Eishockey: Es hat ein bisschen gedauert. Nein, nicht bis zum ersten Tor. Das hat Tim Gettinger für seinen neuen Club bereits im ersten Testspiel geschossen.
Beim 3:2 nach Penaltyschießen der Wild Wings gegen den Champions Hockey League-Sieger ZSC Lions verwandelte der US-Amerikaner den entscheidenden Penalty sehenswert.
Zuvor war der Stürmer bereits beim öffentlichen Eistraining herzlichst von den Schwenninger Fans empfangen worden. So haben ihm die ersten Tage am Neckarursprung gut gefallen.
Allerdings dauerte eben die Eingewöhnungszeit doch ein bisschen, sowohl auf als auch neben dem Eis.
„Als wir ankamen, haben wir sofort unser Auto übernommen. Die erste Fahrt war schon sehr, sehr anders als in den USA. Aber so langsam kommen wir klar“, war der Start auf den deutlich kleineren Straßen der Doppelstadt etwas abenteuerlich.
Das Erkunden der neuen Wahlheimat hingegen erfolgte dann zu Fuß. Gettinger und Ehefrau Skylar haben sich in Villingen eingerichtet und lieben es, in und um die Stadt spazieren zu gehen.
Ein anderes Leben in Deutschland
Zudem schätzen sie bereits jetzt die erweiterte Umgebung, haben Freiburg und Konstanz besichtigt. „Der Lebensstil ist schon ein bisschen anders, aber eben auch ähnlich.
Am Anfang geht es vor allem darum, sich beim Einkaufen zurecht zu finden. Wir kennen hier ja die Lebensmittel nicht und können auch die Aufschrift nicht lesen“, erzählt der Mann aus Cleveland in Ohio lachend. Dazu kommt der Zeitunterschied für Telefonate oder Video-Anrufe nach Hause.
Da helfen auch die ersten Deutschland-Erfahrungen aus Juniorenzeiten nicht. Vor rund zehn Jahren war Gettinger mit dem „Team USA“ in Crimmitschau zu Gast bei einem Turnier. „Ich kann mich nicht an wirklich viel erinnern.
Es war das einzige Mal bisher, dass ich in Europa war. Wir haben uns, glaube ich, Dresden angeschaut, aber mehr weiß ich wirklich nicht mehr“, ist Deutschland dann eben doch Neuland.
Aber: „Schwenningen ist eine Eishockeystadt und eher klein. Das hat uns beim Einleben durchaus geholfen. Es ist einfach heimelig.“
Das Ankommen im Team war hingegen extrem einfach. Insgesamt war der US-Profi bestens informiert von Zach Senyshyn, sodass der Wechsel in den Süden Deutschlands am Ende eine relativ leichte Entscheidung war.
Bekannter Name in der Mannschaft
Zumal auch sein neuer Kapitän einen ihm durchaus geläufigen Namen trägt. „Als ich gesehen habe, dass unser Captain Larkin heißt, musste ich echt lachen. Dieser Zufall ist schon lustig“, sagt Gettinger angesichts der Tatsache, dass der Kapitän der Detroit Red Wings ebenfalls mit Nachnamen Larkin heißt. Mit Vornamen allerdings nicht Thomas, sondern Dylan.
Die Red Wings waren der zweite NHL-Club, dem sich der ehemalige U17-Nationalspieler angeschlossen hatte. Der 1,98 große und 98 Kilogramm schwere Athlet war 2016 von den New York Rangers gedraftet worden, absolvierte in der Folge 16 Spiele für den Traditionsclub.
Wesentlich häufiger war der flexibel einsetzbare Angreifer im Kader des Farmteams Hartford Wolf Pack in der zweitklassigen AHL. 366 Partien wurden es für Gettinger, die letzten beiden Jahre für das Farmteam der Detroit Red Wings, die Grand Rapids Griffins.
Dabei kam der Linksschütze auf 82 Tore und 100 Vorlagen. Seine bis dahin doch erfolgreiche Karriere in der NHL und AHL geriet vergangenen Dezember schließlich auch verletzungsbedingt in eine Sackgasse.
Seine Transferrechte lagen zuletzt bei den Red Wings, die ihn im Dezember auf die sogenannte Waiver-Liste setzten, womit klar war, dass er in Detroit keine Zukunft mehr haben würde.
Der Blick richtete sich also gen Europa. „Es ging am Ende sehr schnell. Schon beim ersten Telefonat mit dem Team wusste ich, dass Schwenningen der richtige Ort für mich ist“, erinnert sich der Neu-Wild Wing.
Große Vorfreude auf die Saison
Die ersten Spiele haben den Mann mit der Rückennummer 26 bestätigt, auch wenn die Anpassung vor allem an die großen europäischen Eisflächen noch nicht gänzlich vollzogen ist.
„Für mich ist es gut, dass wir hier eine kleine Eisfläche haben. Aber ich gewöhne mich auch immer besser an die große“, erklärt der Hüne, der sich dennoch richtig schnell bewegen kann.
Die neuen Mannschaftskollegen helfen auch bei diesem Anpassungsprozess enorm. In der Kabine der Wild Wings ist er nicht der Stürmer, auf dem durchaus große Erwartungen ruhen.
„Nein, ich spüre keinen Druck. Ich fühle mich einfach sehr wohl. Ich spiele mein Spiel und habe Vertrauen in mich und in das Team. Ich freue mich einfach über diese neue Chance. Und ich freue mich am meisten auf die Fans“, so Gettinger.