Fußball Es war ein Samstag, es war in Schönau und es schlug 13. Für den SV 08 Laufenburg auf jeden Fall, aber viel mehr noch für den 29-jährigen Erkan Aktas. „Ich war damals in einer Phase, in der ich nicht mehr wusste, wie mir geschah“, blickt Aktas, seit 2023 als Co-Trainer der U21 des FC Basel tätig, gut 15 Jahre später mit SÜDKURIER-Regiosport Hochrhein auf jene Wochen zurück.
Christoph Mathis war es, der an diesem 31. Oktober, im Herbst des Jahres 2009, ein für die Zukunft von Erkan Aktas entscheidendes Tor erzielt hat. Die Laufenburger gewannen als Schlusslicht dieses wichtige Spiel beim Tabellenführer. Nach zwölf zähen Spielen war es der ersehnte erste Sieg für den erst wenige Monate zuvor aus der Landesliga abgestiegenen Club. Und es war der erste Sieg für den Trainer-Novizen Erkan Aktas, der erst im Sommer vom FC Wehr ins Waldstadion gewechselt war.
Umbruch beim SV 08 Laufenburg
Nach 38 Jahren im überregionalen Fußball waren die Null-Achter abgestiegen, vor allem wegen der 23 Punkte, die das Sportgericht wegen eines Formfehlers beim Spielerpass von Benjamin Gallmann vom Konto abgezogen hatte. Mit dem nun anstehenden Umbruch wurde Erkan Aktas betraut, der eine völlig neue Mannschaft aufstellen musste.

Stützen wie Michael Wasmer, Volker Vogelbacher und Benjamin Gallmann gingen. Die Neuen kamen aus dem eigenen Nachwuchs und von umliegenden Kreisligisten. Dazu brachte Aktas, der als Spielertrainer vorgesehen war, Ismail Palit und Onur Yildirim vom FC Wehr mit. Vom Aufstieg war im Waldstadion keine Rede, aber die Top 5 strebte Sportchef Thomas Rudigier schon an.
Davon waren die Null-Achter an jenem Nachmittag in Schönau meilenweit entfernt. Drei Unentschieden hatte das Team nach einem Dutzend Spiele geholt. Im Umfeld rumorte es, auch nach dem ersten Sieg. Mit nur 13 Punkten schloss der SV 08 Laufenburg die Vorrunde ab.
„Thomas Rudigier und Thomas Werne haben immer an mich geglaubt“
Was der 45-Jährige sowohl Thomas Rudigier als auch dem damaligen Vorsitzenden Thomas Werne noch heute hoch anrechnet, ist das Vertrauen: „Sie haben an mich geglaubt und mir immer den Rücken gestärkt. Hätten sie mich damals entlassen, wäre ich wohl nie Trainer geworden.“
So haben Rudigier und Werne indirekt einen enormen Anteil an der Karriere des einst beim SV Oberwihl groß gewordenen Vollblutfußballers: „Dort bei der SG Hotzenwald habe ich mit Fußball begonnen, spielte dann ab den D-Junioren in Laufenburg“, erzählt Aktas: „Als Jugendlicher zog es mich immer wieder in die Schweiz. Geklappt hat es nie.“
Die Alternative erwies sich für ihn als Glücksfall: „Als A-Junior war ich zwei Jahre beim SC Freiburg und habe damals unter Christian Streich trainiert“, so Aktas, der es danach nicht zu den Profis schaffte: „Technisch war ich gut, hatte großen Ehrgeiz, aber mir fehlte die Athletik.“
Christian Streich sagte dem Talent: „Geh nach Steinen zum Uwe Ehret“
Christian Streich schien damals dennoch erkannt zu haben, welches Talent in Erkan Aktas schlummerte. Der spätere „Kültle-Trainer“ empfahl dem jungen Fußballer eine andere Freiburger Fußballgröße: „Geh nach Steinen zum Uwe Ehret, hat er mir gesagt“, weiß Erkan Aktas noch gut, wie 1998 sein Wechsel zum damaligen Oberligisten ins Wiesental zustande kam.

