„Es ist für mich unverständlich, dass wir heute hier als Angeklagte sitzen.“ Das sagte der 25-Jährige in seinem Schlusswort vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen. Gemeinsam mit seinen beiden Mitbewohnerinnen wurde er beschuldigt, fahrlässig eine Feuersbrunst verursacht zu haben. Ihnen wird vorgeworfen, die Feuersbrunst fahrlässig verursacht zu haben. Allerdings kann das entscheidende Beweismittel, ein Heizstrahler, nicht mehr untersucht werden. Die Kantonspolizei Thurgau hat ihn bereits entsorgt.
Am Nachmittag des 16. Dezember 2021 fiel an der Alpenrosenstraße in Kreuzlingen ein Zweifamilienhaus einem Brand zum Opfer. In der Wohnung im Erdgeschoss war das Feuer ausgebrochen. Diese hatten der Student und seine beiden Mitbewohnerinnen erst zweieinhalb Monate zuvor bezogen. Im Feuer haben die drei fast alles verloren.
Dennoch war der Staatsanwalt überzeugt, dass sie verantwortlich sind für den verheerenden Brand. „Der Ursachenbericht der Kantonspolizei Thurgau kommt zweifelsohne zum Schluss, dass das in der Küche in Papiertaschen gesammelte Entsorgungsgut der Brandherd war“, sagte er. Dieses hätten die drei Angeklagten unter einem Holztisch nur wenige Zentimeter von einem elektrischen Infrarot-Heizstrahler deponiert.
„Der Infrarot-Heizstrahler wird mit elektrischer Energie versorgt und betrieben, wobei diese Energie vom Heizstrahler wiederum in Infrarot-Strahlung umgewandelt wird. Sobald die Strahlen auf Festkörper treffen, entsteht Wärme“, heißt es in der Anklageschrift zur Funktionsweise des Geräts. Aufgrund der Strahlungswärme hätten sich die brennbaren Materialien entzündet.
Der verwendete Heizstrahler war fast 30 Jahre alt
Der Brand hätte somit aus Sicht des Staatsanwalts vermieden werden können. „Bei den Beschuldigten handelt es sich um junge Erwachsene, nicht um Kinder. Sie hätten nur die Hand hinhalten müssen, um zu bemerken, dass sich das Material vor dem Heizstrahler erhitzt.“ Zudem entspreche es allgemeiner Lebenserfahrung, zu wissen, wie ein Heizstrahler funktioniere.
Ganz anders sah das der Anwalt des jungen Mannes. „Mein Mandant ist Jahrgang 1997, der Heizstrahler stammte dagegen aus dem Jahr 1993 und war damit rund vier Jahre älter als mein Mandant.“ Zudem habe es beim Einzug keine Einweisung durch den Vermieter gegeben, und es sei auch keine Gebrauchsanweisung vorhanden gewesen.

Weiter kritisierte er, dass der Heizstrahler nach dem Brand nicht weiter untersucht worden sei, denn angesichts des hohen Alters hätte auch ein technischer Defekt Auslöser für den Brand sein können. „Ich wollte eine Untersuchung des Heizstrahlers beantragen“, sagt er, „doch das ist leider nicht mehr möglich, denn die Kantonspolizei Thurgau hat das Beweismittel entsorgt.“
Die Staatsanwaltschaft beantragte für die drei Beschuldigten jeweils eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie eine Buße von 300 Franken. Der Anwalt des Studenten gab zu bedenken, dass eine Verurteilung für seinen Mandanten weitreichende Folgen hätte: „Nähme die Versicherung Regress, müsste er für den gesamten Schaden aufkommen.“ Dieser beläuft sich allein an der Liegenschaft auf 935.000 Franken.
Ursache für das Feuer bleibt weiterhin unklar
Am Ende konnten die drei Beschuldigten aufatmen, das Bezirksgericht Kreuzlingen sprach sie frei. Die Besitzer der Liegenschaft, die die obere Wohnung selber bewohnten, hätten viel verloren, sagte die vorsitzende Richterin, das wolle das Gericht nicht bagatellisieren.
Allerdings bestünden begründete Zweifel daran, dass das Entsorgungsgut die Brandursache gewesen sei. „Die Papiersäcke waren seit Wochen dort deponiert worden, ohne dass etwas passiert ist“, sagt die Richterin. Und ein technischer Defekt am Heizstrahler könne nicht ausgeschlossen werden: „Wir wissen schlicht nicht, was passiert ist.“
Rahel Haag arbeitet für die „Thurgauer Zeitung“, unsere Partnerzeitung.