Denis Stogiannidis, seit knapp vier Wochen sind Sie nun Vorstand Sport und Jugend beim FC 08 Villingen. Wie intensiv war diese Zeit?
Extrem intensiv. Gerade zu Anfang ist dies nahezu ein Full-Time-Job. Ich musste mir viele Informationen einholen, zahlreiche Gespräche führen. Dies alles war und ist notwendig.
Warum also diese Doppelfunktion, mit der Sie sich ja noch mehr Arbeit aufgehalst haben?
Weil die beiden Bereiche meiner Meinung nach zusammengehören und fließend ineinander übergehen. Deshalb sehe ich mich an einer Schnittstelle zwischen dem Nachwuchs und den Aktiven. Von einer erfolgreichen Jugendarbeit profitieren letztendlich auch die Oberliga-Mannschaft und das Team der U21.
Ich gehe mal davon aus, dass Sie sich nicht selbst aufgedrängt haben.
Das ist richtig. Weil ich ein Mensch mit Ecken und Kanten bin, der nicht wirklich streichel-zahm ist, habe ich als Trainer der D-Junioren den gesamten Nachwuchs beobachtet und immer mal wieder gesagt, dass wir meiner Meinung nach den Jugend-Bereich anders leben müssen.
Heißt konkret?
Wir dürfen nicht den dritten Schritt vor dem ersten machen. Ein Beispiel: Bevor 50 Meter-Pässe trainiert werden, sollten zunächst einmal die Zuspiele über fünf Meter ankommen. Noch dazu dürfen wir uns nicht auf einer Stufe mit den Leistungszentren wie zum Beispiel in Freiburg, Stuttgart oder Hoffenheim sehen. Dort wird jeden Tag – teils mehrmals – trainiert. Da hinken wir arg hinterher, wollen aber am großen Tisch mitspielen. Oder anders ausgedrückt: Nur weil wir zwei Mal bei Barcelona zugeschaut haben, können wir deren Akademie „La Masia“ nicht auf Villingen übertragen.
Wie ging es dann bei Ihnen weiter?
Zunächst wurde ich gefragt, ob ich die Jugend übernehmen würde. Aber in den weiteren Gesprächen stellte sich die Frage, wer den anderen Posten übernimmt. Da gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist es ein und dieselbe Person, oder eben zwei. Daraus ergab sich das Problem, ob dies dann zusammenpasst und wer die Richtung vorgibt. Also habe ich mich letztendlich bereit erklärt, beides zu vereinen. Was aber nicht bedeutet, dass ich nun alles allein entscheide. Selbst wenn ich letztendlich die Verantwortung trage. Es findet immer eine Absprache mit dem restlichen Vorstand und den jeweiligen Verantwortlichen und Entscheidern statt. Dabei wird abgewogen, was sinnvoll und auch machbar ist. Nicht zuletzt finanziell.

Nochmals nachgehakt: Wie schaffen Sie dies alles zeitlich?
Zugegeben: vielleicht war dies, salopp ausgedrückt, etwas blauäugig. Doch haben wir uns schnell darauf geeinigt, dass weitere Positionen geschaffen werden sollen. Sei es bei den Trainern, oder aber mit Menschen, die in bestimmten Bereichen zuarbeiten. Um die Last auf mehrere Schultern zu verteilen.
Trotzdem hört sich Ihre Position als Vorstand Sport anders an, als sie bei vielen anderen Oberligisten ausgeübt wird und auch vom FC 08 in den vergangenen Jahren interpretiert wurde.
Das mag sein. Es ist doch aber völlig normal, dass neue Personen ihre eigenen Ideen und Vorstellungen einbringen. Letztendlich stehen sie in der Verantwortung, müssen ihre Visionen ausmalen und vorantreiben. Immer mit der Vorgabe, dass diese auch bodenständig und realistisch sind.
Wie genau sehen die bei Ihnen aus?
Dazu kann und will ich für den Moment noch nicht allzu viel verraten. Nur so viel: Wir haben ein Konzept erarbeitet, welches wir demnächst der Öffentlichkeit präsentieren werden. Dabei spielen die Jugend und die Regionalität entscheidende Rollen. Es muss zudem bei der Spielidee ein roter Faden gefunden werden, der sich durch alle Mannschaften durchzieht.
