Wenn es draußen kalt wird, laufen beim FC 08 Villingen und beim 1. FC Rielasingen-Arlen die Drähte heiß. In der Winterpause wollen die Fußball-Oberligisten ihre Kader verstärken oder zumindest den Spielermarkt durchleuchten. Dabei spielt ein Spielerberater aus Singen eine wichtige Rolle.

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Spielervermittler im Profi-Fußball werden häufig von einem negativen Ruf begleitet, von geldgierigen Menschenhändlern ist dabei immer wieder die Rede. Die ganz Großen der Branche wie Mino Raiola oder Pini Zahavi tauchen mitunter beinahe genauso häufig in den Schlagzeilen auf wie ihre prominenten Klienten. Im Amateurfußball ist dies anders. Hier agieren Berater üblicherweise erst ab Oberliga aufwärts und spielen zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle, sind aber dennoch sehr wichtig.

Marcel Yahyaijan, Trainer und Sportdirektor in Personalunion beim FC 08 Villingen, erhält derzeit täglich mehrere E-Mails und Anrufe von Spielervermittlern, die ihre Klienten anbieten. Der 29-Jährige will seine Mannschaft in der Winterpause möglichst mit einem Mittelstürmer verstärken. Das wissen auch die Berater, die in der Oberliga tätig sind.

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Einer davon ist Laurent Burkart. Dessen B360 Sports Agency hat ihren Sitz sehr symbolträchtig am Kurfürstendamm in Berlin gleich neben Apple und Tesla sowie in der zweithöchsten Etage des Hegau-Towers in Burkarts Heimat Singen. Die Agentur hat sich vor allem auf junge Talente mit Profi-Potenzial aus dem Südwesten Deutschlands sowie Österreich spezialisiert. Wie wichtig Netzwerk und Vertrauen selbst im halb-professionellen Oberliga-Geschäft sind, zeigt Burkarts Beispiel.

Agentur ist in der Region verwurzelt

Der 29-jährige Geschäftsmann hat etwas mehr als 100 Fußballer in seinem Portfolio, der prominenteste ist der Ex-Schalker Marco Höger. Vier davon stehen derzeit beim FC 08 Villingen unter Vertrag, dazu kommen zwei ehemalige Nullachter. Und nicht nur das: Auch Marcel Yahyaijan ist einer der Klienten von B360. Zufall ist dies nicht. „Unser Hauptgeschäft bezieht sich eher auf die Profiligen. Ich bin aber mit der Region stark verbunden und will, dass es auch den Vereinen in der Region gut geht“, erklärt Burkart seine Motive.

Gutes Geld in der Oberliga

Ausschließlich aus Nächstenliebe und Fußballromantik wird er aber wohl nicht getrieben. Auch in der Oberliga können Berater gutes Geld verdienen, erst recht, wenn sie – wie im Falle von B360 – immer wieder Spieler bei ihren „Lieblingsvereinen“ unterbringen können. In der Regel kassiert der Berater eine Provision für einen Vertragsabschluss – meist ein Monatsgehalt.

Hat einen Berater für Hospitationen und Netzwerktreffen: Marcel Yahyaijan.
Hat einen Berater für Hospitationen und Netzwerktreffen: Marcel Yahyaijan. | Bild: Maurice Sauter

Mittlerweile ist es gängig, dass ein Oberliga-Kicker die Dienste eines Beraters beansprucht. „Schon in dieser Liga geht es um nicht unrelevantes Geld. Deshalb geht es auch hier darum, Verträge richtig zu strukturieren und Spieler bei anderen Vereinen zu platzieren“, erklärt Burkart. Marcel Yahyaijan ergänzt. „Für viele junge, talentierte Spieler kann auch die Oberliga ein Sprungbrett in den Profifußball sein. Die meisten Profivereine scouten jedoch erst ab der Regionalliga. Durch die Unterstützung eines Beraters kann auch mal ein Oberligaspieler beobachtet werden.“ Gilt dies auch für junge und ambitionierte Trainer, die irgendwann mal in den Profibereich wollen, Herr Yahyaijan? „Da ist es ähnlich. Mir hilft mein Berater insbesondere, um Hospitationen bei anderen Vereinen zu erhalten, oder um an Netzwerktreffen teilnehmen zu können.“

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Auch beim 1. FC Rielasingen-Arlen, dem zweiten Oberligisten aus der Region, spielen derzeit drei Klienten von B360. Ein Hauen und Stechen um Burkarts Spieler gebe es unter den Vereinen jedoch nicht. „Wir verfolgen ja ganz unterschiedliche Philosophien. Villingen holt erfahrene Oberliga-Spieler, wir hingegen wollen junge Talente finden“, betont der Rielasinger Trainer Michael Schilling, der auch in den Transfers-Prozess involviert ist.

Michael Schilling sucht mit dem 1. FC Rielasingen-Arlen junge Talente.
Michael Schilling sucht mit dem 1. FC Rielasingen-Arlen junge Talente. | Bild: Jürgen Rössler

Um eine Abhängigkeit von einem Berater zu vermeiden und auch Spieler anderer Regionen und Länder zu sichten, kooperieren die beiden Vereine aber auch häufig mit anderen Vermittlern. Dabei werden vor allem diejenigen interessant, die in anderen Teilen der Republik vernetzt sind. „Hier in der Region können wir selber ganz gut scouten“, erklärt Schilling. „Aber in Österreich oder Nordbaden sind andere Berater sehr gut vernetzt. Nur mit unserem eigenen Netzwerk kommen wir gar nicht in diese Regionen.“ Hier dienen die Vermittler quasi als Erweiterung des eigenen Scouting-Netzwerks.

„Die Berater sind auf uns angewiesen und wir auf sie.“
Michael Schilling

Wenn also die Hegauer in dieser Winterpause ihren Kader in der Breite verstärken wollen, werden Berater dabei eine entscheidende Rolle spielen, die die Vereine – anders als so mancher Profiverein mit schlechten Berater-Erfahrungen – begrüßen. „Die Berater sind auf uns angewiesen und wir auf sie“, sagt Michael Schilling. In diesem Winter dürfen somit gerne wieder die Drähte glühen.