Herr Breinlinger, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber der Schritt aus der Landes- in die Regionalliga ist immens. Hatten Sie selbst ein wenig Bammel?
Steffen Breinlinger: Sportlich gesehen war es schon ein großer Schritt, aber Bammel davor hatte ich nicht. Weil ich genau wusste, was ich spielen lassen möchte und welche Ziele ich habe. Da war ich überzeugt davon, dass ich mit meiner Art als Mensch und wie ich Fußball sehe, dem Verein helfen kann. Mehr Sorge hatte ich um die Reaktionen in Zimmern. Schließlich wurde mir dort die Möglichkeit eingeräumt, einen weiteren Schritt zu machen und ich habe kurzfristig eine Mannschaft zurückgelassen, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Doch wurde dort eine super Lösung gefunden, indem mein ehemaliger Co-Trainer das Team übernommen hat. Andere Punkte, vor denen ich Respekt hatte, waren das neue Umfeld, organisatorische Dinge und all die anderen Aufgaben, die neben Familie und Job auf mich einprasseln werden. Aber sportlich gesehen hatte ich nie Zweifel.
Doch nochmals nachgehakt: vom beschaulichen Zimmern zu einem Club, bei dem Ruhe eigentlich seit jeher ein Fremdwort ist.
Steffen Breinlinger: Grundsätzlich sehe ich es unter anderem als eine meiner Aufgaben an, Ruhe in den Verein zu bringen. Dies versuche ich, über kontinuierliche Arbeit zu erreichen. Gemeinsam mit der sportlichen Leitung haben wir das Ziel, auf junge Spieler aus der Region zu bauen, die situativ und positionsspezifisch ergänzt werden. Allein dies ist eine unheimlich reizvolle Aufgabe. Schließlich ist der FC 08 der sportlich erfolgreichste und ambitionierteste Verein hier.
Dass Sie inzwischen aber der dritte Chef-Coach in einer Saison sind, spricht doch Bände. Oder?
Steffen Breinlinger: Natürlich war hier in letzter Zeit ein Wandel, den ich aber nicht beeinflussen konnte und mich deshalb auch nicht mehr interessiert. Ich kann nur sagen, dass ich die Konstante in diesem Verein werden will und mich so auch einbringen werde.
War es aber nicht ein Himmelfahrtskommando, ein abgeschlagenes Schlusslicht zu übernehmen?
Steffen Breinlinger: Das sehe ich überhaupt nicht so. Sondern vielmehr als große, große Chance. Denn nur weil wir Letzter sind, heißt dies noch lange nicht, dass wir keine Ziele haben. Gerade perspektivisch ist es gut, dass ich Vorlaufzeit habe. Erstens, um die Jungs kennenzulernen, zweitens, die Art und Weise von Fußball zu entwickeln, wie wir uns dies künftig vorstellen und drittens den Kader zu planen. Meine Ambition ist, aus einer unruhigen Option eine ruhige zu machen.
Sie hatten also keine Sorge um Ihren eigenen Ruf?
Steffen Breinlinger: Nein, um den hatte ich nie Sorge. Bei jedem Verein, bei dem ich bisher war, habe ich alles investiert. Natürlich wusste ich nie, wie die Sache ausgeht. Doch mehr, als das Beste geben, kann niemand. Deshalb kann ich nur hoffen, dass der Einsatz, der Weg und die Vorstellungen die richtigen sein werden. Um meine eigene Person mache ich mir als Letztes irgendwelche Sorgen. Dafür geht es um deutlich viel mehr. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass es mit dem Verein wieder in eine andere Richtung geht und die Zuschauer gerne hierher ins Stadion kommen Ich denke schon, dass ich dies gut vorleben kann. Ich bin aus der Region, für die Region.
Wie sind Sie von der Mannschaft aufgenommen worden?
Steffen Breinlinger: Sowohl von der Mannschaft, wie auch vom Verein und den Zuschauern bin ich unheimlich positiv aufgenommen worden. Der Start fiel mir sehr leicht, die Eingewöhnungszeit ebenso. Die Strukturen waren neu, aber das Team hat maximal dafür gesorgt, es mir so einfach wie möglich zu machen. Die Spieler trainieren unglaublich engagiert, sie hören sehr gut zu und keiner ist sauer, wenn er einmal nicht spielt. Weil sie merken, dass sie trotzdem als Person ernst genommen werden, nur das große Ganze im Vordergrund steht.
