Der Morgen dämmert im Kreuzlinger Hafenareal. Wind und Wetter sollen am Mittwoch, 24. Juli, stimmen, nachdem der Startschuss für das Projekt, quer durch den Untersee zu schwimmen, witterungsbedingt bereits um einen Tag verschoben werden musste. Nun kündigt der rosa-orange schimmernde Horizont aber geeignete Bedingungen für das Vorhaben an, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins Bodensee Openwater.

Um Punkt 5.45 Uhr startet Leona Montañés. Die 17-Jährige besucht derzeit an der Pädagogischen Maturitätsschule in Kreuzlingen die Kunst- und Sportklasse. Begleitet von einem Zweierkajak krault die Schwimmerin mit weitgreifenden Zügen von der Bodenseearena in Kreuzlingen in Richtung Europabrücke durch den Konstanzer Trichter und weiter nach Gottlieben.

Vorbei an Gottlieben: Noch verhängen Wolken an diesem Morgen den Himmel. Das Wasser ist mit etwa 17 Grad Celsius recht kalt – das ...
Vorbei an Gottlieben: Noch verhängen Wolken an diesem Morgen den Himmel. Das Wasser ist mit etwa 17 Grad Celsius recht kalt – das fordert die Sportlerin zusätzlich. | Bild: Bodensee Openwater

Ausgerüstet ist sie mit Neoprenanzug, Melkfett an möglichen Reibungsstellen und einer Sportuhr, welche alle relevanten Werte aufzeichnen kann. Ab Gottlieben, bereits 15 Minuten schneller als im Fahrplan vorgesehen, geht es weiter in Richtung Ermatingen, nun zusätzlich begleitet durch ein Segelschiff, welches mit Elektromotor emissionslos neben der Schwimmerin im Untersee gleitet.

Im Halbstundentakt müssen die Energiespeicher der 17-Jährigen aufgefüllt werden. Mit einem eigens dafür konstruierten Stab mit Becher an der Spitze werden ihr berührungslos Riegel, Bananenstücke und lauwarme Getränke ins Wasser gereicht.

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Auf die Frage nach dem Befinden antwortet sie mit einer Zahl auf der Zehnerskala. „7“, meint sie vor Ermatingen, und fügt alarmierend hinzu: „Mir ist sehr kalt.“ Das Wetter hat überraschend geschwenkt. Es regnet, und der Wind aus Nordwest treibt unangenehme Wellen aus dem Zeller See.

Leona schwimmt weiter, und nach weiteren zwei Verpflegungssequenzen wird das Wasser ruhiger. Die Sportuhr verzeichnet nun angenehme 23 Grad Wassertemperatur. Beginnende Schulterschmerzen bleiben glücklicherweise auf einem erträglichen Niveau. Langsam zieht das Schweizer Seeufer vorbei. Auf Mannenbach folgt Berlingen, wo gemäß Routenplan mit 13,5 Kilometern bereits die Hälfte der Strecke absolviert ist.

27 Kilometer lang ist die Strecke von Kreuzlingen nach Stein am Rhein. Auf Höhe von Berlingen (hinten rechts im Bild) ist die Hälfte der ...
27 Kilometer lang ist die Strecke von Kreuzlingen nach Stein am Rhein. Auf Höhe von Berlingen (hinten rechts im Bild) ist die Hälfte der Herausforderung geschafft. | Bild: Bodensee Openwater

Die Sonne hat inzwischen die Wolken vertrieben. Das Wasser glitzert türkis und ganz offensichtlich ist für Leona das Schwimmen im ruhigen Wasser wieder leichter. Trotz den zurückliegenden ungünstigen Verhältnissen hat sie das Tempo hochgehalten. Der Vorsprung auf den geschätzten Zeitplan ist kontinuierlich angewachsen.

Kurz nach Steckborn sind zwei Drittel der Strecke absolviert. Das Begleitteam sieht, wie das Flagschiff der Seepolizei, die TG 2, aus dem Hafen in Steckborn ausläuft, Kurs auf die Schwimmerin und Begleitschiff nimmt und längsseits geht. Man kennt sich, und da alles regelkonform ist, verabschieden sich die freundlichen Polizisten rasch wieder. Schwimmerin und Beiboote ziehen weiter in Richtung Wangen.

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Die Kommunikation auf dem Untersee scheint gut zu funktionieren. Die wenigen Fahrzeuge auf dem Wasser sind Kursschiffe, Fischerboote und vereinzelt Ruderboote, deren Besitzer winken. Kurz darauf kommt das Kursschiff „Stein am Rhein“ in Sicht. Auf dem wenig befahrenen See ist die Schwimmerin sowie deren Begleitung von Weitem sehr gut sichtbar. Dennoch fährt der Kapitän einen weiten Bogen, um nur wenige Wellen in den Weg der Schwimmerin zu spülen.

Wenig später passiert Leona den Landesteg Wangen. An dieser Stelle hat sie bereits 20 Kilometer absolviert und das Ziel rückt in greifbare Nähe. Es geht auf die Schlussetappe. Sichtlich beflügelt baut die Ultraschwimmerin zur Abwechslung und Entspannung gar noch den einen oder anderen Delphinarmzug ein. Die Strömung nimmt zu, und die Brücke von Stein am Rhein kommt in Sicht. Endspurt.

So schnell ist die Schwimmerin unterwegs Video: Bodensee Openwater

Um 11.51 Uhr sind Rufe zu vernehmen, Fahnen werden geschwenkt. Eine Drohne surrt in der Luft, zeichnet die Ankunft auf. Spontan fallen Touristen in den Applaus mit ein. Nach sechs Stunden und sechs Minuten kommt Leona erschöpft und etwas zittrig, aber sehr glücklich vor der Steinerbrücke an. Es folgt ein kurzer Check der Körperwerte: drei Kilo Körpergewicht weniger, Körpertemperatur um zwei Grad Celsius niedriger.

„Alles gut“, sagt sie noch kurz, bevor sie sich für die Fahrt nach Hause bereit macht. Später folgt eine Nachricht im Teamchat: „Herzlichen Dank an alle, die mitgeholfen und mich begleitet haben. Ich freue mich jetzt auf die verdiente Trainingspause.“