Fußball: Früher war er häufig frustriert von den Schiedsrichtern – heute ist er selbst einer von ihnen. Nihat Sari pfeift mehr Spiele als jeder andere Referee im Bezirk Schwarzwald. 81 Einsätze in einer Saison, und trotzdem sagt er: „Entscheidend ist für mich nicht, Erster zu sein.“
Ursprünglich wollte Sari als Spieler Karriere machen. Schon früh kickte er leidenschaftlich, bis ihn eine Knieverletzung stoppte. Statt dem Ball hinterherzujagen, griff er zur Pfeife. „Ich war früher immer sauer auf die Schiedsrichter und dachte mir, das probiere ich jetzt selbst.“ Sein erstes Duell pfiff er 2016, eine C-Jugend-Partie zwischen Schönenbach und Peterzell. „Ich war aufgeregt, aber mein damaliger Schiri-Pate war dabei, hat mich unterstützt.“
Neben seinem dualen Studium im Bereich BWL Industrie organisiert Sari Woche für Woche zwei bis drei Partien. „Ich nehme fast jedes Spiel an, Probleme hatte ich damit nie.“ Um körperlich mithalten zu können, geht er fünf- bis sechsmal pro Woche ins Fitnessstudio, das ist gleichzeitig aber auch ein großes Hobby von ihm.
Nicht jedes Spiel ist Routine. Besonders fordernd waren in der vergangenen Saison die Partien Brigachtal gegen Riedböhringen/Fützen und Brigachtal gegen Blumberg. „Das waren Spiele mit vielen Zuschauern, es ging um die Meisterschaft, da ist die Spannung extrem hoch.“ In solchen Momenten brauche es laut Sari Ruhe, schnelle Entscheidungen und eine klare Linie.
Auch Kritik gehört in das Leben eines Schiedsrichters . „Am Anfang wollte ich es jedem recht machen. Heute sehe ich das gelassener“, sagt Sari. Witzige Sprüche über seine Entscheidungen nimmt er sportlich. Dennoch kennt er auch härtere Situationen. In der vorletzten Saison wollte ihm nach einem Spiel ein Zuschauer mit der Faust drohen. „Da hilft nur: weiter fokussiert bleiben, bis zum Schlusspfiff eine gute Leistung bringen. Nach der Partie entspannt sich die Lage meistens wieder. “ Für Spieler, Trainer und Zuschauer hat er eine klare Botschaft: „Leute, die sich ständig beschweren, sollten selbst mal ein Spiel pfeifen. Dann merken sie, wie schwierig das ist.“
„Die Landesliga ist machbar, die Verbandsliga vielleicht auch.“
Was ihn motiviert, so viele Spiele zu übernehmen? „Ich bin keiner, der gerne einfach nur joggen geht. Das Pfeifen ist sportlich herausfordernd, und ich mag es, schnelle Entscheidungen zu treffen.“ Hinzu kommt das Kollegiale: Bei 50 bis 60 Spielen war er in der vergangenen Saison als Assistent im Einsatz. „Wenn die Atmosphäre im Team passt, dann macht das unfassbar viel Spaß.“
Aufhören wollte er schon einmal, und das sogar schon nach seiner ersten Saison. Zwei Jahre legte er die Pfeife weg. „Aber mir hat etwas gefehlt.“ Heute hat er neue Ziele: sich in der Bezirksliga etablieren und Schritt für Schritt nach oben gehen. „Die Landesliga ist machbar, die Verbandsliga vielleicht auch.“
Auch die Wahl seines Heimatvereins traf er bewusst. Angefangen hat er als Unparteiischer beim FV/DJK St. Georgen, danach ging er zum SV Nußbach. In die zweite Saison geht er nun als Schiedsrichter des FC Furtwangen. „Ich hatte mit dem Verein vorher nichts am Hut, aber der Verein kümmert sich sehr um seine Schiedsrichter, würdigt sie.“ Unterstützung bekommt Sari auch von seiner Familie. „Es gibt wenige Probleme, vieles lässt sich abstimmen. Oft nehme ich meinen Bruder mit.“ Der 14-Jährige hat inzwischen selbst mit dem Pfeifen begonnen. „Das macht mich stolz. Man wird durch diese Aufgabe selbstbewusster, offener und bekommt einen ganz anderen Blick auf den Fußball.“
Auf Augenhöhe mit den Spielern
Privat hält sich Sari an eine konsequente Neutralität. Eine Lieblingsmannschaft im südbadischen Amateurfußball hat er nicht und auch bei den großen Clubs in seiner zweiten Heimat Türkei fällt ihm eine klare Wahl schwer. Zuhause hängen Trikots aller drei großen Istanbuler Vereine: Fenerbahce, Galatasaray und Besiktas. „Eine Vereinsliebe hatte ich nie so ganz, als Schiedsrichter passt das vielleicht auch ganz gut“, sagt Sari lachend.
Für sich selbst hat Sari ein Ziel: immer auf Augenhöhe mit den Spielern bleiben. „Ich will mit ihnen kommunizieren, damit sie meine Entscheidungen verstehen. Dann akzeptieren sie vieles eher.“ Ein fairer Spielleiter sein, das ist der Anspruch. Streng, wenn nötig, aber mit Respekt für alle Beteiligten. Und eines möchte er freilich auch: Wieder an die Anzahl der Spiele anknüpfen und somit seinen Titel als Dauerbrenner der Region verteidigen.