Radsport-Profi Nico Denz aus Albbruck geht in seine zweite Saison für das Team BORA-hansgrohe. Nach seinem ersten Wettkampfeinsatz in Saudi-Arabien und einer überstandenen Corona-Infektion sprachen wir mit ihm – kurz nach seinem 30. Geburtstag – über seine Ziele in der Saison 2024.

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Nico, Sie haben gerade eine Corona-Infektion hinter sich. Wie geht es Ihnen?

Seit einer Woche kann ich zumindest wieder auf das Rad sitzen. Allerdings bin ich noch bei weitem nicht fit. Es ist bereits das zweite Mal, dass mich das Virus erwischt hat. Ich hoffe, dass es aktuell nicht so lange dauert bis ich mich wieder voll belasten kann.

Wirft Sie das in der Saison-Vorbereitung zurück?

Die Auswirkungen sind schon beträchtlich. Eigentlich hätte ich die Murcia-Rundfahrt fahren sollen und wäre jetzt bei der Algarve-Rundfahrt dabei. So gehen mir wichtige Wettkampf-Kilometer verloren, um für die ersten Frühjahrsklassiker fit zu sein.

Welche Rennen sind im Frühjahr geplant?

Eigentlich hätte ich jetzt am Wochenende beim Omloop Het Nieuwsblad starten sollen, den ich nun aber verpasse. Am Sonntag, 3. März, beginnt Paris-Nizza. Ich hoffe sehr, dass ich dort starten kann. Es wäre das erste Rennen mit unserem Neuzugang aus Slowenien, Primoz Roglic, der 2023 den Giro d‘Italia gewonnen hat. Dabei zu sein wäre mir sehr wichtig, damit wir uns kennenlernen können.

Bild 1: Seinem großen Kindheitstraum „Tour de France“ kommt Rad-Profi Nico Denz ein ganzes Stückchen näher
Bild: Massimo Paolone

Was für einen Stellenwert haben die Frühjahrsrennen für Sie?

Bei einigen Rennen hätte ich zum ersten Mal auf Platzierung fahren können, da ich keine Helferaufgaben hätte übernehmen müssen. Das funktioniert jetzt wohl erst mal nicht, da die entscheidenden Prozente bei der Form fehlen. Wenn du nicht zu 120 Prozent fit bist, bist du chancenlos.

Wie lief die Vorbereitung über den Winter?

Die Vorbereitung lief optimal. Ich habe viel Zeit für Training investiert und war seit Dezember fast ununterbrochen im Süden. Bei guten Bedingungen kann viel effektiver und intensiver trainieren werden.

Wurden im Training neue Akzente gesetzt und die Umfänge erhöht?

Ich habe die Umfänge etwas erhöht und auch die Trainingsformen etwas variiert. Die große Veränderung im Trainingsaufbau gab es vom Jahr 2022 auf die vergangene Saison, was sehr gut funktioniert hat. Darauf habe ich aufgebaut.

Was bedeutet der Einstieg von Red Bull beim BORA-hansgrohe Team für Sie und den deutschen Radsport?

Für mich erst einmal gar nichts, denn das Team und das Umfeld ändert sich ja nicht. Aber sicher gibt es unserem Rennstall neue Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Wir als deutsches Team können zu den anderen Top-Teams aufschließen, was sicher gut für den deutschen Radsport ist. Insgesamt ist das eine sehr positive Entwicklung. Da bin ich mir sicher.

Große Ziele: Nico Denz (vorn) gehört beim Team BORA-hansgrohe zum erweiterten Kader der Tour de France. Er soll Neuzugang Primoz Roglic ...
Große Ziele: Nico Denz (vorn) gehört beim Team BORA-hansgrohe zum erweiterten Kader der Tour de France. Er soll Neuzugang Primoz Roglic helfen, das Gelbe Trikot ins Ziel nach Nizza zu fahren. Das Finale an der Cote D‘Azur ist dem Umstand geschuldet, dass Olympia 2024 in Paris stattfindet. | Bild: Ralf A. Schäuble

Es wurde auch bekannt, dass Sie für den Kader der Tour de France nominiert wurden. Geht ein Traum in Erfüllung?

So weit ist es ja noch nicht. Tatsächlich gehöre ich zum erweiterten Tour-Kader. Wenn nichts dazwischen kommt – wie aktuell – und meine Form stimmt, habe ich sehr gute Chancen, dabei zu sein. Das wäre wirklich ein Traum für mich. Als ich mit elf Jahren die Frankreich-Rundfahrt im Fernsehen sah, habe ich mir vorgenommen, dort auch mal dabei zu sein. Deshalb habe ich mit dem Radsport begonnen. All die Jahre habe ich nun darauf hingearbeitet und ich fahre ja nicht in irgendeinem Team. Wir wollen die Tour gewinnen.

Ja, mit dem Neuzugang Primoz Roglic. Welche Rolle würden Sie bei der Tour spielen?

Wir gehen mit drei Kapitänen an den Start. Meine Aufgabe wäre vor allem in der ersten Woche, die drei Fahrer aus allem herauszuhalten und sie möglichst kräfteschonend ins Etappenziel zu bringen. Meine Stärken liegen im flachen, welligen Gelände. Da kann ich ihnen gut helfen. Das Hochgebirge ist dagegen nicht mein Terrain.

Dreifach-Triumph: Nach Platz zwei im vergangenen Jahr will Nico Denz (links) in diesem Jahr den Titel gewinnen. 2023 musste er noch ...
Dreifach-Triumph: Nach Platz zwei im vergangenen Jahr will Nico Denz (links) in diesem Jahr den Titel gewinnen. 2023 musste er noch seinem Teamkollegen Emanuel Buchmann (Mitte) den Vortritt lassen. Platz drei ging an Bora-Fahrer Maximilian Schachmann. | Bild: Bernd Weißbrod

Ist die gesamte Saisonplanung auf die Tour ausgerichtet oder gibt es noch andere Ziele?

Mein größter Wunsch wäre es bei den Deutschen Meisterschaften, am 23. Juni in Bad Dürrheim, den Titel zu gewinnen und dann die Tour im Trikot des Deutschen Meisters zu fahren. Unser Ziel ist es auf jeden Fall, dass ein Fahrer unseres Team dort den Sieg erreicht. Ob mir das gelingt, wird sich zeigen. Ansonsten standen einige Frühjahrsklassiker ganz oben auf der Liste. Aber da muss ich jetzt erst einmal sehen, wie es mir in den nächsten Wochen geht. Vor der Infektion war meine Form schon sehr gut – besser als vergangenes Jahr um diese Zeit.

Haben Ihre Etappensiege beim Giro d‘Italia für Sie etwas verändert?

Im Team gibt es jetzt eine andere Vertrauensbasis. Der sportliche Leiter und auch die Kapitäne wissen jetzt, was ich kann. Im Fahrerfeld werde ich anders wahrgenommen, wobei sich meine Rolle des Helfers nicht grundsätzlich verändert hat. Allerdings bekomme ich jetzt mehr Freiheiten, was natürlich gut ist. Ansonsten werde ich öfter erkannt und bekomme mehr Resonanz in den sozialen Medien. Rein privat hat sich für mich überhaupt nichts verändert.

Fragen: Ralf Schäuble