Fußball-Regionalliga: Den Moment des großen Triumphs bekam er gar nicht mehr richtig mit. Konnte ihn zumindest nicht wirklich genießen.
Als dem FC 08 Villingen am 1. Juni des vergangenen Jahres durch den Erfolg über Pforzheim nach dem Pokalsieg auch die Meisterschaft in der Ober- und damit der Aufstieg in die Regionalliga gelang und beim Schlusspfiff alle freudetrunken das Feld stürmten, kam Jonas Busam dick bandagiert und humpelnd aus den Katakomben der MS-Technologie-Arena.
Ein Foul und eine dabei erlittene schwere Knieverletzung zwangen ihn dazu, noch vor dem Seitenwechsel den Platz zu verlassen. Kreuzbandriss, wie sich später herausstellen sollte.
Während die anderen Spieler an diesem Tag bei den Jubelarien das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekamen, war sein Blick eher leer. Als hätte er in diesem Moment schon geahnt, welche Diagnose und anschließende Tortur da auf ihn zukommt?
OP (Jonas Busam: „Zum Glück konnte die unser Mannschaftsarzt Tarek Schlehuber bereits nach zwei Wochen in Freiburg vornehmen“), Krankengymnastik, nicht enden wollende Reha-Maßnahmen, ganz viel Selbstdisziplin und jede Menge Geduld?
Geduld ist nicht seine Stärke
Eine Tugend, die er selbst nicht unbedingt als eine seiner Stärken ansieht. „Manchmal wollte ich einfach zu schnell zu viel, musste dies dann durch kleinere Rückschläge büßen“, erzählt Jonas Busam rückblickend.
Letztendlich ist es müßig darüber zu spekulieren, ob es mit ihm als Kämpfer par excellence und Stütze in der Innenverteidigung beim FC 08 besser gelaufen wäre. Zum einen müssten dazu schon hellseherische Fähigkeiten herhalten, zum anderen macht in der Regel ein Spieler im Gesamtgebilde den Kohl wohl auch nicht wirklich fett.
Fakt ist lediglich, dass Jonas Busam alles dafür getan hat, doch noch mithelfen zu können. Darüber hinaus ließ er sich nicht nehmen, auch während der Verletzungs- und Ausfallzeit bei fast allen Spielen seines Teams mit dabei zu sein. Sozusagen als moralische Unterstützung.
Schon früh hatte er ein ganz persönliches Ziel ausgegeben: spätestens in der Partie bei der U23 des SC Freiburg wieder mitwirken zu können. „Letztendlich liegt die Entscheidung beim Trainer. Für einen Kurzeinsatz jedenfalls wäre ich bereit“, betont er jetzt.
Womit es das i-Tüpfelchen nach einer langen Leidenszeit wäre und sein Traum in Erfüllung ginge. „Trainieren kann ich bereits seit einiger Zeit, anfangs jedoch ohne Zweikämpfe und Körperkontakt. Doch inzwischen geht auch dies wieder“, stellt Jonas Busam klar.
Warum aber gerade diese Partie? Weil er an das Dreisamstadion ganz besondere Erinnerungen hat. Als die Breisgauer damals ihre Bundesliga-Begegnungen an dieser Stelle austrugen, war Jonas Busam noch Nachwuchsspieler dort und stand als Balljunge am Spielfeldrand. „Ich war stets Feuer und Flamme, wollte diesen Job am liebsten jedes Mal machen“, betont er.
Und auch wenn dies schon eine gefühlte Ewigkeit her ist, denkt er noch gerne daran zurück. Ebenso wie an seine gesamte Zeit in Freiburg. Selbst wenn sie gerade zum Ende hin auch ihre Schattenseite hatte.
Rückblick auf Einsätze in der Nationalmannschaft
„Zwar besaß ich einen Profivertrag, doch wann immer ein neuer Spieler kam, wurde der mir oft vor die Nase gesetzt. So wie dies leider in vielen Vereinen der Fall ist“, sagt er trotzdem ganz ohne Groll.
In acht Jahren beim SC reifte er zum Jugend-Nationalspieler, trug von der U16 bis zur U19 das Trikot mit dem Adler auf der Brust. „Allein bei der Rückschau darauf, dass vor den Spielen die Nationalhymne gespielt wurde, bekomme ich heute noch Gänsehaut.
Aber auch die Reisen mit den Teams waren Erfahrungen, die mir keiner mehr nehmen kann“, schildert Jonas Busam. Mit dem absoluten Höhepunkt, als er 2015 in Bulgarien mit der deutschen U17 Vize-Europameister wurde. Durch eine Final-Niederlage gegen Frankreich mit einem gewissen Dayot Upamecano in dessen Reihen.
Dass der inzwischen ein Star bei Bayern München ist, missgönnt er ihm ebenso wenig, wie beispielsweise die Karrieren seiner einstigen Team-Kollegen und aktuellen Bundesliga-Profis Felix Passlack (VfL Bochum), Johannes Eggestein (FC St. Pauli) oder Salih Özcan (Borussia Dortmund), der sich inzwischen für die türkische Nationalmannschaft entschieden hat.
„Neid spielt da überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil, jedem von den Jungs gönne ich den Erfolg“, versichert Jonas Busam glaubhaft. Übrigens: sein Coach damals bei der EM war ein Mann namens Christian Wück, heute Bundestrainer der deutschen Frauenfußballnationalmannschaft.
Über den Umweg Oberachern führte ihn sein eigener Weg im Sommer 2021 nach Villingen, mit seinen 26 Jahren ist er fast schon ein Urgestein bei den Schwarz-Weißen. Privat hat Jonas Busam längst sein Glück gefunden, seit 2018 ist er mit seiner Frau Michelle verheiratet, inzwischen sind sie zweifache Eltern der Söhne Louis und Leano.
„Alle drei waren in diesen neun Monaten unheimlich große Stützen für mich. Ich mag gar nicht daran denken, was ich ohne sie gemacht hätte“, betont er.