Brauchte es lange, um sie von Ihren Ideen zu überzeugen?
Steffen Breinlinger: Überhaupt nicht. Sie erwartet von mir als Trainer einen klaren Plan, den habe ich ihr von Anfang an klar aufgezeigt. Den konnten wir in Frankfurt noch nicht umsetzen, dann aber wurde es von Mal zu Mal besser. Daran werden wir hartnäckig weiterarbeiten müssen.

Sind Sie eher der harte Hund oder der Kumpeltyp?
Steffen Breinlinger: Beides. Von meiner Mannschaft erwarte ich schon eine disziplinierte und professionelle Einstellung, verbunden mit Respekt. Auf der anderen Seite halte ich den menschlichen Aspekt für enorm wichtig. Wenn der nicht harmoniert, kannst du kein Team zu Leistung bringen. Deshalb werde ich nie mit Druck oder gar Angst arbeiten. Deshalb würde ich mich schon als engagierten, dynamischen und akribischen Trainer bezeichnen, der aber stets den Menschen an erster Stelle sieht.
Einer Ihrer häufig gebrauchten Ausdrücke ist „Ballbesitz“. Hat der FC 08 überhaupt die Spieler dazu?
Steffen Breinlinger: Auf jeden Fall hat er die. Das Problem liegt eher darin, dass auf der anderen Seite ein Gegner steht, der uns diesen Ballbesitz madig machen möchte. All unsere Spieler wollen den Ball haben, sonst würden sie zum Leichtathletik gehen (lacht). Wir müssen die Pläne nur noch konkreter durchsetzen, wie wir den Ballbesitz auch bei uns behalten und die Räume generieren, die wir bespielen wollen.
Ein anderer Begriff von Ihnen ist „perspektivisch“. Lassen Sie und doch einmal in die Zukunft schauen: Wo sehen Sie Villingen kurz, mittel und langfristig?
Steffen Breinlinger: Zunächst einmal habe ich bereits gesagt, dass ich den FC 08 als den Club ansehe, der er ist: nämlich den erfolgreichsten und ambitioniertesten Verein im gesamten Schwarzwald. Dies wird auch definitiv so bleiben. Da wir rechnerisch noch nicht abgestiegen sind, werden wir kurzfristig alles dafür tun, die Klasse zu halten. Sollte uns dies gelingen, ist dies ein unglaublicher Erfolg. Gleichzeitig planen wir parallel. Ich habe die Möglichkeit, Kader und Spielweise zu beeinflussen und zu forcieren. In dem Gesamtgefüge ist es wichtig, dass es innerhalb der Mannschaft stimmt und dass eine Identifikation von Seiten der Zuschauer, Stadt und der gesamten Region mit dem Team entsteht. Klar gehe ich in den Friedengrund, um Fußball zu sehen. Aber auch, weil man den ein oder anderen Spieler kennt. Das halte ich für ein ganz entscheidendes Momentum.
Wie beurteilen Sie die Rolle der U21 für den Verein? Es gab beim FC 08 schon beide Varianten: ein Team, um Gemeinsamkeit und Durchlässigkeit zu dokumentieren, oder zwei eher getrennte Mannschaften. Ihre Meinung dazu?
Steffen Breinlinger: Da habe ich eine klare Meinung: die lautet Gemeinsam- und Durchlässigkeit. Die U21 soll ein Team ebenfalls und jungen und regionalen Spielern sein, die ihren Weg durch den Verein gegangen sind. Es ist doch immer das Schönste, wenn Eigengewächse in die erste Mannschaft gebracht werden. Wir haben schon jetzt einen sehr guten Austausch untereinander, das wird sich mit dem neuen Trainerteam um Freddy Bruno und Ralf Helmer fortsetzen. Genau wie ich tragen auch sie den regionalen Fokus mit. Wir sind ein Gesamtverein, von der Jugend bis zu den Aktiven. Wir tragen alle das gleiche Wappen und wollen erfolgreich für den FC 08 Villingen sein.