Steve Walker, wie fällt Ihr Fazit zum Ende der Vorbereitung aus?
Steve Walker: Das Ziel war, die Neuzugänge bestmöglich zu integrieren, und das ist uns gelungen. Die Chemie stimmt. Wir haben gegen sehr gute Gegner drei Spiele gewonnen und drei verloren. Wir sind zufrieden mit dem Stand der Entwicklung, haben aber natürlich noch viel Arbeit vor uns.
Acht Neuzugänge sind in diesem Sommer zum Kader gestoßen. Welche Fähigkeiten bringen die einzelnen Spieler mit?
Steve Walker: Jeder für sich ist zunächst einmal eine Verstärkung und alle passen sehr gut zu uns. Zudem erhöhen sie auch den Konkurrenzkampf im Team. Einzeln betrachtet, bringt zum Beispiel Tim Gettinger die von uns benötigte körperliche Präsenz vor dem Tor mit. Jordan Szwarz ist ein natürlicher Leader. Jeder hat sofort Respekt vor ihm, jeder hört ihm zu. Er ist ein Spieler, der einfach alles richtig macht. Felix Scheel wurde in Bremerhaven ja vorwiegend defensiv eingesetzt und das macht er auch richtig gut. Wir haben ihn nun offensiv ausprobiert und werden ihn sicher in Zukunft auch öfter dort sehen. Die jungen Verteidiger Niclas Hempel und Niklas Hübner sowie Stürmer Haakon Hänelt machen ihre Sache bislang sehr gut und den Kader auch bei den U23-Profis besser. Dominik Bittner kenne ich schon sehr lange und ich weiß, was ich von ihm erwarten kann. Er erklärt viel und ist einfach ein Vorbild ist. Eric Martinsson bringt uns eine andere Art von Verteidigung ins Team. Er legt seine Position anders aus, was wiederum gut zu uns passt.
Es gab erneut wenig Fluktuation in der Mannschaft. Wie wichtig ist Ihnen frisches Blut?
Steve Walker: Ich finde es sehr wichtig. Aus der Sicht des Trainers ist es schön, dass man Spieler dazu bekommt, die lernen möchten, und man selbst ist gezwungen, zu lehren. Neue Spieler bringen Frische und Veränderung. Das tut jedem Team gut.
Welche Anpassungen haben Sie bezüglich System und Taktik für die neue DEL-Saison vorgenommen?
Steve Walker: Das ist eine gute Frage und sie geht natürlich in Richtung unserer Schwachstellen aus der letzten Saison. Ich habe im Sommer sehr viel über unsere Heimstärke nachgedacht, um damit unsere Auswärtsschwäche zu ergründen. Ich denke, es hat viel mit den Anspielen und dem Recht auf den letzten Wechsel zu tun. Wir tun uns schwer, wenn wir dem Spiel immer hinterherlaufen müssen. Jetzt in der Vorbereitung waren wir beim Anspiel schon stärker, hatten dadurch die Scheibe öfter. Die Systemanpassungen haben mehr mit der An- und Wiedererkennung sowie der Bestätigung dessen zu tun. Es geht um andere Entscheidungen in gewissen Situationen. Die größten Veränderungen haben wir aber sicher bei den Bullys vorgenommen. Dabei geht es um die gegenseitige Unterstützung, das Nachfassen, um die Scheibe doch noch zu erobern.
Auch das Überzahlspiel war zuletzt eine Schwachstelle.
Steve Walker: Richtig. Ich verantworte das Powerplay nicht mehr. Ehrlicherweise habe ich den Job nicht so gut gemacht, wie ich ihn in München gemacht hatte. Aber es geht auch um den Faktor Zeit. Als Cheftrainer hat man doch etliche andere Dinge zu tun, als Assistenztrainer kann man sich mehr darauf konzentrieren. Tim Kehler hat die Aufgabe übernommen, kümmert sich nun um beide Special Teams. Es tut dem Team gut, andere Ideen und eine andere Stimme zu hören. Tim hat auch bereits einige Änderungen vorgenommen. Natürlich besprechen wir weiterhin alles, aber ich habe mehr Zeit, mich um das Spiel Fünf-gegen-Fünf zu kümmern.
Zu Beginn stehen fünf Auswärtsspiele in den ersten drei Wochen an. Was stimmt Sie daran positiv?
Steve Walker: Ich traue dem Team in Drucksituationen einfach viel zu. Wir haben vor zwei Jahren in Mannheim gewonnen und uns damit quasi den sechsten Platz gesichert. Letzte Saison mussten wir am letzten Spieltag gewinnen. Vielleicht ist es sogar einfacher, auswärts zu starten. Es ist ein schwieriger Spielplan, aber auch ein guter. Ich mag diese Art von Herausforderungen.
Welches Gefühl haben Sie insgesamt bezüglich der neuen Saison?
Steve Walker: Die Vorbereitung war auf dem höchsten Niveau, seit ich hier bin. Die Mannschaft ist ernster geworden, erwachsener und vielleicht auch ein Stück weit noch professioneller. Wir haben weitere Führungsqualität dazu bekommen, mehr Frische und Jugend. Wir haben einige Spieler, die noch mehr Bereitschaft zeigen, Verantwortung zu übernehmen. Wir haben mit Daryl Boyle einen wichtigen Leader verloren. Man kann sich jetzt aber auch nicht mehr hinter ihm verstecken. Spieler, die sagen, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen wollen, sind keine Führungsspieler. Wir haben den Spielern gesagt, dass wir von jedem Einzelnen mehr brauchen. Und sie haben darauf sehr gut reagiert.
Mit welchem Ergebnis wären Sie am Ende der Saison zufrieden?
Steve Walker: Wichtig ist zunächst, dass wir die „kleinen“ Siege gebührender feiern. Auch ein Zwei-Punkte-Sieg ist ein Sieg. Ich sage aber auch klar: Mein Ziel ist es, in die Top Sechs zu kommen. Aber es spielen so viele Faktoren eine Rolle. Damit wäre eine schlechtere Platzierung auch nicht automatisch eine Enttäuschung. Man muss sich dennoch hohe Ziele setzen, um besser als Durchschnitt zu sein.
Zum Schluss noch die Frage nach Ihrem Sohn Ben, der inzwischen bei den Wild Wings als Video- und Athletiktrainer arbeitet. Wie ist es, Familie um sich zu haben?
Steve Walker: Tatsächlich wird sie sogar noch größer werden (lacht). Mein jüngster Sohn spielt nun Baseball an der University of Maine und so hat meine Frau nach Jahren wieder die Möglichkeit, immer wieder für mehrere Wochen nach Deutschland zu kommen. Ben ist in erster Linie sehr wertvoll für das Team. Er wird uns speziell auch im Athletikbereich helfen, wenn Hendrik Kolbert mit der Nationalmannschaft unterwegs ist. Aber auch als Videocoach ist er extrem wichtig. Er versteht jede Menge von diesem Job und wächst in seine Rolle hinein. Ich bin froh ihn im Team zu haben, aber am Ende des Tages ist er eben auch mein Sohn.