Nachdem es mit der Profikarriere nicht geklappt hatte, fokussierte sich Aktas aufs berufliche Fortkommen. Zwei Jahre lang besuchte er die Technikerschule in Bayreuth, kickte in Münchberg und kehrte als Textiltechniker an den Hochrhein zurück. Nach einem Fußballverein musste er nicht lange suchen, denn sein Arbeitgeber hatte die Brustwerbung beim FC Wehr übernommen und dort war mittlerweile Kurt Schwald als Spielertrainer aktiv, einst Aktas‘ Mitspieler beim FC Steinen-Höllstein.
„Spielertrainer war nichts für mich“
Dass er bereits mit 29 Jahren selbst Spielertrainer werden wollte, lag für Erkan Aktas einzig daran, dass er selbst immer den Plan hatte, eine Mannschaft zu übernehmen. „So wie Kurt in Wehr hätte ich in Laufenburg auch gern funktioniert. Aber das war nichts für mich. Das habe ich schnell gemerkt“, lacht Aktas heute.

Dank einer bärenstarken Rückrunde und der Tore des pfeilschnellen „hauptberuflichen Skifahrers“ Max Stockkamp, der vom SV Todtmoos aus der Kreisliga B gekommen war, gelang den Null-Achtern doch noch der Ligaverbleib: „Wir haben fast alles gewonnen, holten 33 Punkte“, weiß Erkan Aktas noch genau.
Danach krempelte er die Ärmel hoch und im Club alles um. David Gartner und Sven Goronzi kamen als Assistenztrainer, Moritz Becker aus Murg wurde Athletiktrainer und Mohammed Yilmaz fungierte als eine Art Teammanager. „Was wurden wir belächelt, als wir uns den breit ausgerichteten Staff aufgebaut haben“, muss Aktas heute schmunzeln: „Wir wollten für Spieler attraktiver werden, haben auch eine Waschküche mit Trockner eingerichtet, damit die Trainingsklamotten vor Ort gewaschen werden konnten.“

„Weißer Riese“ am Hochrhein
So wurde als dem ordentlich gerupften Ex-Landesligisten langsam, aber sicher wieder ein „weißer Riese“ am Hochrhein. Vier Jahre nach seinem Amtsantritt erfüllte Aktas die Vorgabe von Thomas Rudigier aus dem Jahr 2009: „In vier, fünf Jahren soll es wieder in die Landesliga gehen.“
Im Sommer 2013 stürmten die Null-Achter mit fliegenden Fahnen nach oben, hatten 79 von 90 möglichen Punkten eingespielt. Nur beim Vizemeister FC Wittlingen erlaubten sie sich eine 2:5-Niederlage, nahmen dafür dann Revanche mit dem 3:1-Sieg im Pokalfinale vor heimischer Kulisse. Zum Double-Sieger zählten damals schon Akteure wie Bujar Halili, Felix Zölle und Sandro D‘Accurso, die heute noch oder wieder das Laufenburger Trikot tragen.
Aktas ließ einen attraktiven Fußball spielen, die Strukturen in Laufenburg lockten Talente an. „Wir hatten ein Trainerteam, um taktische Neuerungen einzuführen, die mit diesen Spielern auch gut umzusetzen waren“, nahm Aktas den Schwung in der Landesliga mit, beendete die erste Saison auf Rang vier. Eine Platzierung, die erst durch die Vizemeisterschaft 2024 unter Michael Hagmann getoppt wurde.

