Füße in Plastiktüten

Ingo Feiertag, 48, hat sich in seiner Fußballerzeit immer wieder die Füße dreckig gemacht – von der Allensbacher Jugend, als am Riesenberg auf roter Erde gekickt wurde, bis zu den Alten Herren in Dettingen, wo inzwischen auch ein schicker Kunstrasen den Sand ersetzt hat. „Ein Wintertraining vor einigen Jahren bleibt mir besonders in Erinnerung“, sagt er. „Auf dem Platz waren tiefe Pfützen im Eis und Schnee.“ Ein Mitspieler brachte für alle Plastiktüten mit. Außer dem damaligen AH-Neuling wusste jeder Bescheid: Die Tüten über die Socken ziehen und rein in die Schuhe. Anfangs ein komisches Gefühl, am Ende eine schöne Episode aus längst vergangenen Hartplatztagen.
Kriegserklärung an die Knie

Frederick Woehl, 27, erinnert sich gerne an seine Zeit auf dem Hamburger Hartplatz. Beim glorreichen SC Union 03 in der Kreisklasse wurden spannende Spiele bestritten. Nur das Training – ja, das war teilweise lästig. Wenn im Winter der norddeutsche Wind fegte und die Löcher zu Stolperfallen wurden, endete jeder Sturz in wochenlangen Schmerzen. Und auch die Passqualität nahm auf dem Ascheplatz ab – dennoch bleibt die rote Erde auch mit vielen schönen Momenten in Erinnerung. Er war die Definition von Amateurfußball und wird von vielen Kickern vermisst werden. „Auch wenn meine Knie diesem Abschied wohl positiver entgegensehen“, sagt Woehl.
Mit Besen im Schlamm

Matthias Scheibengruber, 61, hatte als SÜDKURIER-Reporter stets „Hartplatz-Schuhe“ im Auto. Bei Regen oder Schnee war der Rasen tabu. Kunstrasenplätze waren kein Luxus, es gab sie nicht. Unvergessen das Landesliga-Derby beim SV 08 Laufenburg am 1. April 2006 gegen den FC Erzingen. Zur Pause flutete ein Wolkenbruch die Betonpiste im Waldstadion – siehe Foto oben. Zu schwerem Gerät griff Torwart Florian Güntert (SG Schlüchttal) am 27. Oktober 2012. Er stand beim Bezirksliga-Spiel in Murg knöcheltief im Schlamm. Mit einem Besen machte er seinen „Fünfer“ besenrein. „Klar, dass meine Fotos damals beiden Clubs als Argument für den Kunstrasen-Bau dienten.“
Im Sommer staubig, sonst gefroren

Christof Kaltenbach, 54, spricht von einer „wahrlich nicht schlechten Zeit“. Rund 20 Jahre war seine fußballerische Heimat ein Hartplatz. Die Laubeck in Schonach galt als echte Festung. Im Sommer staubig, gefühlt von November bis März gefroren und bei den Gegnern im Schwarzwald in etwa so beliebt wie Sonnenbrand unter der Kniekehle. Dazu die unvergesslichen Bilder, wenn der Platzwart mit dem flachen Gitter hinter seinem Auto versucht, das Feld zu begradigen. Oder wenn er mit dem Kreide gefüllten Hartplatz-Rollator die Linien zieht. Und grobmotorische Kicker („wie ich“) konnten ihre technischen Probleme ja mit den Platzverhältnissen begründen.
Flugbälle? Nein, danke!

Julian Widmann, 29, hatte als Jugendfußballer einige Spiele auf roter Erde – und vor allem wenn er als Flügelspieler eingesetzt wurde, seine Probleme. „Ich erinnere mich gut daran, dass ich Schwierigkeiten hatte bei der Annahme von Flugbällen. Gerade, wenn sie vor mir aufgekommen sind. Es war irgendwie unberechenbar. Die Bälle sind dann oft sogar über mich drüber geflogen, weil sie so extrem gesprungen sind“, sagt er. Trotzdem waren Spiele auf Hartplätzen für den Mittelfeldmann etwas Besonderes. „Im Mannschaftsbus war da eine richtige mysteriöse Nervosität zu spüren. Es war keine Vorfreude. Aber im Nachhinein würde ich schon sagen: Das hatte was.“