Fastnacht beginnt in Villingen traditionell an Dreikönig. Das Rumoren ist in diesem Herbst allerdings schon früh zu hören. Die Schlagworte lauten: Bälle mit 2G, Straßenfastnacht mit Fragezeichen und Stüblebetrieb mit zwei Fragezeichen. Ein Überblick zur aktuellen Situation und den möglichen Entwicklungen.

Manchen Villingern juckt die Kappe schon zum 11.11.. Die Glonkis eröffnen eigentlich hier, mitten in der Zähringerstadt, ihre Gilde-Fasnet, traditionell treffen sich dabei um 11.11 Uhr Vertreter der Villinger Zünfte und der Verwaltung zum kurzen Prösterchen. Aber: Glonkivatter Günther Reichenberger winkt ab. „Wir machen das dieses Jahr nicht“, sagt er. Was hingegen stattfinden werde, sei die Hauptversammlung der Gilde. Diese ist für Donnerstag, 18. November, in der Tonhalle anberaumt. Nach geltender Ordnung müsse dort durchgehend auch, wie bislang schon in der Tonhalle, Maske am Platz in der Reihenbestuhlung getragen werden.
Die Herausforderung für Vereine mit der Einlasskontrolle
Macht 2G nun vieles möglich für die Narretei? Einer, der hier die Richtung vorgibt und durchaus auch ein wenig auf die Tube drückt, ist Jürgen Roth. Mitte Oktober verkündete der OB, sichtlich getrieben von Vorfreude auf das fröhliche Miteinander, dass zumindest die VS-Ballsaison stattfinden könne. Das Stadtoberhaupt machte dabei in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER klar, dass es dazu vor allem eine wichtige Bedingung gebe.
Für geordnete Verhältnisse in den Fasnet-Hallen könne ausschließlich die 2G-Regel sorgen. Heißt: Nur Getestete und Genesene können teilnehmen. Weiter bedeutet dies: Es wird für die Veranstalter einerseits eine besondere organisatorische Herausforderung, eine gründliche Einlasskontrolle mit den entsprechenden Nachweisen zu organisieren. Und, andererseits: Es lastet auf jedem Ballveranstalter ein großes, zusätzliches Verantwortungspaket je Ballabend.

Auch deshalb haben die Villinger Zünfte noch keine Zustimmung erteilt, sondern das Thema gemeinsam durchdiskutiert. Beschlossen ist Ende Oktober noch gar nichts, da kann der Verwaltungs-Chef im Rathaus verkünden, was er will. Die großen Ballabende sind damit in der Warteschleife, Anfang November soll sich die Lage klären. Die Vereinsvorsitzenden wollen keine einsamen Entscheidungen treffen, sondern ihre Teams ins Boot holen.
Landesministerium erklärt die Perspektive am Beispiel der VS-Bälle
Der rechtliche Hintergrund zu den Fasnetbällen in VS spielt sich im Halbdunkel hinter dem großen Vorhang ab. Die letzten Fragen sind eigentlich geklärt.
Offen war bis zuletzt, was eigentlich für ungeimpfte Kindergruppen gilt, die auf der Bühne auf fast jedem Ball auftreten. Müssen sie zuhause bleiben? Auf Anfrage des SÜDKURIER hat sich dazu das verantwortliche Landessozialministerium erklärt, wo auch die Corona-Verordnungen geschrieben werden. Dazu erklärt nach Prüfung der Sachlage ein Sprecher:
„Aktuell gilt beim 2G-Optionsmodell:
- Kein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre bei 2G-Optionsmodell. Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre, die nicht mehr zur Schule gehen, müssen einen negativen Antigentest vorlegen. Zu beachten ist, dass die Altersgrenze dieser Ausnahme aufgrund der bereits länger zurückliegenden Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Jugendliche in künftigen Regelungen auf jüngere Personengruppen herabgesenkt werden könnte.
- Ebenso ausgenommen vom Zutrittsverbot sind Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und Personen, für die es keine Impfempfehlung der Stiko gibt. Dazu zählen auch noch Schwangere und Stillende, da es hier erst seit dem 10. September 2021 eine allgemeine Impfempfehlung der Stiko hier erst seit dem 10. September 2021 eine allgemeine Impfempfehlung der Stiko gibt.“
Explizite Frage an das Ministerium: „Ein Ball in einer Halle mit 2G hieße dann so wie früher, also keine Maske, kein Abstand, mit Musizieren, Singen, Schunkeln, Anstoßen?“
- Antwort des Sprechers: „Richtig. Das 2G-Optionsmodell zielt vor allem auf die Masken, die dann abgenommen werden dürfen. Abstandspflichten gibt es in der aktuellen Corona-Verordnung ohnehin nicht mehr. Es sollte aber bei den beschriebenen Aktivitäten besonders auf die Durchlüftung der Säle und sonstige Hygienemaßnahmen geachtet werden, um eine Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten“, wird betont.