Nach der zweiten Saison – also genau vor zehn Jahren – gab Erkan Aktas seinen Ausstand bei den Null-Achtern, wechselte in die Schweiz. Sascha Stauch aus Waldshut, in den 90er Jahren als Verbandsliga-Spieler bei den Null-Achtern, war damals beim FC Aarau unter anderem Nachwuchschef und Sport-Vorstand. „Er holte mich über den Rhein, band mich in die Jugendarbeit ein“, so Aktas, der mittlerweile sämtliche Trainerscheine bis zur A-Lizenz in der Tasche hatte.
2019 meldet sich der FV Lörrach-Brombach
Nach einem Jahr bei der U15 trainierte er zwei Jahre lang die U16 im Team Aargau. „Damals hätte ich schon gern mein Hobby zum Beruf gemacht, hatte auch das Angebot vorliegen.“ Doch Erkan Aktas, mittlerweile mit Manuela verheiratet und Vater des 2011 geborenen Noa, mied das Risiko: „Damals haben die Umstände für mich nicht gepasst.“

Erkan Aktas verließ das Brügglifeld, machte erst einmal Pause und wurde im Frühjahr 2019 vom FV Lörrach-Brombach kontaktiert. Der Verein hatte sich von Enzo Minardi getrennt, kämpfte als Tabellen-Vorletzter gegen den Abstieg aus der Verbandsliga. In den letzten sechs Spielen holte das Team stolze 13 Punkte, schob sich unter Aktas noch auf Platz zehn.
Was in der folgenden Saison passierte, hatte niemand auf der Rechnung. Erkan Aktas spielte mit dem FV Lörrach-Brombach eine hervorragende Vorrunde, stand zur Winterpause – einen Punkt hinter dem Offenburger FV – sensationell auf Rang zwei. Das erste Spiel im neuen Jahr wurde 1:0 gegen die DJK Donaueschingen gewonnen, tags zuvor verlor der OFV das Derby beim Kehler FV. Nach 18 Spielen stand der FV Lörrach-Brombach wieder an der Tabellenspitze – und hatte ein paar Tage später ein Problem.
Am Ende der folgenden Woche wurde der erste Corona-Lockdown ausgerufen, die Bälle ruhten. Bis Saisonende ging nichts mehr, der Südbadische Fußballverband entschloss sich zur Quotienten-Regelung zur Ermittlung der Meister, die einzig aufsteigen durften: „Plötzlich waren wir in der Oberliga“, staunte nicht nur Erkan Aktas in jenen Tagen: „Der Verein hat es uns freigestellt, ob wir rauf wollen. Die nötigen Strukturen hatten wir nicht, aber große Lust aufs Abenteuer.“
Vor 4000 Zuschauern bei den Kickers
Das dauerte, auch wegen der annullierten Folgesaison 2020/21 bis in den Sommer 2022. Der FV Lörrach-Brombach holte zwar nur elf Punkte aus den 38 Spielen, nahm aber unvergessliche Momente mit: „Ich erinnere mich an die Partie vor 4000 Zuschauern in der Waldau bei den Stuttgarter Kickers und wir lagen bis Mitte der zweiten Hälfte nur 0:1 zurück“, bekommt Aktas glänzende Augen und muss schmunzeln: „In Reutlingen wurden wir am Stadtrand von einer Polizei-Eskorte abgeholt, aber wir hatten nicht einmal Fans im Bus sitzen. Dafür galt das Rückspiel als Hochrisiko-Begegnung.“
Mit dem Abstieg kam für Erkan Aktas auch der Abschied: „Jetzt wollte ich wirklich einmal Pause machen, mich auch mehr um meine kleine Familie kümmern.“ Sein Sohn spielte mittlerweile auch schon Fußball, ist heute feste Größe im Nachwuchs beim JFV Region Laufenburg: „Aktuell spielt er in der U14, wird von Andreas Brutsche aus Murg trainiert, den ich einmal in der Woche im Training unterstütze“, so Aktas, der ohne Fußball nicht kann.
Denn die anvisierte Pause musste ausfallen. Erneut kam der Lockruf aus der Schweiz. „Wir waren zum Pfingst-Urlaub in Istanbul. Das Handy klingelte und dran war Remo Gaugler, Nachwuchschef beim FC Basel. Er suchte einen Co-Trainer für Ognjen Zaric, damals Cheftrainer der U21.“ Aktas sagte ein Vorstellungsgespräch zu, rechnete sich aber nicht viel aus. Prompt wählte ihn Zaric aus dem Kreis der Kandidaten.
Assistent von Mario Cantaluppi
Nach einem einjährigen Intermezzo bei der U17 arbeitet Aktas nun wieder an der Schnittstelle zwischen Nachwuchs und Profis. Als Assistent von Mario Cantaluppi, 24-facher Schweizer Nationalspieler und in der Bundesliga ab 2004 für zwei Jahre beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag, formt Erkan Aktas die künftigen Profis.
Für Erkan Aktas ist die neue Aufgabe ein derart spannendes Feld, dass er mittlerweile in Teilzeit beim FC Basel arbeitet: „Bei fünf Trainingseinheiten ist das nicht anders machbar. Mittlerweile habe ich auch den Beruf gewechselt, arbeite in Basel in der IT-Branche und mein Büro ist nur zehn Minuten vom Campus entfernt.“

