Fußball: Noch nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat der SC Pfullendorf punktemäßig so miserabel wie in diesem Oberliga-Abstiegsjahr abgeschnitten. Die bescheidenen 13 Zähler unterbieten alles bisher Dagewesene – ein Negativrekord vermutlich für die Ewigkeit. Selbst in seinem missglückten Oberliga-Einstandsjahr 1980/81 kratzten die Linzgauer unter ihrem damaligen Trainer Günter von de Fenn 22 Punkte zusammen, bei heutiger Drei-Punkte-Regelung, die 1995 eingeführt wurde, wären sie bei acht Siegen und sechs Teilerfolgen auf 30 Zähler gekommen.
35 Jahre lang haben die Pfullendorfer als Vorzeigeclub in der Dritt- und Viertklassigkeit verbracht und sich zeitweise als zweitbester südbadischer Verein hinter dem Bundesligaclub SC Freiburg mit stolz geschwellter Brust präsentieren können. Doch ihr einstiger Macher und hochgeschätzter Fußballfachmann, Manager Hans-Hermann Krane zog sich aus gesundheitlichen Gründen vor sechs Jahren zurück und seither geht beim SC Pfullendorf fast nichts voran. Ganz anders als jene Erfolgsstory, die Krane 1972/73 mit dem Aufstieg aus der A-Klasse Bodensee einleitete und die bis in höchste Amateurklassen führte (siehe untenstehenden Bericht). Zu dessen genialen Fähigkeiten zählte, dass er mit Geschick und Verstand sportliche Rückschläge von Abstiegen stets mit der umgehenden Ligarückkehr zu korrigieren vermochte. Die Erfolgsspirale führte bis hin zur Schwelle des Profitums und damit – auch durch den sukzessiven Rückzug des Hauptsponsors Alno bedingt – an finanzielle Grenzen, mit später weit reichenden Folgen.
Gleichwohl schien der Verein mit seinen Transfererlösen für Johannes Flum und Adem Sari (fast 375 000 Euro) wieder auf Sanierungskurs zu steuern, erklärte doch der inzwischen abgelöste Vorsitzende Martin Fritz vor drei Jahren den Sportclub für nahezu schuldenfrei. Wie die neuerlich festgestellte Schuldenlast von 300 000 Euro zustande kam, bleibt für so manchen Insider ein absolutes Rätsel. Und die neue Führung möchte da nicht nachkarten.
Höherklassige Weihen sind spätestens seit dem ruhmlosen Abstieg aus der Regionalliga Südwest im Jahre 2013/14 passé. Da standen unter dem heute in Ulm sehr erfolgreich agierenden Trainer Stephan Baierl gerade Mal 19 Punkte zu Buche – bei einer sträflich vernachlässigten Sponsorenpflege und einer verheerenden Personalpolitik, die sich bis zuletzt fortgesetzt hat.
Gleichwohl bedarf es beim Blick in die Annalen eines zeitintensiven Studiums, um unabhängig von der Klassenzugehörigkeit annähernd Vergleichbares wie diesen desaströsen Oberliga-Absturz zu finden. So hatte der Sportclub vor 63 Jahren seinen allerersten Gehversuch in der 2. Amateurliga, Staffel 4 (heutige Landesliga) im Jahre 1953/54 mit viel Lehrgeld bezahlt. Als Tabellen-13. wurde der SCP bei drei Siegen und fünf Unentschieden und 18 Niederlagen auf Anhieb mit 11:41 Punkten in die A-Klasse Bodensee zurückverwiesen. Nach heutigem Zählmodus hätten die damaligen Kicker mit 14 Zählern sogar noch knapp besser abgeschnitten als das heutige Team von Patrick Hagg, obgleich die damaligen Strukturen nur mit eigenen Pfullendorfer Spielern eine solche Gegenüberstellung eigentlich nicht erlauben.
Spätere Anläufe der Linzgaukicker, sich in neuen Spielklassen zu etablieren, verliefen da weitaus gelungener.
Das traurigste Kapitel eines sportlichen Versagens liegt aber in einer Saison ohne einen einzigen Heimsieg. So etwas gab es noch nie beim SCP. Da kann der Chronist geschichtsträchtig aus dem Nähkästchen plaudern, zumal sämtliche Punktepartien in alten SÜDKURIER-Ausgaben nachrecherchiert sind. So also auch der Wiederbeginn 1945/46 in der Einheitsklasse und die 1946/47 erfolgte Eingliederung des SCP in die Bezirksklasse Hegau Bodensee, also während der französischen Besatzungszeit. Da agierte der Sportclub unter dem Namen SV und FC Pfullendorf, weil sämtliche Sportvereine aus der NS-Zeit verboten waren.
In der ewigen Oberligatabelle rangiert der SC Pfullendorf gleich hinter dem FC 08 Villingen unter 93 Clubs an 14. Stelle in bisherigen 17 Spielzeiten. Dem südbadischen Oberhaus, der Verbandsliga, gehörte Sportclub, rechnet man die 1. Amateurliga Südbaden (von 1976 bis 78) hinzu, insgesamt nur acht Jahre an, wobei fünf Meisterschaften gelangen.
Es obliegt nun den ehrenhaft in die Bresche gesprungenen früheren Regionalligakickern Marko Barlecaj, Marco Konrad und Ralf Hermanutz, diesen schier unaufhaltsamen sportlichen Niedergang des SC Pfullendorf endlich zu stoppen. Sie strahlen Seriosität aus. Ob es ihnen gelingen wird, längst resignative Fußballfreunde und auch Spielkultur in die Geberit-Arena zurückzugewinnen?