Der Maute-Sprung: Millimeter-Arbeit und höchste Konzentration sind gefragt, wenn Kunstradfahrerin Alisa Lais vom RSV Wallbach den ...
Der Maute-Sprung: Millimeter-Arbeit und höchste Konzentration sind gefragt, wenn Kunstradfahrerin Alisa Lais vom RSV Wallbach den technisch höchst anspruchsvollen Sprung vom Sattel auf den Lenker wagt. Der so genannte Maute-Sprung (benannt nach Bundestrainer Dieter Maute, der ihn „erfunden“ hat) ist ein wichtiges Element beim Start der 24-Jährigen an den Deutschen Meisterschaften in Moers. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Alisa, mit welchem Ziel gehen Sie am Samstag in Moers aufs Parkett?

Nach meinen bisherigen Erfahrungen kann man gerade bei Deutschen Meisterschaften nicht wirklich etwas planen. So eine Veranstaltung hat ihre eigenen Gesetze. Da kann wirklich alles passieren. Deshalb bin ich gut beraten, mich nicht unter Druck zu setzen. Unterm Strich will ich mein Programm sauber fahren – der Rest ergibt sich.

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Sie fahren zum dritten Mal in Moers eine Deutsche Meisterschaft. 2016 bei ihrer Premiere in der Elite fuhren Sie mit 132,59 Punkten auf Platz 13, 2019 erreichten Sie mit 161,85 Punkten den siebten Rang, wiederholten die Platzierung von 2018 in Nerresheim, wo sie 154,95 Punkte ausfuhren. Da aller guten Dinge nun einmal drei sind, könnten Sie doch das Podest ins Visier nehmen?

Natürlich wäre es wunderschön, dort auf dem Treppchen zu landen. Aber wie gesagt: Eine Unachtsamkeit und dann sind gleich viele Punkte weg. Mir ist es erst einmal wichtig, in Moers eine gute Kür zufahren und dort Spaß zu haben.

Ausschnitte aus der Kür Video: Scheibengruber, Matthias

Der Spaß-Faktor war in den vergangenen eineinhalb Jahren für Sie als Kunstradsportlerin wegen der Einschränkungen durch Corona-Pandemie allerdings begrenzt. Wie kamen Sie durch die Zeit?

Es war eine schwierige Zeit, ohne Training und ohne Wettkämpfe. Im Rückblick waren es zwei verlorene Jahre, denn es ist schon mühsam, sein Level zu halten. Es war nicht im Geringsten daran zu denken, sich und sein Programm weiter zu verbessern, was in normalen Zeiten durchaus möglich gewesen wäre. Da hatten es Kadersportler etwas leichter, denn sie hatten keine Trainingseinschränkungen.

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Können Sie diese Lücke zur Spitze jemals wieder schließen?

Das aufzuholen, ist unmöglich. Wenn ich vor Corona drei Mal pro Woche trainiert habe und dann monatelang nicht in die Halle darf, dann sind das 60, 70 Einheiten, die mir heute noch fehlen. Ich war seit Wiederbeginn des Trainings erstmal damit beschäftigt, mich wieder auf den Stand zu bringen. So langsam sehe ich mich wieder auf dem Niveau von 2019. Über neue Übungen brauchen wir uns nicht zu unterhalten.

Alisa Lais (24) lebt in Kürnberg und arbeitet seit dem Abschluss ihres Studiums in Stuttgart in einem Labor für Lebensmittel-Analytik in ...
Alisa Lais (24) lebt in Kürnberg und arbeitet seit dem Abschluss ihres Studiums in Stuttgart in einem Labor für Lebensmittel-Analytik in Freiburg. In Moers startet sie am Wochenende zum achten Mal bei einer Deutschen Meisterschaft. Ihre größten Erfolg sind die Siege beim Deutschland-Cup 2018 und 2021. 2016 wurde sie Dritte bei den baden-württembergischen Meisterschaften der Elite. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Ganz ohne Neues geht‘s aber nicht?

Richtig, ich habe die „Seitvorhebehalte rückwärts“ als neues Element ins Programm aufgenommen, aber in wichtigen Wettbewerben noch nicht gefahren.

Alisa Lais im Interview Video: Scheibengruber, Matthias

Zu großes Risiko?

Wenn das nicht klappt, sind richtig viele Punkte weg. Mir war es aber wichtig, nach der Corona-Pause wieder an mein früheres Niveau heranzukommen und mein vorderstes Ziel war, mich erneut für die „Deutsche“ zu qualifizieren.

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Ihr erster Versuch beim 1. German Masters in Pfeddelbach hat allerdings überraschend nicht geklappt.