Etwas mehr können Sie aber sagen.
Letztendlich können auch wir das Rad nicht neu erfinden. Ein paar Punkte möchte ich dennoch kurz anreißen. Wir haben sehr viel Kompetenz und Erfahrung im Trainerbereich, trotzdem haben wir dieses Potenzial in der Vergangenheit nicht voll ausgeschöpft, noch dazu haben uns immer wieder gute Coaches verlassen. Diese Kräfte müssen wir dauerhaft bündeln. Zum Beispiel durch interne Schulungen. Oder mit Theorie-Einheiten, in denen auf einzelne Mannschaftsteile eingegangen wird. Ich mag den Elan unserer jungen Trainer, wir dürfen aber die erfahrenen nicht außer Acht lassen. Mein Ziel ist es darüber hinaus, dass in ein paar Jahren noch mehr Spieler aus der eigenen Jugend den Sprung zu den Aktiven schaffen. Und da sind wir wieder beim Thema der Regionalität. Selbst wenn es dafür eine gewisse Geduld braucht.
Wie könnte diese aussehen?
Wir haben doch beim FC 08 Villingen als größter Verein in der Gegend die besten Voraussetzungen, können aber nicht so aus dem Vollen schöpfen wie etwa im Ruhrpott oder in anderen Hochburgen. Wir müssen uns dennoch ambitionierte Ziele setzen, die aber auch erreichbar sein sollten. Dies ist der große Spagat im Sport. Mit der richtigen Denk- und Vorgehensweise, wenn alle an einem Strang ziehen, sind die Erfolgsaussichten aber weitaus größer. Grundlegendes Ziel muss sein, für eine bestmögliche fußballerische Ausbildung zu sorgen.
Welche Rolle soll deshalb bei den Jugendlichen die Schule spielen?
Ein ganz wichtige, sie steht in allen Überlegungen klar im Vordergrund. Jeder weiß, dass nur ein verschwindend geringer Anteil es letztendlich auch tatsächlich bis ganz nach oben schafft. Aber auch vor Themen wie mentales Training, Disziplin, Respekt und Fairness dürfen wir nicht zurückschrecken. Immer in Absprache mit den Eltern und unter Berücksichtigung des Wandels der Zeit.
Sie haben vorhin gesagt, dass Sie auch mal unpopuläre Themen angesprochen haben. Welche waren dies?
Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Im Klartext, wenn ein Verein arbeitet, macht er auch Fehler. Das soll keine Kritik sein, aber vielleicht war es falsch, als damals die jüngsten Jahrgänge keine Heimat mehr im FC 08 fanden.
Der nun korrigiert wird?
Zumindest ist es angedacht, dass wir wieder eine E-Jugend aktivieren. Am liebsten hätte ich auch eine F-Jugend und Bambini. Wobei dies alles nicht ganz einfach ist. Immerhin heißt es, dass wir weitere Trainer und auch die entsprechenden Platzkapazitäten brauchen.
Was den Aktiven-Bereich betrifft: Haben die jüngsten Erfolge vor der Winterpause Ihre Arbeit erleichtert?
Absolut. Sie waren genau das, was ich mit kleinen Schritten nach vorne meine. Vor dem Spiel in Mutschelbach waren wir in einer extrem schwierigen Situation. Der Sieg dort und die insgesamt zehn Punkte aus vier Spielen haben vieles einfacher gemacht. Dass sich die Mannschaft und der Trainer daraus befreit haben, war ein kleiner Erfolg. Das dürfen wir aber auch von ihnen erwarten und da ist Marcel Yahyaijan als Chef-Coach realistisch genug.
Wenn wir gerade beim Thema Oberliga sind. Inwieweit nehmen Sie eigentlich Einfluss auf die Zusammenstellung des Teams?
Das gehört zu meinen Aufgaben. Aber immer in Absprache mit den Trainern. Wenn wir etwa drei Spieler zur Auswahl haben, muss er seine Einschätzung abgeben. Für mich ist aber neben der Regionalität auch die Kontinuität ein wichtiger Aspekt. Ich bin kein Freund davon, einen Spieler nur für eine Saison zu holen. Die Zuschauer müssen sich mit ihm identifizieren, er muss die Zugehörigkeit spüren, muss uns diese aber auch geben.