Ein Dorf – ein Verein. Mit diesem Slogan wirbt der FC Grießen auf seiner Homepage um neue Mitglieder. Wer mit Jörg Ritter spricht, spürt es sogleich, dass es diese dörfliche Struktur ist, die ihn fasziniert und die er auch nicht missen will.
Nur einmal, als er während seines Studiums an der Pädagogischen Hochschule in Weingarten beim damaligen Landesligisten SV Weingarten mittrainierte, um sich für seine Wochenend-Einsätze beim A-Kreisligisten FC Grießen fit zu halten, war er ein bisschen ins Zweifeln gekommen: „In Weingarten hatten wir drei Naturrasen- und einen Kunstrasenplatz. Ich hätte vielleicht sogar in der Landesliga-Mannschaft des Vereins spielen können, habe es aber nicht übers Herz gebracht, meinem FC Grießen abzusagen“, erinnert er sich. Zu groß war die Verbindung zu seinen Freunden im Klettgau. Und heute ist er sich sicher, damals die richtige Entscheidung getroffen zu haben: „Ich habe das nie bereut.“
Mit fünf oder sechs Jahren fing der heute 32-Jährige in der F-Jugend des FC Grießen an. Ab der C-Jugend bildeten die Grießener eine Spielgemeinschaft mit dem benachbarten FC Geißlingen. Auch als Aktiver war er beim FC Grießen fest verwurzelt und als Stürmer auch während seiner Studienzeit gefragt. Zunächst spielte er mit seiner Mannschaft in der Kreisliga A.

In der Saison 2011/12 gelang dem FC Grießen als Meister der Aufstieg in die Bezirksliga. Nach zwei Spielzeiten dort ging‘s 2014 wieder nach unten und der FC Grießen fand sich in der Kreisliga A wieder. Allerdings musste der Verein noch eine Etage runter, denn 2017/18 stiegen die Klettgauer als Letzter ab. Ritter: „Das Jahr in der Kreisliga B hat uns eigentlich ganz gut getan. Das war wie ein Neuanfang.“
Nach nur einem Jahr die Wende: Der FC Grießen beendete die Runde als Zweiter hinter Meister SV Stühlingen. „Die Aufstiegsspiele werde ich nie vergessen. Beim SV Obersäckingen hatten wir mit 1:0 gewonnen. Im Rückspiel zu Hause lagen wir 0:2 hinten und haben das Ding vor einer großen Zuschauerkulisse noch umgebogen und mit 5:3 gewonnen“, erinnert sich Ritter. In der Saison 2019/20 also wieder Punktejagd in der Kreisliga A. Übrigens: Dem SV Obersäckingen gelang ein Jahr später auch der Aufstieg in die Kreisliga A.
Im November 2019 übernahm Jörg Ritter als Spielertrainer Verantwortung beim FC Grießen, als Markus Althoff nach acht Spielen ohne Sieg sein Amt als Coach aufgegeben hatte. Viele Spiele konnte Ritter nicht mehr in seiner neuen Funktion bestreiten, da kurz nach der Winterpause im März des vergangenen Jahres die Saison Corona-bedingt abgebrochen wurde. Immerhin waren ihm und seinem FC Grießen noch drei Siege gelungen. „Ich kannte natürlich die Stellschrauben, wo ich ansetzen musste. Und bei der Mannschaft kam ich auch ganz gut an. Das lief ganz harmonisch ab“, so Ritter. Dennoch fand man sich auf dem letzten Tabellenplatz wieder.
„Wir haben davon profitiert, dass es wegen des Abbruchs keine Absteiger gegeben hat“, gibt Ritter zu. Seine Jungs hätten den Warnschuss verstanden und in der laufenden Saison lief es deutlich besser – ehe die Saison im Herbst wieder abgebrochen wurde. Fünf der zehn ausgetragenen Spiele wurden gewonnen. Als Fünfter ist der FC Grießen auf alle Fälle im Soll, hat mit dem Abstieg nichts zu tun.

„Wir haben uns auf unsere Stärke besonnen. Das ist das Kurzpassspiel“, sagt Ritter selbstbewusst. Über einen soliden Spielaufbau wolle man zum Erfolg kommen. Als Stärke wertet der Trainer auch „die perfekte Mischung aus Jung und Alt“ und seinen großen Kader. Angenehmer Nebeneffekt sei, dass er als 32-Jähriger jetzt nicht mehr selbst die Kickschuhe schnüren müsse: „Ich sehe meine Zukunft eher an der Seitenlinie – als Trainer. Außerdem stecken mir die Jahre als Spieler auch etwas in den Knochen.“
Ob die Bezirksliga mal wieder ein Thema werden könnte? „Druck haben wir keinen. In der Kreisliga A macht es uns Spaß. Wenn es aber mehr werden sollte, nehmen wir es natürlich dankend an“, so Ritter.
Fakt ist, dass der FC Grießen immer ein familiärer und bodenständiger Verein bleiben solle, der auch in der Gemeinde fest verwurzelt ist. Ritter: „Bei Arbeitseinsätzen oder bei einer Altpapiersammlung ist die erste Mannschaft immer dabei. Das gehört dazu. Und statt Prämien gibt‘s einen Kasten Bier.“
Über allem stehe derzeit, dass es wieder eine normale Zeit nach Corona gebe. So musste der Verein, der in diesem Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert, sein Festbankett zwar in den Oktober verschieben, doch das Sommerfest soll stattfinden. In dessen Rahmen sind zwei Testspiele der U17 und U19 des SC Freiburg gegen hochklassige Gegner am 10. Juli im heimischen Schwarzbachstadion geplant.
Fit wolle man sich auch während der Corona-Zwangspause halten. Ritter, der als Grundschullehrer derzeit auch nur im Home Office arbeitet, strampelt selbst viele Kilometer auf seinem Rennrad ab. Seinen Spielern hat er eine „Lauf Challenge“ aufgebrummt. „Wer hinter mir liegt, bekommt eine Zusatzaufgabe“, schmunzelt er. „Der muss zum Beispiel ein Lied vor der ganzen Mannschaft singen“. Spaß muss sein – auch in diesen Zeiten.