Auf diese Rahmenbedingungen können sich jetzt die Zünfte als Veranstalter einlassen. Eine der Unwägbarkeiten: Es kann niemand garantieren, dass diese Regelungen auch noch zum Auftakt der Ballsaison gelten. Nach derzeitigem Stand wird allerdings damit gerechnet. Auch und vor allem, weil das 2G-Modell eine vergleichsweise hohe Sicherheit gegen Infektionsrisiken bietet. Eine andere Frage ist, wie viele Teilnehmer sich auf einen Fasnetball einlassen wollen. Diese Frage ist unklärbar. Denkbar wäre, bei geringer Resonanz aus zwei Tonhallenabenden einen zu machen. Ernsthaft erwogen wird dies derzeit aber nicht. Erste Villinger Ballteams bereiten sich vor.
Paradox aber: Draußen ist Fasnet 2022 noch komplizierter
Ganz anders ist die Lage bei der Straßenfastnacht. Wer denkt, hier ist es einfacher, der liegt falsch. Aktuell und noch mindestens mit zum 7. November ist das Thema ungeklärt. Die Problematik liegt an der Unkontrollierbarkeit des öffentlichen Raums. Ein 2G-Treffen im Riet gilt einerseits als Herausforderung. Eine solche Veranstaltung steht in Villingen am 22. und 23 Januar an, die Katzenmusik plant seit Jahren ihr 150. Jubiläum mit Narrendorf von Franziskaner bis Bunker und mit Umzug durch die Innenstadt und Narren-Schauspiel vor dem Riettor.
Hohe Kosten für die Kontrollen
Wie hier die Zutrittskontrollen vor allem verlässlich abgehalten werden können, ist eine der großen Fragen. Jeden Torbogen und jede Gasse mit qualifiziertem Personal zu besetzen, verursacht voraussichtlich deutlich fünfstellige Kosten pro Fest-Wochenende. Angesehen davon drückt alle Verantwortlichen, auch bei der Planung der Umzüge ab Fastnachtsdonnerstag, die Frage der Verantwortung. Was ist bei einem Ansteckungsfall und einer schweren Erkrankung?

Vergleichsweise banal wirken dabei Detailfragen, etwa wie ein Cityviertel abgesperrt werden kann und was das für Anwohner heißt, die weder getestet noch genesen sind. Frage wie diese belasten derzeit die Entscheidungsfortschritte ebenso erheblich wie die Kostendimensionen für die Kontrolle.
Roland Wehrle und seien Forderungen für die Vereine
Anfang November tagt dazu in Stuttgart ein eigens gegründeter Arbeitskreis. Mitglied ist dabei aus der Raumschaft Roland Wehrle. Der Vereinigungs-Präsident sieht das Thema vorab ebenfalls als schwierig an. „Die Vereine müssen hier aus der Haftung raus“, sagt Wehrle zum SÜDKURIER vorab. Bei der Stuttgarter Besprechung sei das Innenministerium eingebunden. Die Hoffnung der Narren ruht jetzt auf eine ministerielle Weisung mit der Folge, dass Polizeibehörden vor Ort eingebunden werden. Ein Ergebnis dazu ist nicht absehbar.
Traditionsbewusste Villinger Narren betonen, dass die Straßenfastnacht viel wichtiger sei als die Bälle. Die Fastnachter stützen sich mit dieser Einordnung auf die Pflege des Brauchtums. Die Häser und Schemen sind im Saal – wenn überhaupt – nur vereinzelt bei Einmärschen zu sehen. Ganz anders bei der Straßenfastnacht, wenn die Weißnarren mit ihren Mäschgerle stadtauf, stadtab paradieren, dann stellt sich für die Narren das wahre Fasnetglück ein.
Es gibt im Vorfeld der Festlegungen auch weiterführende Bedenken. Eine Sorge geht so: Die Fastnacht werde sich nicht noch einmal überwiegend wie 2021 weitgehend verhindern lassen, heißt es aus der Villinger Vereinsszene. Was genau daraus resultieren kann, ist unklar bis auf dies: Alle hoffen, auf klare und nachvollziehbare Regelungen.
Die Stüble-Fasnet steht vorerst auf der Kippe
Ein fester Teil der Villinger Fasnet sind mittlerweile die Stüble-Abende am Donnerstag, Freitag und Samstag sowie am Sonntag und Montag. Hier wird es darauf ankommen, ob sich die Betreiber zu einer 2G-Regung entschließen können. Die Haftungsfrage lauert allerdings auch hier, die große Lust vieler, endlich mal wieder gemeinsam zu feiern, ist im Gegensatz dazu riesig. Abzuzeichnen beginnt sich allerdings Ende Oktober bereits, dass sich die Nachfrage nach Fasnet wohl eher auf große Räume und auf Freiluft-Veranstaltungen beschränken könnte. In den Stüble wird es mit Lüften und Hygienemaßnahmen schwierig.
Die Stadtharmonie um ihren Vorsitzenden Henry Greif sind eine der festen Villinger Stüble-Adresse. „Wir sind da in Lauerstellung“, sagt Greif Ende Oktober und formuliert, „alle warten darauf, dass von irgendwoher eine Erklärung kommt, wie es gehen könnte“. Greif ist verantwortungsbewusster Realist und sagt „dass die Nähe in den Stüble eben genau ein Teil des Problems“ sei. Die Harmonie hoffe, dass sich „bis zum Jahresende“ festlegen lasse, ob und wie ein solches Angebot zustande kommen könnte. Fastnachtsmontag fällt 2021 übrigens auf den 28. Februar.
Über allen Veranstaltungen steht ein Satz, der es haftenden Personen ein Stück weit leichter machen kann. Auch das 2G-Modell ist Teil der seit 15. Oktober geltenden Corona-Verordnung. Am Schuss des Papiers heißt es wörtlich: „Veranstalter sind zur Überprüfung der Corona-Tests und Nachweise verpflichtet. Eine Plausibilitäts-Kontrolle, durch Vorlage des Impfpasses oder des QR-Codes in der App, des 3G/2G-Status ist ausreichend.“ Heißt übersetzt: Wer gefälschte Nachweise vorlegt, ist selbst in der Verantwortung, nicht aber der Veranstalter.