Tolle Atmosphäre, herrliches Fußballwetter und zufriedene Fans: 6000 Zuschauer sahen beim 3:2-Sieg des 1. FC Köln gegen Bayern München in der Villinger MS Technologie-Arena ein unterhaltsames Spiel, garniert mit vielen Offensivaktionen.
Weltklasse-Elf nicht dabei
FC Bayern gegen Köln – oder: ganz oben gegen (fast) ganz unten. Während der Rekordmeister in der vergangenen Saison Titel Nummer 31 einheimste, entgingen die Rheinländer in der Relegation gegen Holstein Kiel nur knapp dem Abstieg aus der Bundesliga.
Am Samstag relativierte sich dieser Qualitätsunterschied. Der Grund: Die Bayern traten in Villingen mit ihrer zweiten Garnitur an. Die Spieler, die fehlten, hätten gereicht, um eine Weltklasse-Elf aufzubieten. Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Serge Gnabry, Niklas Süle, Leroy Sané, Thomas Müller, Benjamin Pavard, Corentin Tolisso, Kingsley Coman und Weltfußballer Robert Lewandowski – sie alle dürfen sich noch von der Europameisterschaft erholen und wurden durch zumeist junge Nachwuchskräfte ersetzt. Außerdem fielen Lucas Hernandez, Alphonso Davies und Marco Roca verletzt aus.

Einzelzimmer für zwei Stunden
Auch wenn der Inhalt nicht zu 100 Prozent der Verpackung entsprach – es war immer noch der große FC Bayern, der in der MS Technologie-Arena aufspielte. Jener Klub, der sich den Luxus leisten konnte, am Samstagvormittag mit dem Flieger in Donaueschingen zu landen, für zwei schlappe Stunden in Villingen-Schwenningen Einzelzimmer in einem Hotel zu beziehen und anschließend ins Stadion zu fahren. Man wolle sich nur kurz ausruhen, lautete die Begründung.
Villingen wird bundesweit bekannt
„Die Münchner helfen uns, mit diesem Spiel Villingen in ganz Deutschland bekannt zu machen“, freute sich FC 08 Villingens Sportvorstand Arash Yahyaijan über den prominenten Gast. Sein Verein hatte für das Prestige-Duell die Gastgeberrolle übernommen und diese hervorragend ausgefüllt. Die Fußballer des Schwarzwälder Oberligisten hatten diesmal nicht die Aufgabe, dem Ball hinterher zu jagen, sondern Bratwürste zu verkaufen. Auch das beherrschten sie perfekt.

Zwei Protagonisten im Blickpunkt
Trotz der fehlenden Profi-Elite gab es auf Münchner Seite zwei Protagonisten, welche die Blicke auf sich zogen: Trainer Julian Nagelsmann und der neue Abwehrchef Dayot Upamecano. Beide wurden für viel Geld vom Ligakonkurrenten RB Leipzig losgeeist. Während die Ablösesumme für Upamecano mit gut 42 Millionen Euro fast schon marktüblich erscheint, stießen die rund 25 Millionen, die für einen Trainer bezahlt wurden, in neue Dimensionen vor. Der 33-Jährige feierte in Villingen sein Debüt auf der Trainerbank des FC Bayern. Sein Kollege Steffen Baumgart ist zwar ebenfalls neu bei den Domstädtern, hat mit der Geißbock-Elf aber schon zwei Testspiele gegen Fortuna Köln und MSV Duisburg absolviert.
Hilfe für Hochwasser-Opfer
Nachdem die beiden Teams und Werbepartner Telekom der Hilfsorganisation „Lichtblicke“ einen Scheck in Höhe von 100.000 Euro zugunsten der Opfer der Hochwasserkatastrophe überreicht hatten, entwickelte sich ein munterer Kick in Deutschlands höchstgelegener Fußball-Arena.
Bayern mit Youngster-Team
Angesichts des fehlenden Stammpersonals machte Nagelsmann aus der Not flugs eine Jugend. „Wir wollen einige Spieler der U19 und U23 testen, um zu sehen, wer in den Kader reinrutschen kann“, sagte der neue Coach. Neben Dayot Upamecano waren die Angreifer Maxim Choupo-Moting und Joshua Zirkzee sowie Mittelfeldspieler Michael Cuisance und Ersatztorhüter Sven Ulreich vermutlich die einzigen Namen im Bayern-Team, mit denen die Zuschauer etwas anfangen konnten. Die Kölner dagegen hatten alle Spieler dabei, die aktuell zur ersten Elf gehören.

