rasch einzuführen.

Bürgermeister Detlev Bührer geht davon aus, dass sich die Abwasserkosten für die Verbraucher mit der Einführung der neuen ...
Bürgermeister Detlev Bührer geht davon aus, dass sich die Abwasserkosten für die Verbraucher mit der Einführung der neuen Reinigungsstufe beträchtlich verteuern werden. | Bild: CDU

Verteuerung für die Verbraucher

Diskutiert wurde im Ausschuss auch die Frage, wie lange die Aktivkohle eingesetzt werden könne und wie die Reinigung dieses Filterstoffs funktioniere. Die Erfahrung lehre, dass die Kohle nach zwei bis zweieinhalb Jahren behandelt werden müsse, so die Auskunft der Experten, die dem Gemeinderat das Projekt erläuterten.

Hohe Kosten im Unterhalt

Jede Füllung kostet dabei um die 400.000 Euro. Überhaupt gestaltet sich der Unterhalt der neuen Anlage recht teuer: Die Verwaltung veranschlagt Kosten von 1,26 Millionen Euro jährlich – Kosten, die auch Auswirkungen auf die Verbraucher haben: Die Verwaltung hat nach dem jetzigen Stand der Dinge errechnet, dass sich die Abwassergebühr um 52 Cent pro Kubikmeter verteuern könnte. „Das ist ein großer Aufschlag“, sagte Bürgermeister Detlev Bührer.

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Projektstart wohl erst 2028

Die Gemeinderäte folgten dem Vorschlag der Verwaltung, noch so lange abzuwarten, bis die Förderkulisse klar sei. Im Wirtschaftsplan der Stadtentwässerung Villingen-Schwenningen ist verankert, dass die Arbeiten im Jahr 2028 starten sollen.

Auf Wunsch aus dem Gemeinderat wurde im Beschlussantrag verankert, dass man vor einem endgültigen Projektbeschluss noch einmal einen Blick auf die technische Entwicklung haben wird.