„Digitaler Ausfuhrschein kann kommen“ – mit dieser euphorischen Überschrift versah die IHK Hochrhein-Bodensee vergangenen Freitag ihre Stellungnahme zur Mittelfreigabe für den Start des Projekt eines digitalen Ausfuhrscheins.
Beim Projekt geht es um eine Alternative zum Grünen Zettel in Papierform, dank dem in der Schweiz wohnhafte Personen die Mehrwertsteuer auf in Deutschland gekaufte Produkte zurückerstattet bekommen. Wie diese digitale Lösung aussehen könnte, hat die IHK gegenüber dem SÜDKURIER bereits skizziert.
Eine Handy-App könnte an die Stelle des Ausfuhrscheins treten, den man an der Ladenkasse erhält, am Zoll abstempeln lässt und der beim nächsten Einkauf als Nachweis für die Mehrwertsteuerrückerstattung dient.
Digitaler Ausfuhrschein würde Ende der Bagatellgrenze bedeuten
Angedacht wurde der digitale Ausfuhrschein erstmals 2014, doch die Realisierung verzögert sich seither und auch jetzt ist nicht gewiss, wann genau eine mögliche App an den Start gehen könnte. Da stellt sich die Frage: Lohnt sich das Ganze überhaupt? Absolut, findet Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Bodensee-Hochrhein. Nicht nur das händische Stempeln von Millionen Ausfuhrscheinen pro Jahr durch Mitarbeiter des Zolls wäre damit Geschichte.
Auch der Einzelhandel und seine Kunden würden entlastet. Nicht nur, was Abwicklung oder Archivierung der Ausfuhrscheine anbelangt. Geht der digitale Grüne Zettel irgendwann an den Start, fällt auch die Anfang 2020 eingeführte Bagatellgrenze, die eine Mehrwertsteuerrückerstattung für Kunden aus der Schweiz erst ab einem Wareneinkaufswert von mehr als 50 Euro vorsieht. Diese Grenze wurde seit ihrer Einführung immer wieder mit dem Rückgang des Schweizer Einkaufstourismus in Verbindung gebracht.
Wie das Bundesfinanzministerium auf Anfrage bestätigt, sieht die Regelung vor, dass diese Wertgrenze entfallen wird, wenn „das bereits in Vorbereitung befindliche IT-Verfahren zur automatisierten Erteilung der Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen“ in Betrieb geht.
Doch wann kommt der digitale Ausfuhrschein?
Claudius Marx dämpfte die Erwartungen an eine schnelle Realisierung des Projekts gegenüber dem SÜDKURIER aber bereits: „Wir rechnen nicht mit einer Umsetzung bis Ende dieses Jahres.“
Dass Marx mit seiner Einschätzung wohl richtig liegt, unterstreichen die Antworten aus dem Bundesfinanzministerium und der Generalzolldirektion auf die SÜDKURIER-Anfrage, wie es nun in Sachen Digitalisierung bei den Grünen Zetteln weitergeht.
So heißt es vonseiten der Generalzolldirektion, bei der das Projekt angesiedelt ist, kurz und knapp: „Aussagen zum genauen Zeitplan können zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden.“ Aber man werde, schreibt Pressesprecher Jürgen Wamser weiter, „nun mit voller Kraft an die bereits geleisteten Arbeiten anknüpfen und mit allen Beteiligten die zügige Umsetzung forcieren.“
Wann genau diese Umsetzung des seit 2014 angedachten digitalen Ausfuhrscheins dann erfolgt, bleibt aber weiter ungewiss. Was jedoch einigermaßen gewiss scheint: Für Planung, Entwicklung und Betrieb rechnet die Generalzolldirektion derzeit weiterhin mit Gesamtkosten zwischen 25 und 32 Millionen Euro, wie Pressesprecher Wamser bestätigt.
Warum dauert das alles so lange?
Einst war von 2020 als mögliches Startjahr eines elektronischen Systems zur Bearbeitung von Ausfuhrkassenzetteln (IT AKZ) die Rede. Doch lange Zeit hatten Differenzen zwischen dem Bundesfinanzministerium und dem Bundesrechnungshof das Projekt blockiert. Es gebe kein Einvernehmen mit den Kontrollvorgaben des Rechnungshofes, hieß es dazu noch im Juni 2021 aus dem Bundesfinanzministerium.
Diese Vorgaben seien nun aber erfüllt, sodass der Rechnungshof dem Projekt schließlich zustimmte, erläutert ein Ministeriumssprecher schriftlich auf erneute Nachfrage. Doch auch wenn die Zustimmung von Bundesrechnungshof und dadurch die Freigabe der Mittel durch den zuständigen Bundestagausschuss stehen, ist eine Entwicklung des digitalen Ausfuhrscheins von heute auf morgen nicht möglich.
„Die Entwicklung neuer IT-Systeme ist regelmäßig überaus komplex. Das betrifft auch die Entwicklung dieser App“, erklärt Jürgen Wamser von der Generalzolldirektion. Auch Claudius Marx ist sich der Komplexität des Vorhabens bewusst. Was die Anforderungen an einen digitalen Ausfuhrschein anbelange, säßen „vier Parteien am Tisch“. Der Zoll und die Finanzverwaltung, die unter anderem eine rechtssichere Archivierung verlange, seien nur zwei davon.
Am Tischen säßen natürlich auch die Einzelhändler, die digital aufrüsten müssten, um ihren Kunden das digitale Ausfuhrverfahren und damit die Übermittlung der Daten an den Zoll zu ermöglichen. „Und schließlich die Verbraucher selbst. Wir können ja niemanden zwingen, eine Ausfuhrschein-App dann auch zu nutzen“, so Marx.