Vier Tore in Halbzeit eins
Die etablierten Bundesliga-Stars aus der Domstadt hatten zu Beginn erhebliche Mühe, die „jungen Wilden“ aus München einzufangen. Die Bayern-Youngster wollten unbedingt ihre Chance nutzen und sich unter den Augen von Julian Nagelsmann empfehlen. Der Coach wirkte, ebenso wie sein Kollege Baumgart, sehr engagiert an der Außenlinie und gab lautstark Anweisungen. Nagelsmann forderte seine Spieler immer wieder auf, den Gegner früh in dessen Hälfte anzugreifen und durch hohes Pressing den Ball zu erobern.
Das klappte ganz gut und bescherte den Münchnern die frühe Führung (6.) durch Armindo Sieb. Allmählich fanden die Kölner besser ins Spiel und glichen durch Jan Uwe Thielmann aus, der plötzlich allein vor Bayern-Schlussmann Sven Ulreich aufgetaucht war (20.). Sieben Minuten später schoss Mark Uth die Rheinländer mittels einer herrlichen Direktabnahme aus der Luft mit 2:1 (27.) in Führung. Acht Minuten später sorgte Münchens 20-jähriger Stürmer Joshua Zirkzee für das 2:2 (35.). Dieses Zwischenresultat spiegelte die Leistungen in der ersten Halbzeit exakt wider.
Andreas Flöß begeistert
Während der Pause zog FC 08-Vorstandsmitglied und Veranstaltungsleiter Andreas Flöß schon mal ein Zwischenfazit: „Ich habe gerade eine Runde im Stadion gedreht. Die Leute freuen sich, was will man mehr! Das gute Wetter tut sein übriges. Das ist ein perfekter Tag und ein großes Fußballfest. Die Veranstaltung zeigt, dass wir mit der MS Technologie-Arena ein richtiges Profi-Stadion haben.“
Unfreiwillige Dusche
Nachdem Nagelsmann und Co. durch den Rasensprenger eine ebenso herzhafte wie unfreiwillige Dusche abbekommen hatten, pfiff Schiedsrichter Daniel Schlager zur zweiten Halbzeit. Diese war geprägt von zahlreichen Spielerwechseln und dauerte genau elf Minuten, ehe das 3:2 für Köln fiel. Dies war der zweite Streich von Mark Uth, der mit einem lehrbuchmäßigen Kopfball traf.

In der Schlussphase war Köln dem 4:2 näher als die Bayern dem Ausgleich, der nicht mehr fallen wollte. Dann war Schluss im Friedengrund. Die 6000 Zuschauer hatten ein beiderseits offensives Spiel mit fünf Toren gesehen. Fußballherz, was willst Du mehr! Nach dem Schlusspfiff rückte der zweifache Torschütze Mark Uth die Verhältnisse zurecht und relativierte den 3:2-Erfolg seine Elf: „Das ist ein Vorbereitungsspiel und wir wissen das einzuschätzen.“
Bayern-Coach Julian Nagelsmann kommentierte den Auftritt seiner Mannschaft so: „Ich habe einige junge Talente gesehen, die sich Hoffnung machen dürfen. Aber bald wird die Konkurrenz in unserem Kader eine andere sein.“