In Tägerwilen liegt, etwas versteckt im Wald südlich des Castells, ein Teich. Nichts Besonderes soweit. Doch einige Tägerwiler vermuten, dass es sich bei diesem Teich um einen Bombenkrater handeln könnte. Wie ein genauer Blick zeigt, stimmt dies aber nicht.
Die Geschichte zu diesem historischen Ereignis hat sich folgendermaßen abgespielt: Am 22. Februar 1945 gingen oberhalb von Tägerwilen mehrere amerikanische Bomben nieder und hinterließen Krater. Die tödliche Fracht, die der US-Bomber abwarf, verursachte glücklicherweise nur materiellen Schaden.
Die Fälle von Überflügen auf schweizerischem Gebiet sind gut dokumentiert. So ist etwa ein Schriftstück von Major Grob vom Territorrialdienst des Armeekommandos erhalten, der am 17. März 1945 über die Luftraumverletzung durch die Alliierten schrieb. Es wurde um etwa 12.20 Uhr ein fremdes Flugzeug beobachtet, welches eine Schleife über Konstanz beschrieb und nachher Richtung Frauenfeld verschwand.
„Da heftige Detonationen zu hören waren, wurde zuerst angenommen, dass der Bahnhof Konstanz bombardiert worden sei. Es konnte aber bald in Erfahrung gebracht werden, dass die Bombenabwürfe auf offenes Gelände in der Gegend des Schlossgutes Castell Tägerwilen erfolgt seien“, schreibt Grob.
Geschätzt wird der Schaden damals auf etwa 15.000 bis 20.000 Franken. „Personenschaden ist keiner entstanden. Die genauen Zahlen sind noch nicht bekannt gegeben worden, da die Angaben über die militärischen Schäden noch fehlen.“
Die kriegstechnische Abteilung des Eidgenössischen Militärdepartements nahm die Untersuchung der Bombenabwürfe an Ort und Stelle vor. Die Zahl der abgeworfenen Bomben wurde auf etwa zehn Stück geschätzt. Keine davon befand sich in der Nähe des oben erwähnten Teichs. Dieser ist somit kein Bombenkrater. Es gibt dazu eine Luftaufnahme, die an das Schweizerische Bundesarchiv ging.
Schloss und Ruine Castell
Heute ist von den damaligen Schäden und damit auch von den Bombenkratern nichts mehr zu sehen. Damalige Angebote zeigen, dass die Krater aufgeschüttet worden sind. Ebenfalls ersichtlich ist, dass die Schweiz Forderungen an die Amerikaner stellte – und diese sogar anerkannt wurden.
„Es kam oft vor, dass alliierte Bomber ihre tödliche Fracht vor einer Notlandung über möglichst unbewohntem Gebiet abwarfen“, sagen der Archivar des Vereins Festungsgürtel Kreuzlingen, Urs Bodmer, und Vize-Präsident Urs Ehrbar. Die Piloten hatten in solchen Fällen den Militärflugplatz Dübendorf zum Ziel. „Dieser war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs rappelvoll mit Bombern“, sagt Urs Bodmer.

Der Verein hat den Bombenabwurf in Tägerwilen gut dokumentiert. „Es ging natürlich nach dem Vorfall darum, die Schäden festzustellen und anschließend bei den Amerikanern geltend zu machen“, erklärt Urs Ehrbar. Der entsprechende Schriftwechsel sei äußerst umfangreich.
Die sogenannten Neutralitätsverletzungsschäden wurden auf insgesamt 29.375,35 Franken geschätzt. Dies hielt das Assekuranzdepartement des Kantons Thurgau, Brandassekuranz, in einem Schreiben an das Eidgenössisch Politische Departement, Abteilung für Auswärtiges, am 26. November 1945 fest. Die Beschädigungen an den Verteidigungsanlagen beliefen sich auf 16.979 Franken und die Flurschäden auf 12.236,90 Franken. Das Bezirksamt Kreuzlingen verrechnete 159,45 Franken für die Ermittlung der Schäden.
Am Ende erkennt die amerikanische Regierung die Forderungen aus der Schweiz an. Sie bezahlt Dr. W. von Stockkar, Schloss Castell, fast 12.000 Franken, an Gutsverwalter Wanner 875 Franken, an das Eidgenössische Militärdepartement 170.000 Franken und an die Gebäudeversicherungsanstalt 160 Franken.
Wann genau diese Zahlungen getätigt wurden, ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht feststellbar. Anhand des umfangreichen Schriftwechsels ist jedoch davon auszugehen, dass dies erst ein paar Jahre nach Kriegsende der Fall war.
Dieser Artikel erschien erstmals 2023. Kurt Peter schreibt für die „Thurgauer Zeitung“, unserer Partnerzeitung.