Handball, 2. Bundesliga: Gibt es sie, die Angst des Schützen vor dem Siebenmeter? 28:28, die Zeit ist abgelaufen, Aron Czakó hat die Möglichkeit, oder ist es die Bürde, vielleicht gar das Privileg, die HSG Konstanz gegen Lübeck-Schwartau zum ersten Sieg in der 2. Bundesliga zu werfen. Gespielt hat er bis dahin keine einzige Minute, nur einmal ist er bis zu diesem Showdown auf dem Parkett gewesen, vier Minuten und 20 Sekunden zuvor, als er einen Strafwurf zum 25:26-Anschluss verwandelte. Und nun das Finale furioso. „Ich habe gewusst, der Aron macht ihn rein“, wird später Teamkollege Mathieu Fenyö erzählen, „ich habe mich schon vor dem Wurf zum Sturm aufs Spielfeld vorbereitet.“ Aron allein am Strich, ist auch er sich gewiss, dass er treffen wird? Ist er so eiskalt, wie draußen der Fenyö glaubt? „Es dauerte ja nach dem Foul am Alex bis zum Siebenmeter eine Zeit lang“, sagt Czakó, „natürlich war ich nervös, alles andere wäre gelogen, aber irgendwie war ich mir auch sicher, dass ich treffe.“

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Also hatte Kumpel Mathieu doch recht. Ist ja alles ganz einfach, nicht wahr? Von wegen. Normalerweise wirft Araon Czakó gar keine Siebenmeter. Aber wenn mit den erkrankten Lukas Köder und Christos Erifopoulos die Spezialisten Nummer eins und Nummer zwei fehlen und die Nummer drei Veit Schlafmann mit zwei verwandelten und zwei verworfenen Strafwürfen lieber mal zurücksteht, dann ist Czakó an der Reihe – und trifft. Der Rest ist gelbblaue Ekstase. Die Mannschaftskameraden umarmen, drücken, schütteln ihn, und wenn die Bilder nicht irren, die der Privatsender Dyn in die Handballwelt hinaus schickt, dann kriegt der Siegtorschütze auch ein Küsschen auf die Stirn von Nikita Pliuto. Dass die Fans Aron Czakó feiern, ist eh klar, aber dieses Dankeschön gibt er zurück: „Wir müssen uns doch bei ihnen bedanken, dass sie uns so zahlreich helfen nach den vielen Spielen ohne Erfolg.“

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Auch Alexander Leindl ist vom HSG-Anhang begeistert. „Gigantisch“ nennt er die Unterstützung des Anhangs, „das beflügelt.“ Der Winter-Neuzugang ist maßgeblich am Erfolgserlebnis beteiligt. Fünf Tore hat der Linkshänder schon geworfen, weshalb ihn Paul Skorupa Sekunden vor Schluss auch unbedingt am letzten Wurf hindern will. Heraus kommt ein brutales Foul, eine Rote Karte und der finale Siebenmeter für die HSG. Leindl wird zum Glück nicht verletzt. „Der ist bekannt dafür“, sagt er zur rüden Attacke von Skorupa, das „selbst schuld“ mag er sich denken, spricht es aber nicht aus. Stattdessen verteilt er ein Kompliment an Felix Sproß. „Der Felix hat voll den Takt übernommen“, sagt Leindl. Stimmt, und nicht nur das. Zwischen der 55. und der 58. Minute erzielt Sproß auch drei seiner acht Treffer. Doch da wiegelt er ab. „Es geht mir gar nicht darum, viele Tore zu werfen“, erklärt Sproß, „mir ist wichtiger, dass wir gut verteidigen und schönen, schnellen Handball spielen.“

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In den weiteren Saisonspielen gehe es darum, sich gut zu präsentieren und mit Blick auf die nächste Spielzeit weiterzuentwickeln. Da spricht der studierte Sportpsychologe aus Felix Sproß. Gegen weitere Siege hätte er natürlich auch nichts einzuwenden, weshalb er den Teamkollegen Czakó und Leindl komplett zustimmt. Wer in Ludwigshafen punktet und Lübeck-Schwartau besiegt, der hat im Gepäck nach Ferndorf nicht die weiße Fahne, sondern die Absicht, auch dort den Gegner zu ärgern.