Neben der Aufgabe, die Talente zu formen und sie fit für eine Karriere im Profifußball – sei es beim FC Basel oder bei einem anderen Verein – zu machen, schätzt Erkan Aktas die nachhaltigen Strukturen an seiner Arbeit. In der Nachwuchsabteilung bleibt nichts dem Zufall überlassen, alle Mannschaften arbeiten nach einem ausgefeilten Konzept, um der Aufgabe als Ausbildungsverein gerecht zu werden: „Es ist das Größte für uns, einen Spieler aus unserem Campus, in der Profi-Elf zu sehen.“
Im internationalen Geschäft hat die Nachwuchsarbeit des FC Basel einen guten Namen, nicht zuletzt durch international bekannte Stars wie Brrl Embolo, Granit Xhaka oder Xherdan Shaqiri, die einst aus dem „Joggeli“ auszogen, die Fußballwelt zu erobern. Aber auch durch einen Leon Avdullahu, der mit seinen 21 Jahren auch schon unter Erkan Aktas trainierte und nun feste Größe als Eigengewächs beim aktuellen Tabellenführer ist.
Timo Jankowski wird sein Chef
Was bringt die Zukunft für Erkan Aktas? Zunächst ein Wiedersehen mit einem Spieler, der im Sommer 2009 im Kader des SV 08 Laufenburg stand, als Aktas seine erste Trainerstelle antrat: „Ich freue mich durchaus auf die Zusammenarbeit mit Timo Jankowski“, so Aktas. Sein einstiger Spieler, der nach vier Jahren von den Fidschi-Inseln zurückkommt, ist ab 1. Juni sein neuer Chef.

Ob er es über den Saisonwechsel bleibt, werde sich zeigen: „Als neuer Technischer Leiter der Nachwuchsabteilung wird Timo vorab Gespräche mit den Trainern führen, also auch mit mir. Ich bin gespannt, welche Philosophie er für die Zukunft des Campus ausgibt. Danach wird sich zeigen, ob wir diesen Weg gemeinsam gehen.“
Als Trainer ist Erkan Aktas offen: „Natürlich wäre es reizvoll, in der Profiliga zu arbeiten. Aber ich bin auch Realist und bin aktuell sehr zufrieden mit meiner Aufgabe, junge Talente in einem interessanten Umfeld zu fördern.“ Was die Zukunft bringe, müsse er mit der Familie gut abschätzen: „Sie haben genug Opfer gebracht, damit ich mein Hobby so ausleben kann, wie ich es momentan mache. Was ich gelernt und mitbekommen habe, ist, dass du in diesem Business den Moment genießen und nicht großartig planen solltest.“