Die Entscheidungen bezüglich des Endlagerstandorts für den Schweizer Atommüll waren ein Paukenschlag, der viele Bewohner auf deutscher Seite überrascht hat. Doch was heißt das alles jetzt genau? Wie geht es weiter? Welche Auswirkungen haben Verfahren, Bau und Betrieb einer solchen Anlage für die Menschen diesseits des Rheins? Antworten und Gelegenheit zur Nachfrage soll es am Donnerstag bei einer großen Infoveranstaltung in Hohentengen geben.

Wie ist im Moment die allgemeine Lage in Hohentengen?

Augenfällig sei vor allem das große Medieninteresse an Hohentengen, sagt der Bürgermeister der Gemeinde, Martin Benz, auf Nachfrage unserer Zeitung: „Es sind immer wieder Kamerateams verschiedener Sender unterwegs, auch zur Infoveranstaltung am Donnerstag haben sich viele Medienvertreter angekündigt.“

Kein Wunder: Die Veranstaltung ist die erste auf deutschem Boden, in der über die Endlager-Entscheidung und die damit verbundenen Folgen informiert wird.

Dass Hohentengen auf einen Schlag derart viel bundesweite Aufmerksamkeit erhalte, komme für ihn überraschend, beschäftige ihn aber auch von Amtswegen extrem: „Wir werden schon gerade heftig bombardiert. Es bringt uns als Verwaltung an die Grenzen.“

Wie ist die Stimmung bei den Bürgern?

Schon im Gespräch mit unserer Zeitung hatten etliche Hohentengener die Entscheidung der Schweizer Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) kritisiert. Es sei schlecht für die Menschen, für die Entwicklung von Wirtschaft und Tourismus, aber auch mit unkalkulierbaren, teils noch unabsehbaren Folgen für die Region verknüpft, so der Tenor.

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Auch Martin Benz nimmt vor allem eine große Niedergeschlagenheit bei der Bevölkerung wahr: „Das Thema war bei vielen Leuten nicht mehr im Fokus. Jetzt sind alle platt und überrascht. Ich würde sagen, die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt.“

Was ist von der Infoveranstaltung zu erwarten?

Vor allem sei Ziel, dass die Verantwortlichen für diese einschneidende Informationen die auf deutscher Seite sehr wahrscheinlich am stärksten Betroffenen aus erster Hand informieren. Je drei Vertreter von Nagran und vom Bundesamt für Energie (BfE) werden ihre Sicht der Dinge schildern, moderiert wird das Ganze von Martin Steinebrunner von der Deutschen Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST). Ebenfalls dabei sind Bürgermeister Benz und der Waldshuter Landrat Martin Kistler.

Allerdings, so Benz, sei die Redezeit der Referenten strikt begrenzt: „Die Fragen und Stellungnahmen aus der Bevölkerung sollen an diesem Abend im Vordergrund stehen“, so Benz.

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Bis zu 400 hätten in der Halle von Hohentengen Platz. Wie viele tatsächlich kommen, das sei schwer abzuschätzen: „Ich rechne mit einem großen Zuspruch.“

Allerdings erweise es sich offenbar als schwierig, gerade junge Leute für die Dringlichkeit des Themas zu sensibilisieren: „Die Tragweite des Themas, insbesondere die Tatsache, dass jetzt die wegweisenden Entscheidungen zu treffen sind, die erst in einigen Jahrzehnten Auswirkungen haben werden, scheint vielen einfach nicht bewusst zu sein.“ Daran zu arbeiten und auch junge Erwachsene zu animieren, mitzuarbeiten sehe er als wichtige Aufgabe.

Wie steht es um das Thema Sicherheit?

Dass es zu Gefahrensituationen kommen wird, erwartet die Gemeinde nicht: „Bei aller Härte in der Sache lief bisher alles friedlich ab. Wir gehen davon aus, dass dieser Grundsatz bleibt“, so Benz. Gleichwohl stehe die Gemeinde in Absprache mit der Polizei.

Angemeldet sei bisher eine Demonstration des Vereins „Loti – nördlich Lägern ohne Tiefenlager“ vor der Halle. „Wir wissen aber natürlich nicht, was noch spontan passieren wird“, sagt Benz.

Wie geht es ab sofort für die Gemeinde weiter?

Die nächsten zwei Jahre werden entscheidend sein. Viele Informationen seien jetzt nicht verfügbar, werden aber dringend benötigt: „Wir werden auf allen Kanälen darauf drängen, Klarheit zu erhalten“, kündigt Hohentengens Bürgermeister an. Geplant seien auch weitere Informationsveranstaltungen.

Ein wichtiger Punkt werden auch die Verhandlungen über Abgeltungszahlungen an die Gemeinde Hohentengen und den Landkreis sein. Dies sei aber ein Thema, das er nur noch bedingt mitsteuern könne, sagt Benz, dessen vierte Amtszeit als Bürgermeister von Hohentengen im nächsten Frühjahr endet, und der schon vorher angekündigt hatte, nicht erneut kandidieren zu wollen.

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