Richtig, das war für mich wirklich bitter. Schließlich waren die Leistungen zuvor im Training ganz gut gewesen. Ich wusste, dass ich es kann. Aber ich gab durch Unachtsamkeiten richtig viele Punkte ab. Allerdings muss man nach der langen Wettkampf- und Trainingspause mit so etwas auch rechnen.

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Besser lief es dann für Sie beim 2. German Masters in Denkendorf?

Ja, aber dort bin ich eigentlich nur gestartet, um weitere Wettkampfpraxis im Hinblick auf die zweite Quali-Chance beim Deutschland-Cup in Schwanewede zu sammeln. Dabei gelang es mir, mit 173,70 Punkten meine Bestleistung zu fahren. Da war ich richtig erleichtert, denn ich wusste ja, dass ich es kann. Und Bestleistung fährst du auch nicht jedes Jahr. Dieser Wettbewerb gab mir viel schon Auftrieb und Sicherheit.

Trainerin und Mutter: Claudia Lais erhofft sich für ihre Tochter Alisa, dass sie in Moers ihr Programm fehlerfrei aufs Parkett bekommt.
Trainerin und Mutter: Claudia Lais erhofft sich für ihre Tochter Alisa, dass sie in Moers ihr Programm fehlerfrei aufs Parkett bekommt. | Bild: Scheibengruber, Matthias

...und ebnete den Weg zum Sieg beim Deutschland-Cup?

Würde ich so nicht sagen. In Schwanewede war mir in erster Linie wichtig, die Qualifikation zu schaffen. Es lief richtig gut, ich bin 167,79 Punkte ausgefahren und hatte die Platzierung gar nicht auf dem Schirm. Weil aber die Konkurrentinnen teilweise gepatzt haben, stand ich am Ende ganz oben.

Claudia Lais im Interview Video: Scheibengruber, Matthias

Ihre Freude über den zweiten Sieg im Deutschland-Cup nach 2018 in Lemgo war nicht ganz so überschwänglich?

Absolut nicht. Schwanewede war für uns ein außergewöhnlicher Wettkampf, der im Vorfeld viel Aufwand brachte und auch Nerven gekostet hat. Wir sind erstmals geflogen, mussten uns zudem um den außergewöhnlichen Transport der Räder kümmern. Da wäre es natürlich perfekt gewesen, wenn auch meine Schwester Anne das Ticket gelöst hätte.

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Ihr fehlte nicht viel?

Nein, vielleicht fünf Punkte. Es wäre zu schön gewesen, diese Deutschen Meisterschaften gemeinsam mit Anne zu bestreiten. Dass das nicht geklappt hat, finde ich ausgesprochen bedauerlich. Ich hätte sie gern mit dabei gehabt.

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Sie sind jetzt 24, fahren seit Kindesbeinen auf dem Kunstrad. Durch die Corona-Pandemie wurden Sie um zwei wichtige Sportjahre gebracht. Wegen der besseren Möglichkeiten für Kadersportler bildete sich sogar eine Art „Zweiklassen-Gesellschaft“. Wie geht es nach Moers weiter für Sie?

Die Saison ist noch nicht ganz vorbei. Der Bezirk hat kurzfristig einen Herbst-Pokal ausgeschrieben, der am kommenden Wochenende stattfinden wird. Zudem werden wir – sofern es genehmigt wird – Ende November in Wallbach den Bezirkspokal ausfahren.

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Und was bringt die Zukunft für Sie?

Mal sehen. Ob ich weiter aktiv Kunstrad fahre, lasse ich mir im Moment offen. Das mache ich aber weniger vom Ergebnis in Moers als von möglichen beruflichen Veränderungen abhängig.

Entspannt: Alisa Lais beim Abschlusstraining vor den Deutschen Hallenrad-Meisterschaften in Moers am Wochenende.
Entspannt: Alisa Lais beim Abschlusstraining vor den Deutschen Hallenrad-Meisterschaften in Moers am Wochenende. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Der Kunstrad-Kreis könnte sich also für Sie im November in Wallbach schließen?

Ja, das könnte schon sein. Kunstrad ist jedenfalls kein Sport, den man nur mit halbem Engagement bestreiten kann. Nur einmal die Woche zu trainieren, bringt mir doch nichts. Wenn ich auch 2022 fahre, dann nur mit vollem Elan und ganzem Einsatz. Halbe Sachen zu machen, sind so gar nicht mein Ding. Also weiter Vollgas, oder ich lass‘ es...

Fragen: Matthias Scheibengruber